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E-Books für digitale Kunstgeschichte – Digitales Publizieren mit und für Digital Natives

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Buchdruck um 1520, Gemeinfrei, Wikimedia Commons.

Ende Mai 2016 fand am Kunsthistorischen Institut (KHIST) der Universität Zürich (UZH) das Forum Digitale Kunstgeschichte statt. Diese Veranstaltung durfte ich mit einem kurzen Vortrag über E-Books für digitale Kunstgeschichte – digitales Publizieren mit und für Digital Natives eröffnen. An meine Präsentation anschliessend wurden verschiedene digitale Lehr- und Forschungsprojekte des KHIST vorgestellt.

Dieser Blogbeitrag möchte Gedanken zu diesem Thema anhand des am KHIST gehaltenen Vortrags festhalten und mit Ihnen teilen.

E-Books für digitale Kunstgeschichte – Digitales Publizieren mit und für Digital Natives

Digitale Technologien haben den Kunst- und Kulturbereich in den letzten 10 Jahren stark beeinflusst und verändert. Digitale Datenbanken, virtuelle Museen und Archive, mobile Ausstellungsführer für das eigene Smartphone sowie digitale Publikationen sind für kunst- und kulturinteressierte Menschen verfügbar und selbstverständlich geworden. Auch in das Fach Kunstgeschichte haben digitale Technologien bereits Einzug gehalten und die digitale Kunstgeschichte hat sich in den Institutionen etabliert wie am Kunsthistorischen Institut der Universität Zürich. Dies wurde durch eine eigene institutsinterne Veranstaltung sichtbar. Das Thema, dem ich mich beim Forum Digitale Kunstgeschichte am KHIST widmete, bezieht sich auf die digitale Publikation, im Speziellen auf das E-Book.

E-Books für digitale Kunstgeschichte

Der Terminus E-Book steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Digitalisierung gedruckter Buchpublikationen – dies betrifft sowohl digitale Druckvorlagen, als auch nachträglich digitalisierte Bücher (vgl. Gutenberg-Projekt). Seit den 1990er Jahren wird der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch für digitale Bücher im PDF-Dateiformat verwendet.

Wenn hier von „E-Book“ gesprochen wird, ist eine digitale Publikation im ePUB-Format gemeint. Eine ePUB-Datei enthält XHTML-Dateien für den Kontent, ein CSS, welches das Layout definiert, und in XML abgespeichert das Dokumentenmanifest und die Metadaten. Alles ist in einer ePUB-Datei zusammengefasst, verpackt und gesichert. Um ein E-Book lesen zu können, wird eine bestimmte Software benötigt – für den PC z.B. Azardi oder iBooks oder eine Browser-Erweiterung (Plug-In) wie eBook-Reader für Firefox oder Readium für Google Chrome. Für Smartphones und Tablets gibt es verschiedene Apps – zu empfehlen sind für iOS iBooks und für Android Google Play Books.

Was zeichnet das E-Book im ePUB-Format gegenüber dem PDF aus? In erster Linie sind es seine Funktionen, die das E-Book hervorhebt, und das sind:

  • Anpassung von Schriftart, Schriftgrösse und Schrifthintergrund,
  • Responsive Design,
  • Volltextsuche,
  • Wörterbuch- und Nachschlage-Funktion,
  • Markieren von Textstellen,
  • Erstellung von Bookmarks,
  • Erstellung von Notizen,
  • interne und externe Verlinkung,
  • Nutzung multimedialer Inhalte,
  • Nutzung interaktiver Inhalte und
  • Vorlesefunktion.

Digitales Publizieren mit und für Digital Natives

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Digital Natives in der Tram, © Christian Glahn.

Die heutigen Studierenden sind mit digitalen Technologien aufgewachsen. Diese sind Bestandteil ihres alltäglichen Lebens geworden. Ein Leben ohne Smartphone oder ohne Internet ist für diese Generation unvorstellbar. Digital Natives sind fast immer und überall online.

An der Universität ist es unsere Aufgabe, die Studierenden auf das Berufsleben vorzubereiten und dafür auszubilden. Das bedeutet auch, im Hinblick auf die Digitalisierung der Arbeitswelt, (Lern-)Angebote zu schaffen, die mit neuen Technologien vertraut machen und den praktischen Umgang mit ihnen schulen. Künftig ist nicht nur fachliches Know-how wichtig, sondern auch der kompetente und kreative Umgang mit digitalen Technologien.

