Lectio XIX
Der Beginn der Naturwissenschaft
Zu allen Zeiten ereignen sich in vielen Gebieten der Welt Erdbeben. Manche sind kaum spürbar, andere richten riesige Zerstörungen an oder lassen sogar einen Tsunami entstehen. Ganz Griechenland, die Ägäis und die Türkei sind immer wieder von Erdbeben betroffen.
Schon in der Antike machten sich die Menschen Gedanken über die Entstehung dieser Naturerscheinung. Für sie war es allerdings schwieriger als für uns, die wir über technische Instrumente verfügen, mit denen wir die Natur erforschen können. Am Beispiel der Sonne hast du schon erfahren können, wie die Menschen in der Antike die Naturphänomene zu deuten suchten, nämlich mit einem Mythos.
Um 600 vor Christus wagte es Thales von Milet, der als erster Philosoph gilt, neue Theorien für diverse Erscheinungen aufzustellen. Seinen Überlegungen lag die «Vernunft», auf Griechisch λόγος «logos», zugrunde. Thales gehörte zu einer Gruppe von Männern, den sogenannten Vorsokratikern, welche die Naturphänomene genau beobachteten, analysierten und vernunftgemässe Schlüsse daraus zogen, die Alternativen zu den Mythen darstellten.
In Europa haben die Vorsokratiker im griechischen Kleinasien als erste diesen Weg der Beobachtung, Beschreibung und Erklärung von Naturerscheinungen beschritten. Damit haben sie begonnen, wissenschaftlich zu denken und zu forschen. Die Römer sind ihnen auf diesem Weg gefolgt, und heute gilt dieses Denkmodell für die Wissenschaftler auf der ganzen Welt. Daher kommt es auch, dass viele moderne Wissenschaften einen griechischen Namen haben.