Das Zürcher Lighthouse

Vom Aidshospiz zum Kompetenzzentrum für Palliative Care

Carmenstrasse 42, 8032 Zürich (Karte)

von Jan Wüthrich

Ursprünglich als Auffangstation für Aidskranke gegründet, entwickelte sich die Stiftung Zürcher Lighthouse zum heute anerkannten Kompetenzzentrum für Palliative Care, welches sich um Menschen mit verschiedensten unheilbaren und lebenslimitierenden Erkrankungen sorgt.

Gründung und Idee

In den 80er Jahren kam die offene Drogenszene in Zürich am Platzspitz zu ihrem Höhepunkt. Tageweise trafen sich tausende Menschen am Platzspitz, einige lebten sogar dort. Die Zustände waren katastrophal. Das Spritzenabgabeverbot im Jahr 1985 verschlechterte die Situation zusätzlich und es kam zu zahlreichen Infizierungen von HIV und Hepatitis unter den Drogenabhängigen. Besonders Aids galt zu dieser Zeit als Krankheit der Drogensüchtigen und der Schwulen. Diese Vorurteile führten dazu, dass Aidskranke oft im Stich gelassen wurden und sich kaum jemand um diese Menschen kümmerte.

Zwar wurden Aidspatienten im Spital behandelt, auf Grund der mangelnden Erfahrung mit Aids wurden diese Patienten aber häufig vernachlässigt und starben in der Regel unter schlechten Bedingungen. Aus dieser Situation entstand die Idee ein Heim, ausschliesslich für die Behandlung und Betreuung von Aidspatienten, zu gründen.

1988 gründeten der Aids-Spezialist Professor Ruedi Lüthy, der Aids-Pfarrer Heiko Sobel und der Rechtsanwalt René Aerni die Stiftung Bluemehuus. 1998 wurde die Stiftung zum Zürcher Lighthouse umbenannt.


Vom Sterbehospiz zum Kompetenzzetrum für Palliative Care

Mit neuen Medikamenten für die HIV-Therapie änderte sich die Situation für das Aidshospiz Mitte der 90er Jahren stark. Mit Hilfe der so genannten Dreierkombinationen konnte man HIV erstmals kontrollieren.

Es sind buchstäblich Wunder passiert. Leute, die nicht mehr gehen konnten, die wirklich abgemagert waren, die haben plötzlich wieder aufgelebt und] konnten zu Fuss das Haus verlassen.

Ruedi Lüthy zur Wirkung der HIV-Dreierkombination

Mit dem Rückgang der Einweisung von todkranken Aidspatienten öffnete sich das Zürcher Lighthouse auch vermehrt für Menschen mit anderen unheilbaren und tödlichen Krankheiten. Da die Einrichtung aber nur für Patienten mit Aids Unterstützungsbeiträge erhielt, führte dies zu finanziellen Engpässen, welche vor allem durch Spenden überbrückt werden konnten.

15 Jahre nach der Gründung, im Jahr 2013, steht die Stiftung vor einer Krise. Das Zürcher Lighthouse möchte sich offiziell für Patienten mit anderen Diagnosen als nur Aids öffnen, um ihnen den letzten Abschnitt ihres Lebens so angenehm wie möglich zu gestalten. Gemäss Kanton existieren aber bereits genügend Angebote für sterbenskranke Menschen. Er erkennt somit das Zürcher Lighthouse nicht als Sterbehospiz an und streicht dementsprechend die Subventionierungserhöhung. Das Zürcher Lighthouse ist anderer Meinung und sieht den grössten Unterschied gegenüber einem normalen Akutspital in der Ressource Zeit. Denn: „Sterben in Würde braucht Zeit“ Es wurde eine Volksinitiative gestartet, mit dem Ziel das Zürcher Lighthouse als Hospiz zu erhalten und davor zu bewahren in eine reine Pflegeeinrichtung umgewandelt zu werden. Die benötigten Unterschriften wurden bald erreicht.

Innerhalb des bisherigen Bestehens des Zürcher Lighthouse wurde die staatliche Unterstützung zweimal vorbehalten. Die finanziellen Krisen konnten mit Hilfe von Spenden, dem Teddybärenverkauf und dem Erlös von Benefizveranstaltungen überbrückt werden. Doch auch heute noch ist das Lighthouse auf Spenden angewiesen um ihrem Auftrag nach ihrem Motto „am Ende sind wir für Sie da“ nachkommen zu können.


Das Gebäude an der Carmenstrasse 42

Zwei Jahre nach der Gründung konnte die Stiftung das Haus an der Carmenstrasse 42 im Kreis 7 für 4.8 Millionen kaufen. Das Gebäude im Jugendstil stammt aus dem Jahr 1913 und musste renoviert und hospizgerecht eingerichtet werden. Nicht weit vom Hospiz entfernt, an der Carmenstrasse 28, befindet sich das ehemalige Frauenspital „Pflegi“, welches heute als Wohnfläche genutzt wird.

