Das erste Zürcher Spital

Zähringerplatz, 8001 Zürich (Karte)

von Valentin Albert

Die Zentralbibliothek, die neben der Predigerkirche steht, ist wohl jedem Studierenden in Zürich ein Begriff. So mancher ist schon durch die Spitalgasse zum Zähringerplatz geeilt, um sich noch einen der beliebten Lernplätze zu ergattern. Jedoch wissen nicht viele, dass dort, wo heute die ZB steht, also auf dem Gebiet zwischen Seilergraben, Hirschenplatz und Zähringerplatz mitsamt der Predigerkirche, einst ein Spital stand. Das erste Spital in Zürich. Ein Spital, das seinen Ursprung noch vor dem Jahre 1204 hatte und über viele Jahrhunderte fortbestand.

Abb. 1 Das alte Zürcher-Spital-Areal, Holzschnitt

Was ist ein Spital?

Im Mittelalter war ein „Spital“ ein Begriff, der sich auf eine Einrichtung für die Versorgung von Kranken und Bedürftigen bezog. Im Gegensatz zu unserem modernen Verständnis des Wortes „Spital“ als Krankenhaus war im Mittelalter ein Spital eher eine Art von sozialer Einrichtung, die verschiedene Funktionen erfüllen konnte. Spitäler waren christliche Anstalten. Der Zweck sowie die Organisation waren christlich, denn meistens gehörten die Spitäler zu Klöstern oder anderen christlichen Institutionen. Sie waren ein Zeichen der damaligen Caritasbewegung und hatten einen engen Bezug zur Kirche. 

Armen- und Krankenpflege: Spitäler im Mittelalter dienten oft der Pflege von Armen und Kranken. Sie waren häufig mit religiösen Institutionen wie Klöstern verbunden und wurden von Mönchen, Nonnen oder anderen Wohltätigkeitsorganisationen betrieben.

Unterkunft für Pilger: Einige Hospitäler waren speziell für Pilger errichtet, die auf religiösen Reisen unterwegs waren. Diese Hospitäler boten den Pilgern Unterkunft, Essen und medizinische Versorgung.

Pflege für Reisende und Bedürftige: Spitäler dienten oft als Orte der Pflege für Reisende, Obdachlose und Bedürftige. Sie versorgten nicht nur Kranke, sondern boten auch Schutz für diejenigen, die auf der Straße oder in einer fremden Stadt in Not gerieten.

Abb. 2. Die Stadt Zürich um ca.1576: Hier in Punkt 1 ist das Predigerkloster zu sehen und unterhalb das Spitalgelände

Die Zeit vor der Reformation

Der wahre Ursprung des Zürcher Heilig-Geist-Spitals ist bis anhin noch in geschichtliches Dunkel gehüllt. Das erste Dokument, welches bezeugte, dass es an dieser Stelle ein Spital gab, war eine päpstliche Regeste aus der Regentschaftszeit von Innozenz III., welche bezeugte, dass das Spital am 13.03.1204 in päpstlichen Schutz genommen wurde.

Aus diesem Schutzbrief geht hervor, dass das Spital von einem Zähringer Herzog gegründet wurde. Die Zähringer waren zu dieser Zeit die Statthalter von Zürich.

Der Schutzbrief ist an die Brüder und den Prior der Laienbruderschaft des Spitals gerichtet. Das Spital war also anfänglich ein Bruderschaftsspital.

Der Deal war klar, päpstlicher Schutz gegen eine Abgabe von Goldgulden an den Heiligen Stuhl. In den 70er Jahren des 13ten Jahrhunderts wurde der Bruderschaft auch ein Kaplan zugesprochen, sowie eine Kapelle erbaut. Die im 19. Jahrhundert gänzlich verschwundene Kapelle befand sich an der Spitalgasse 4.

Mit der Kapelle und einem Altar erhielt man auch das Recht zur Altarpfründe, was so viel bedeutet wie das Recht, Abgaben einzuziehen zur Instandhaltung und zum Betrieb der Kapelle und des Spitals. 

Das bürgerschaftliche Spital war weitgehend staatsfrei und eigenständig und fungierte stiftungsähnlich. Seine Aufgaben hatte es aus eigenen Mitteln zu erfüllen und lebte nur von Stiftungsgeldern sowie Spenden, da es ein Armenhospiz war und die Insassen für ihren Aufenthalt nicht zahlen konnten.

Bis 1300 wurde das Spital von der Bruderschaft geführt. Danach wurde die Führung von einem bürgerlichen «Spitalmeister» übernommen.

