Das Menschliche im künstlichen Menschen

Untersuchung der philosophisch-literarischen Abhandlung humaner Züge von Klonen, Maschinenmenschen und Monstern anhand dreier Werke


Julia Weller

„Künstliches Leben“. Zwei Begriffe, die im Zusammenspiel für ein uraltes und gleichzeitig nur allzu aktuelles Bestreben der Menschheit stehen: das Bedürfnis des Menschen, tote Materie eigenhändig zu beleben. Diese Thematik ist beliebtes Material populärkultureller Medien. Es wirkt in Werken mit dem Thema des künstlichen Menschen dabei besonders anziehend, wenn der technische Fortschritt ausser Kontrolle gerät und der Plot im dystopischen Setting spielt. Die Omnipräsenz der Darstellung einer dystopischen Welt, in der künstliche Menschen unberechenbar und i.d.R. gefährlich erscheinen, prägt folglich unsere Wahrnehmung der Thematik. Die Frage „Sind wir menschlich?“ ist daher eine Grundsatzfrage in Werken der Film- und Literaturgeschichte, die sich mit dem Thema des künstlichen Menschen beschäftigen.

Unter welchen Voraussetzungen verschwimmt aber die Grenzlinie zwischen natürlichem und künstlichem Menschen? Können künstliche Menschen nicht auch menschliche Züge aufweisen? Ab wann hätten künstliche Menschen am Ende gar eigene Rechte? Basierend auf solchen Fragen werden in meiner Bachelorarbeit ein Film und zwei literarische Werke der Science-Fiction präsentiert und auf ihre Darstellung von künstlichen Menschen und dem Begriff der Menschlichkeit untersucht. Die Arbeit beginnt mit einer Analyse der Monsters aus Mary Shelleys Frankenstein (1831). Daraufhin folgt eine Untersuchung der Figur des Klons anhand der Geschichte „An Orison of Sonmi~451“ aus David Mitchells Roman Cloud Atlas (2004). Zuletzt behandelt die Arbeit den Maschinenmenschen Ava aus dem Film Ex Machina (2015).

In Frankenstein wird die Geschichte eines fühlenden Geschöpfes geschildert, das von seinem Erschaffer und der Menschheit wegen seines schrecklichen Äusseren von jeglicher sozialen Gesellschaft ausgeschlossen wird. Die Geschichte des Klons Sonmi~451 zeigt in einem kapitalistischen Setting, dass eine „Klonrasse“, die eigentlich denken und fühlen könnte, medikamentös betäubt und zur Arbeit versklavt wird. In Alex Garlands Film Ex Machina wird illustriert, wie Ava, ein Maschinenmensch mit exzellenter künstlichen Intelligenz, Menschen manipulieren, der Gefangenschaft im Labor entkommen und durch perfekte Imitation praktisch mit dem natürlichen Menschen verschwimmen kann.

Die Werke behandeln vor allem Themen der (emotionalen) Autonomie, der Auffassung des nicht-Menschlichen durch Menschen, die Emanzipation und Transzendenz durch Wissen sowie die Frage danach, ob der künstliche Mensch dem Menschen schlussendlich überlegen sein wird. Vor allem das aufkommende Zeitalter des Transhumanismus (Verschmelzung von Mensch und Maschine) evoziert Fragen danach, wie mit einem neuen, von uns erschaffenen Geschöpf umgegangen werden wird.

Jedoch ist die Frage nach Bewusstsein und Gefühl mit Problemen verbunden: Bei künstlichen Menschen wie Ava bspw. sind solche Beurteilungen schwieriger. Sie kann zwar Gefühle ausdrücken, ihre Denkstrukturen sind aber, anders als die von Frankensteins Monster und Sonmi~451, nicht natürlich, sondern entkörpert und wahrscheinlich hauptsächlich berechnend. Es liegt schlussendlich an uns als Erschaffer*innen, das Kreieren künstlicher Wesen mit Bedacht abzuwägen, sodass Ausnutzung, sozialer Ausschluss oder auch Missverständnisse in der Interaktion mit fühlenden nicht-Menschen ausgeschlossen werden können.


Quellenmaterial

Garland, Alex, 2015: Ex Machina. Grossbritannien: Universal Pictures International.

Mitchell, David, 2004: Cloud Atlas. In Hodder & Stoughton Ltd. (Hg.), 2019. London: Hachette Essentials.

Shelley, Mary, 1831: Frankenstein; or, The Modern Prometheus. In M. K. Joseph (Hg.), 2008. Oxford: Oxford World’s Classics.

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