Im Folgenden werden E-Book-Beispiele vorgestellt – darunter auch E-Book-Projekte, die wir an der Philosophischen Fakultät der UZH und im Besonderen am Kunsthistorischen Institut, am Lehrstuhl für Ostasiatische Kunst mit und für Digital Natives in und für Lehre und Forschung umgesetzt haben.

a) Lehr- und Lernunterlagen – interaktive Lehrbücher

Im Lehrbetrieb haben sich neben dem klassischen (Lehr-)Buch auch elektronische (digitale) Skripte in Textformaten wie Word und PDF durchgesetzt. Literatur wird als PDF-Dokument in das LMS – z.B. OLAT – hochgeladen, ebenso die PowerPoint-Präsentation der einzelnen Lektion. Durch E-Books ist es möglich, multimediale und interaktive Inhalte darzustellen sowie interne und externe Links einzubetten. Dadurch können Lerninhalte ansprechender und verständlicher aufbereitet sowie komplexe Zusammenhänge interaktiv dargestellt werden. Der Zugang zu diesen Lernressourcen ist online – die Studierenden laden das Lehrbuch auf ihr mobiles Gerät und haben somit überall und jederzeit Zugriff darauf – zu Hause, unterwegs, im Hörsaal.

Was zeichnet das E-Book als Lehrbuch 2.0 aus? Es ist:

  • mobil,
  • responsive,
  • interaktiv,
  • multimedial,
  • intern und extern verlinkt und
  • mit zusätzlichen Lernressourcen angereichert.

b) Wissenschaftliche Publikationen – Masterthese oder Dissertation digital

Nach Abschluss der Masterthese oder Dissertation stellt sich die Frage nach der Veröffentlichung der Arbeit. Eine gedruckte Buchpublikation verursacht meist hohe Kosten. Zudem sind geförderte Projekte – wie Doktoratsprojekte – meist angehalten, die Forschungsergebnisse frei zugänglich zu publizieren.

Soll nun der Weg einer digitalen Publikation einschlagen werden?

Folgendes spricht für eine digitale Publikation, ein E-Book:

  • Digitale Publikationen werden bspw. vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) speziell gefördert, Open Access sogar gefordert (siehe Open Access Policy des SNF);
  • Integration multimedialer und interaktiver Inhalte wie Video, Audio oder Animation;
  • Visualisierung von Zeitreihen;
  • Interaktive Darstellung von empirischen Daten;
  • Interne und externe Verlinkung von Inhalten;
  • Unabhängigkeit vom Verlag – Publikation im Eigenverlag.

c) Wissenschaftliche Publikationen – E-Journal

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Als Wissenschaftler/Wissenschaftlerin ist das Publizieren ein wichtiger Bestandteil der Forschungsleistung. Wer sich im Wissenschaftsbetrieb etablieren will, muss in den facheinschlägigen Journalen publizieren, gibt eine Monografie oder einen Sammelband heraus. Das Belegen der fachlichen Expertise durch Publikationen ist nicht nur für das Einwerben von Fördergeldern wichtig, sondern wird von Geldgebern ausdrücklich verlangt. Die erzielten wissenschaftlichen Ergebnisse müssen der Öffentlichkeit auch frei zugänglich gemacht werden. Hierbei können verschiedene Publikationswege beschritten werden. Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) fördert verstärkt digitale, „angereicherte“ Publikationen, welche online frei zugänglich sind.

Vorteile einer digitalen Publikation sind auch hier die bereits oben genannten Punkte – hervorzuheben sind zudem:

  • Unabhängigkeit vom Verlag – die Publikation im Eigenverlag;
  • Kostenfreie Zugänglichmachung der Forschungsergebnisse über das Internet;
  • Erhöhung der Sichtbarkeit der eigenen Forschungsleistung oder des Forschungsteams in der internationalen Fach-Community;
  • Verlinkung von Open-Access-Publikationen in Forschungsnetzwerken wie Mendeley, Academia oder ResearchGate;
  • Belegung der fachlichen Expertise durch laufend erscheinende Ausgaben eines E-Journals.