Nach Umbau und Einrichtung des Hospiz konnte es 1992 endlich eröffnet werden. Es standen 17 Betten zur Verfügung, welche fortan nahezu immer besetzt wurden. Gemäss Stand 2019 verfügt das Zürcher Lighthouse über drei Stockwerke mit 14 Einzelzimmern, alle sind mit einem persönlichen Telefonanschluss, WLAN, Kabelfernsehen, einer Rufanlage und einem Lavabo ausgestattet. In einigen Zimmern befindet sich zusätzlich ein eigenes WC und Dusche.

Welches die genauen Kriterien waren, nach denen das Gebäude ausgesucht wurde, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Jedoch könnte ich mir vorstellen, dass der Preis eine grosse Rolle gespielt hat, zumal die Finanzierung vor allem durch Spenden und den Erlös von Benefizveranstaltungen ermöglicht wurde. Ein weiteres Kriterium könnte die ruhige Lage in Mitten eines Wohnquartiers sein. Dennoch liegt es relativ zentral und ist somit gut erreichbar. Von aussen sieht das Gebäude sehr einladend aus, besonders im Frühling, wenn der Eingang mit blühenden Pflanzen gesäumt ist. Es strahlt eine gewisse Ruhe aus, was dem Zweck der Einrichtung zugute kommt.


Das Lighthouse ist umgezogen

Um der steigenden Nachfrage nach professioneller Palliative Care nachzukommen, plante das Zürcher Lighthouse 2018 den Umzug an die Eglistrasse 1 im Kreis 4. Die Dr. Stephan à Porta-Stiftung startete dort 2020 mit einem Neubau. Darin sollten 149 günstige Wohnungen und 42 Zimmer für das Zürcher Lighthouse unterkommen. Im Frühjahr 2023 war es soweit und das Lighthouse konnte an der neuen Adresse einziehen.

Der Umzug ist die Reaktion auf die wachsende Nachfrage nach professioneller Palliative Care. Nebst mehr Raum und Zimmern findet neu auch ein spezialisiertes Tageszentrum für die ambulante Behandlung von Patienten mit lebenslimitierenden Erkrankungen Platz.

Abb. 3: Modell des neuen Gebäudekomplex in dem das Zürcher Lighthouse Platz findet.
Das Lighthouse lebt von Spenden

Die Idee vom Zürcher Lighthouse konnte damals mit Hilfe von Spenden realisiert werden, wie es auch durch Spenden finanzielle Krisen überwinden konnte. Auch heute wird dem Zürcher Lighthouse durch Spenden ermöglicht, die individuelle Pflege der Bewohner zu gewährleisten und ihnen einen würdevollen letzten Lebensabschnitt zu ermöglichen.

Jede Spende zählt!


Bildquellen

Titelbild: Dachverband Hospize Schweiz: Zürcher Lighthouse. https://www.dachverband-hospize.ch/portfolio-items/zuercher-lighthouse-stiftung/, Stand: 01.05.2023

Abb. 1: Hussel Thomas: Carmenstrasse 42. Zürich, 2012, Baugeschichtliches Archiv, Creative commons BY SA 4.0. Online: https://baz.e-pics.ethz.ch/catalog/BAZ/r/165701/viewmode=infoview/qsr=carmenstrasse%2042, Stand: 01.05.2023

Abb. 2: Wüthrich Jan, eigenes Foto

Abb. 3: Ken Architekten: Eglistrasse 1. Zürich, Zürcher Lighthouse, https://zuercher-lighthouse.ch/lighthouse2023/wp-content/uploads/Ken-Architekten-Modellfoto-Lighthouse-2023-scaled.jpg, Stand: 01.05.2023

Literatur


Kaufmann Peter: Zürcher Lighthouse. Vom Aids-Sterbehospiz zum Palliativzentrum, Schwulengeschichte.ch, Mai 2016, https://schwulengeschichte.ch/epochen/7-aids-und-seine-folgen/zuercher-lighthouse, Stand: 01.05.2023

Kieser Barbara: Die offene Drogenszene in Zürich. Stadt Zürich Präsidialdepartment, https://www.stadt-zuerich.ch/prd/de/index/stadtarchiv/bilder_u_texte/geschichte-vor-ort/Offene-Drogenszene.html, Stand: 01.05.2023

Rizzi Elisabeth: „Sterben in Würde braucht Zeit“. Das Lighthouse Zürich wehrt sich gegen die Schliessung oder Umwandlung in ein Behindertenheim, In: Curaviva, Band 74 (2003)

Stiftung Zürcher Lighthouse: Geschichte. https://zuercher-lighthouse.ch/lighthouse/, Stand: 01.05.2023

Stiftung Zürcher Lighthouse: Medienmitteilung 25 Jahre Stiftung Zürcher Lighthouse, Dezember 2018

Zürcher Lighthouse: 25 Jahre Stiftung Zürcher Lighthouse 2013. YouTube CH, https://www.youtube.com/watch?v=_mAyanLhW04, Stand: 01.05.2023