Toblerstrasse 51, 8044 Zürich
von Aline Imesch
Das Spital, in dem sich heute die Privatklinik Bethanien befindet, wurde vor über 100 Jahren erbaut. Damals waren es Diakonissen, die die Pflege der Patientinnen und Patienten übernahmen.
In der Klinik Bethanien in Zürich übernahmen früher Diakonissen die Pflege von Patient/-innen. Diakonissen sind Frauen, die, durch den protestantischen Glauben motiviert, ihr Leben in den Dienst des Nächsten stellen. Wer einem Leben als Diakonisse zusagt, verpflichtet sich zu Ehelosigkeit, Gehorsam und Verzicht auf volle Entlöhnung. Dabei leben sie in Dienst-, Glaubens- und Lebensgemeinschaften, oft auf engstem Raum, zusammen.
Die Entstehung des Vereins Bethanien
Der Diakonieverein Bethanien wurde 1874 von der evangelisch-methodistischen Kirche gegründet, das Mutterhaus befand sich in Frankfurt am Main. Zweck des Vereins war es, junge Frauen für den Dienst an Kranken und Armen auszubilden. Dabei sollte die Religion oder die (nicht vorhandenen) finanziellen Mittel der Patient/-innen keine Rolle spielen. Auch junge Frauen aus der Schweiz reisten bald nach Frankfurt, um sich dort ausbilden zu lassen.
Bereits 1887 entstand auch in Zürich eine Diakonissenstation. Am Zeltweg 23 wurde dazu eine kleine Wohnung gemietet, von wo aus drei Diakonissen ihren Dienst antraten. Die Nachfrage war riesig und schon bald wuchs die Schwesternzahl in Zürich stetig an. Die Leitung des Werkes geschah aber nach wie vor von Frankfurt aus. Auch die Ausbildung der Schwesternschülerinnen musste in Frankfurt absolviert werden, da es in der Schweiz noch keine Schule dafür gab.
Entstehung der Klinik in Zürich
Die Zahl der Diakonissen nahm in den folgenden Jahren stetig zu und die Ausbildungsplätze in Deutschland wurden bald knapp. In Zürich sollte deshalb ein unabhängiges Mutterhaus für das Diakoniewerk geschaffen werden. 1911 begann der Bau des Mutterhauses und des Spitals an der Toblerstrasse und wurde 1 Jahr später eingeweiht. Sowohl die Lage am Stadtrand, als auch der Baustil mit den Türmchen und Balkonen verleiht der gesamten Spitalanlage einen heimeligen Charakter. Im Spital konnte nun auch die Ausbildung absolviert werden, wodurch Diakonissen nicht mehr extra nach Deutschland mussten.
Das Spital benötigte nun auch einen Anstalts-Arzt. Seine Tätigkeit umfasste alle möglichen Fachbereiche der Medizin. Die Leitung des Pflegedienstes wurde von einer Diakonisse übernommen.
Im historischen Kontext
Schon bald war das Spital voll besetzt und es wurde mit moderner Ausrüstung ausgestattet. Doch der 1. Weltkrieg, die spanische Grippe und vor allem der 2. Weltkrieg hatten grosse Einwirkungen auf das Spital. Während letzterem wurden nicht nur Ärzte mobilisiert, sondern auch Diakonissen in den Sanitätsdienst berufen, was im Spitalbetrieb zu Lücken führte.
In der Nachkriegszeit erfolgte ein allgemeiner wirtschaftlicher Aufschwung. 1947 gab es erstmals auch für das Pflegepersonal Normalarbeitsverträge: Die Höchstarbeitszeit wurde gesenkt und den Pflegerinnen wurden Ferien sowie ein Ruhetag pro Woche zugestanden. Effektiv umgesetzt wurden diese Änderungen aber erst später. Dies liegt wohl daran, dass der Pflegeberuf bis anhin nicht als eigentlicher Erwerbsberuf wahrgenommen wurde, sondern religiös geprägt war, da vor allem Diakonissen oder katholische Ordensfrauen diese Arbeit übernahmen.
Weil sich bei den Diakonissen im Laufe der Zeit eine Überalterung abzeichnete, durch die neu eingeführte Arbeitsverkürzung aber mehr Stellen belegt werden mussten, beschloss man, auch freie Schwestern im Spital einzusetzen. Schon damals war es schwierig, alle Stellen zu decken und man erfuhr einen permanenten Personalmangel. Dieser machte sich nicht nur im Pflegebereich, sondern im gesamten Spitalbetreib bemerkbar. Um dem entgegen zu wirken, stellte man auch nicht-ausgebildete Mitarbeiter an, die sich aber häufig als ungeeignet herausstellten.
Die Klinik heute
Seit 2010 ist die Klinik Bethanien eine Privatklinik und gehört dem Swiss Medical Network an. Die Form der Dienstgemeinschaft wie sie früher abgehalten wurde, ist heute nicht mehr aktuell: seit Jahren treten keine Diakonissen mehr ein, während die Verbliebenen alle im Pensionsalter sind. Das Spital, wie auch das Schwesternhaus, sind aber nach wie vor in Betrieb und auch heute noch sichtbar.
Bildquellen
Abb. 1: Foto aus der Fotoausstellung im Erdgeschoss der Klinik Bethanien.
Abb. 2: Foto: Aline Imesch, 2024.
Abb. 3: Foto aus der Fotoausstellung im Erdgeschoss der Klinik Bethanien.
Literatur
Schwegler, Daniela; Bosshard-Kälin, Susann: Unter der Haube: Diakonissen erzählen aus ihrem Leben, Frauenfeld 2011.
Festschrift: 100 Jahre Diakonissenhaus Bethanien, Zürich 2012.