Ein Gegenpol zur männlich dominierten Frauenmedizin
Das Frauenambulatorium, auch bekannt als Frauenambi, war eine genossenschaftlich organisierte Praxis für frauenspezifische Gesundheitsfragen und Gynäkologische Probleme. Sie wurde ausschliesslich von Fachfrauen geführt und ging aus der Frauenbefreiungsbewegung FBB Zürichs hervor. Das Ambulatorium war eines vieler Projekte des Autonomen Frauenzentrums AFZ an der Mattengasse 27. Es bestand von 1982 bis 2001.
Für ein besseres Verständnis der sozialpolitischen Stimmung in Zürich der 80er und um die Hintergründe der Gründung des Autonomen Frauenzentrums und damit auch des Frauenambulatoriums zu zeigen, hier einige Fotos aus dem Schweizer Sozialarchivs, die die damalige Stimmung einfangen.
Schweizerisches Sozialarchiv
In den 1980er Jahren erlebte die Schweizer Frauenbewegung eine Zeit intensiver politischer und gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. Zentrale Themen waren die Gleichstellung von Frauen am Arbeitsplatz und die Forderung nach gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit. Ein bedeutender Erfolg war die Reform des Ehe- und Familienrechts 1988, die unter anderem das Scheidungsrecht modernisierte. Auch das Recht auf Abtreibung stand im Fokus, und 1985 wurde die Fristenregelung für Abtreibungen in einer Volksabstimmung verabschiedet. Die Frauenbewegung kämpfte zudem für reproduktive Rechte und verbesserte sexualpädagogische Aufklärung, um die Selbstbestimmung der Frauen über ihren Körper zu stärken. Ein weiteres wichtiges Anliegen war die politische Repräsentation von Frauen; die Bewegung forderte mehr Frauen in politischen Ämtern und setzte sich für das Frauenstimmrecht in allen Kantonen ein, das 1990 in Appenzell Innerrhoden letztlich auch durchgesetzt wurde. Auch die Themen häusliche und sexuelle Gewalt sowie der Opferschutz waren zentrale Anliegen der Bewegung. Feministische Gruppen forderten mehr Unterstützung für Opfer und eine stärkere Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Kulturell setzte sich die Bewegung für mehr Sichtbarkeit von Frauen in Kunst und Medien ein und kritisierte die männerdominierte Kulturszene. Feministische Netzwerke und Organisationen wie die Schweizerische Frauenlobby organisierten zahlreiche Aktionen und Streiks, die auch in die breitere sozialpolitische Bewegung eingebunden waren, etwa in die Anti-Atomkraft- und Umweltbewegung.
Das Frauenambulatorium war eines vieler feministischer Projekte unter einem Dach- der Mattengasse 27.
Unteranderem das Restaurant Pudding Palace, die Frauen-Lesben-Bibliothek (schema-f), die Rechtsberatung, das Nottelefon für vergewaltigte Frauen, die Lesbengruppe Floh, eine Architektinnengruppe, die Frauengruppe aus dem AJZ, die Kulturgruppe Kuss sowie Ende der 1980er Jahre der Verein für Selbstverteidigung und die Lesbenberatung, ferner die Velowerkstatt, der Musikraum sowie eine breite Palette von Veranstaltungen.
Wenn mensch auf die noch heute aufgeschaltene Webseite der Frauenambi geht wird mensch wie folgt begrüsst:
Willkommen!
Ist weibliche Leiblichkeit dein Thema?
Wir sind Fachfrauen – du bist deine Expertin.
Jahrelang haben wir von Frauen gelernt.
Unser Wissen ist erprobt.
Was wir bieten ist vielfältig.
Wie wir’s machen ist einzigartig.
Leitbild
Krankheit ist Ausdruck des Lebens und Gesundheit ist dies auch.
Mädchen und Frauen erleben beide Zustände anders als dies Männer und Knaben tun mögen.
Die Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen fördern, stärken und unterstützen wir.
Wir sind Partei für die weibliche Mehrheit. Grenzen, auch diejenigen der Frauen mit therapeutischer
Verantwortung, möchten wir respektiert wissen.