Durch die schnelle Auffindbarkeit sowie die einfache Verfügbarkeit im Internet wird die eigene Forschungsarbeit oder die des Forschungsteams über Suchmaschinen wie Google rasch gefunden. Der Zugriff auf und der Einblick in die Publikation sind sofort „vom Schreibtisch aus“ gegeben. Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass durch eine digitale Publikation in Verbindung mit Open Access die eigene Arbeit in der Fach-Community mehr Interesse weckt und Berücksichtigung erlangt. Die Forschungsergebnisse können die Zielgruppe „schneller, besser, weiter“ erreichen – dazu kann der Einsatz von Social Media ebenfalls beitragen. (Vgl. dazu Blogpost Digitales Publizieren … Open Access … ein paar Beispiele zusammengetragen!)

d) Lehrprojekte

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Bei einem Lehrprojekt werden mit den Studierenden Inhalte im Rahmen einer Lehrveranstaltung erarbeitet, die anschliessend digital aufbereitet und online gestellt werden. Hierbei bieten ein Blog, ein Wiki oder eine digitale Publikation wie ein E-Book verschiedene Möglichkeiten. Wichtig bei allen Publikationsformen ist es, die intensive Betreuung der Studierenden beim wissenschaftlichen Arbeiten und beim akademischen Schreiben zu gewährleisten. Da die Inhalte später frei zugänglich über das Internet präsentiert werden, muss die Qualität der Texte entsprechend hoch sein.

Für die Studierenden liegt der Mehrwert bei einem solchen Projekt darin, dass sie schon im Laufe des Studiums genaues Arbeiten und wissenschaftliches Schreiben erlernen und üben – mit dem Ziel, das Resultat öffentlich online zugänglich zu machen. Deshalb ist es wichtig, diesen Hinweis bereits in der Ausschreibung der Lehrveranstaltung zu geben und zusätzlich in der Veranstaltung noch einmal nachzufragen, ob jemand damit nicht einverstanden ist.

Weiters ist eine detaillierte und „realistische“ Zeitplanung wichtig. Sie muss die Zeitläufe, die für das Erarbeiten und Erstellen, den Review-Prozess und die Korrekturen der Texte sowie für die Finalisierung des E-Books notwendig sind, berücksichtigen. Leider arbeiten Studierende nicht immer genau und sorgfältig. Es gibt nur sehr wenige Studierende, die sich exakt an die Vorgaben halten und diese umsetzen. So kommt es immer wieder vor, dass Anpassungen vorgenommen und fehlende Informationen eingeholt werden müssen – das kostet Zeit und bedeutet zusätzlichen Aufwand.

E-Book-Erstellung – eine Herausforderung

Für alle beschriebenen Publikationsformate und Projekte gilt, dass das Layout bei einem E-Book durch seine charakteristischen Eigenschaften wie bspw. seinen fluiden Inhalt, die Einbettung multimedialer Inhalte sowie seine Nutzung auf verschiedenen Geräten beim Erstellen und Layouten eine besondere Herausforderung darstellt. Zu Beginn sollte deshalb als Leitsatz gelten: Weniger ist mehr! Wer dann vom E-Book-Virus gepackt wurde, ist frei, seine Kreativität voll und ganz auszuleben – natürlich immer im Rahmen des technisch Möglichen. (Siehe dazu auch Tipps und Vorlagen zur Erstellung von E-Books)

Die Praxis hat gezeigt, dass eine digitale Publikation wie ein E-Book für alle Beteiligten eine grosse Herausforderung bedeutet und einen grossen Aufwand darstellt. Die Ergebnisse und die Rückmeldungen zeigen jedoch, dass es sich auf alle Fälle lohnt, sich dieser Herausforderung zu stellen und den Aufwand auf sich zu nehmen.

Weiterführende Informationen, Beispiele, Schulungen und Support

2 Gedanken zu „E-Books für digitale Kunstgeschichte – Digitales Publizieren mit und für Digital Natives

  1. Mit Freude habe ich Ihren Blog gelesen. Wie Sie denke ich, dass EPUB als Austausch- und Distributionsformat hervorragend geeignet ist, elektronische Lehr- und Lernmaterialien im „mobile age“ zu schaffen und zu nutzen. – Ich bin involviert in die EPUB-Standardisierungs-Arbeit (nächstens wird die Version 3.1 verabschiedet) und bin ein Promoter des Formats aus den von Ihnen genannten Gründen, aber auch weil das Format für die Barrierefreiheit (für Menschen mit Behinderungen) überaus vielversprechend ist. Gerne würde ich mich gelegentlich mit Ihnen treffen, um mich über den Stand Ihrer Arbeit zu informieren. Mit freundlichen Grüssen. Bernhard Heinser

    1. Besten Dank für Ihren positiven Kommentar und die interessanten Informationen!

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