Ab 1323 begann man auch mit der Aufnahme von Pfründnern. Langsam ging das Spital von einem Armenhospiz in eine Pflegeanstalt über. Im 14. Jahrhundert wurde es zum Siechhaus, eine Stätte für Aussätzige wie Leprakranke etc. Durch die Pfründner und die Entwicklung des Spitals, aber auch durch vererbtes Gut und Land der Insassen, erstarkte das Spital finanziell. Dies spürten die Insassen jedoch kaum und der Lebensstil innerhalb des Spitals blieb ohne grosse Veränderung sehr bescheiden.

Die Reformation (1522)

Abb. 3. Ein Portrait von Huldrych Zwingli

Mit der Reformation begann ein weiteres Kapitel in der Zürcher Spitalgeschichte. Der Staat war verpflichtet, sich um die Kranken zu kümmern. Dies aber nicht als Rechtsstaat, sondern im Sinne Zwinglis als theokratisch orientiertes Gemeindewesen. So sollte nicht nur die Kirche, sondern die ganze Gemeinde eine christliche Caritas-Institution sein.

Die Grundlage der Krankenfürsorge jedoch hatte sich kaum geändert.

Das Spital entwickelte sich im Laufe der Jahre zur Pfrund-, Verwahrungs-, Irren- und Krankenanstalt. Es blieb jedoch über Jahrhunderte immer auch eine Armenanstalt.

Denn Zwingli lag das Wohl der Armen als gottgläubiger Mensch sehr am Herzen. So hatte die Reformation zur Folge, dass gewisse Ländereien und Güter der entmachteten Klöster dem Spital zugeschrieben wurden. Man errichtete Volks- und Armenküchen (sogenannte Mushafen) in ehemaligen Klöstern. Das Predigerkloster (ein ehemaliges Dominikanerkloster) wurde in das Spital integriert und in den Konventgebäuden wurden die Armen und Kranken gepflegt.

Ein kleiner Ausblick

Im Laufe der Jahre kamen immer mehr Gebäude zum Spital dazu und es wurde expandiert. Von einer Irrenanstalt bis hin zu Spinnerei-Fabriken auf dem Spitalgelände, in denen Kinder und Frauen der Insassen arbeiteten, wurde alles gebaut.

Abb. 4. Die Zentralbibliothek und der Eingang der Predigerkirche (Zähringerplatz 6, 8001 Zürich)

Es wurde im 18. Jahrhundert auch ein Haus zur Belehrung von angehenden Zürcher Medizinern errichtet, sowie das «Schnydstübli» eine erste Einrichtung für Patienten mit Staroperationen. Mit der Entwicklung der Medizin entwickelte sich also auch das Spital weiter. Dies jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt. Denn zu Beginn des 19 Jahrhunderts war man sich einig, dass das uralte Spital den klinischen Bedürfnissen einer solchen Einrichtung nicht mehr gerecht wurde. So wurde auf dem damals schon dem Spital gehörenden Schönhausgut 1842 ein neues Spital erbaut und das bestehende Spital langsam aus dem Dienst genommen, bis es 1875 eingestellt wurde. Dies, da nach 1875 die Einträge in Pfarrbücher und Bevölkerungsverzeichnisse vom Spital aufhörten. 1877 wurde dann auch die Spitalkapelle abgebrochen.

Bildquellen:

Abb. 1. https://www.stadt-zuerich.ch/prd/de/index/stadtarchiv/bestaende/pfarrbuecher/Spital.html#&gid=1&pid=1 (26.11.2023) 

Abb. 2. https://www.wikiwand.com/de/Kirchen_und_Klöster_in_der_Stadt_Zürich_im_Mittelalter#Media/Datei:Zurich_Kirchen_Klosster.jpg(26.11.2023) 

Abb. 3. https://en.wikipedia.org/wiki/Huldrych_Zwingli#/media/File:Ulrich-Zwingli-1.jpg (26.11.2023) 

Abb. 4. Eigene Aufnahme

Literatur:

Bernhard Milt : Geschichte des Zürcher Spitals, in: Regierungsrat des Kantons Zürich (Hg.): Zürcher Spitalgeschichte, Zürich 1951 (Band 1), S. 2-71.

https://www.stadt-zuerich.ch/prd/de/index/stadtarchiv/bestaende/pfarrbuecher/Spital.html (26.11.2023)

https://www.usz.ch/fachbereich/augenklinik/ueber-uns/geschichte/ (25.11.2023)