Hilfe zur Selbsthilfe ist uns ganz wichtig
Mattengasse 27
Autonomes Frauenzentrum „Kein Zutritt für Männer“Mattengasse 27
„Wir wollen gegen die Ohnmacht der heutigen menschen- und insbesondere frauenfeindlichen Medizin ankämpfen und eine echte Alternative dazu schaffen. Wir arbeiten im Kollektiv. Jede Frau wendet ihre eigenen Kenntnisse an und gibt sie nach Möglichkeit weiter.“
Aus dem Zeitungsartikel: Verein Frauenambulatorium stellt sich vor, „Die Staatsbürgerin : Zeitschrift für politische Frauenbestrebungen“ fasst die Genossenschaft ihr Ziel selber in Worte. Ziel des Frauenambulatoriums war es in bestimmten Bereichen andere, von Frauen selbst entwickelte Möglichkeiten der Gynäkologie anzubieten, andere als die, die in der damals vorherrschenden, überwiegend männlichen dominierten Frauenmedizin üblich waren. Eines ihrer Konzepte war Gruppenarbeit. Dies erlaubte den Frauen einen Erfahrungsaustausch. Auch war dies ein Mittel um gegen die Isolation der Frau und der Hierarchie im Ärzt*innen/Patient*innen Verhältnis anzukämpfen. Auch die obligatorischen Vorgespräche zum Schwangerschaftsabbruch wurden wenn möglich in Gruppen von Frauen in ähnlichen Situationen durchgeführt. Obere Priorität war Unterstützung und Beratung frei von Moral. Jede Frau sollte in die gynäkologische Untersuchung mit einbezogen werden und selbst Entscheidungen treffen. Die betroffenen Frau sollte im Mittelpunkt stehen. Ein Zitat von Therese Bröchlinger, Ärztin im Frauenambulatorium, aus dem Artikel namens: Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz-Frauen müssen und können Verantwortung übernehmen mit, zeigt diese Einstellung:
„die Haubtbetroffene ist die Geschwängerte- deshalb ist sie es, die entscheidet.“
Angesprochen sollten Frauen werden, die sich beim Arzt oder in der Klinik nicht ernstgenommen fühlten; die Angst vor dem Arztbesuch hatten; denen das Vertrauen in die herkömmliche Medizin und die Art der Behandlung abhanden gekommen war. Die Arbeitsgebiete die das Frauenambulatorium abdecken konnte waren: Prävention und Behandlung von Frauenerkrankungen, Anregung zur Selbsthilfe, Gespräche über Sexualität und Verhütung, Schwangerenberatung und Schwangerschaftsabbrüche in beschränkter Anzahl mit Absaugmethode bis zur 10. Woche. Aber auch erlernen von Entspannungsmassagen in Gruppen. Im Vordergrund stand das Gespräch mit den Patientinnen, indem besprochen wurden welche Untersuchungen geplant waren und welche verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten es gab. Mit einbezogen wurden natürliche Heilmethoden.
Das Frauenambulatorium hat als feministisches Projekt auf spezielle Weise Pionierinnenarbeit im Umgang mit medizinischem Wissen geleistet, gegen die Tabuisierung der Abtreibung gekämpft und eine Alternative zur damaligen männlich geprägten Frauenmedizin geschaffen. Es hat sich einiges getan in der Gynäkologie und in Thema Frauengesundheit, doch lang noch nicht genug. Gerade mit Blick zum Beispiel auf die USA ist die Angst vor einem Rückschritt statt Besserung Realität. Abtreibung ist wieder Tabuthema, Rechte der FLINTA Personen sind gefährdet und Sexismus ist und bleibt salonfähig. Viele Kämpfe wurden schon gefochten, doch der Kampf muss weiter gehen.
von Elia Neidhardt, 25.11.2024 Der Begriff Poliklinik Die Bezeichnung „Poliklinik“ leitet sich von den griechischen Wörtern „polis“ (Stadt) und „kline“ (Bett, Krankenlager) […]
Im Bann des Burghölzli –
Damals lag es am Stadtrand, heute liegt es inmitten von Krankenhäusern. Der Ort, an dem der Psychiater Auguste Forel nicht nur seine Patienten, sondern auch sein Wachpersonal hypnotisierte.
Das Gelände der „Epi-Klinik“ lag damals weit ausserhalb der Stadt. Wahrscheinlich ist das der schlechten gesellschaftlichen Stellung der epileptisch Kranken geschuldet.
Eine privat betriebene Klinik, die Ende 19. Jahrhundert gegründet wurde. Hier wurden Patienten, die eine Nervenkrankheit hatten, mittels Arbeitstherapie beschäftigt, um sie so zur Genesung zu verhelfen. Die damals bekannte Klinik, ist heute praktisch in Vergessenheit geraten.
Was wurde aus der Klinik?