Schrift, Lautsystem, Wortschatz
01 Die Schriften
Während im Russischen nur die kyrillische Schrift verwendet wird, kann im BKMS sowohl lateinisch als auch kyrillisch geschrieben werden. Im Kroatischen wird nur noch die lateinische Schrift verwendet, im Bosnischen, Montenegrinischen und Serbischen dagegen beide, wobei in Serbien die Kyrilliza auch die amtliche Schrift ist.
Beide Schriften weisen Besonderheiten auf, die mit dem jeweiligen Lautsystem und der Sprach- und Schriftgeschichte zusammenhängen. So sind die russische und die BMS-Kyrilliza nicht identisch. In der lateinischen BKMS-Schrift findet man auch mehrere Buchstaben, mit denen man spezifische BKMS-Laute wiedergibt.
Die lateinische und kyrillische Schrift im BKMS entsprechen einander vollkommen, beide Alphabete bestehen aus je 30 Buchstaben; eine Ausnahme bildet das Montenegrinische mit je 32 Buchstaben, wobei die zusätzlichen Buchstaben – ś und ź im lateinischen bzw. с́ und з́ im kyrillischen Alphabet – zwei seltene, aber spezifisch montenegrinische Laute repräsentieren und beim Schreiben nicht zwingend verwendet werden müssen (so kann man anstelle von ś auch sj schreiben und anstelle von ź – zj). Im lateinischen BKMS-Alphabet gibt es drei Doppelbuchstaben – dž, lj und nj –, die je einen Laut repräsentieren und in der BMS-Kyrilliza als einzelne Buchstaben geschrieben werden: dž = џ, lj = љ, nj = њ. (Doppelbuchstaben aus Fremdsprachen werden im BKMS nur in Ausnahmefällen geschrieben, meist bei Wiedergabe der Eigennamen, Titel und mancher Toponyme in der lateinisch geschriebenen Originalsprache – so schreibt man z.B. gramatika, aber man kann sowohl New York als auch Njujork schreiben. Die Tendenz zur Übernahme der Originalschreibweise ist im Kroatischen besonders stark.)
Das russische Alphabet besteht aus 33 Buchstaben, wobei zwei von denen – ь und ъ – keinen eigenständigen Lautwert haben, sondern der Änderung der Aussprache der davorstehenden Konsonanten dienen: Vor ь werden Konsonanten in der Regel weich ausgesprochen (ausser Zischlaute ж, ш und ц) und vor ъ hart. Ausserdem übernahm man im russischen Alphabet die aus dem Kirchenslavischen stammenden Buchstaben я und ю, die als weiche Vokale (weiches a und u) bezeichnet werden, wobei sie, je nach Position im Wort, häufig als [ja] bzw. [ju] ausgesprochen werden. Ähnlich ist es mit dem russischen Buchstaben ё (der häufig ohne zwei Punkte über dem e geschrieben wird), der meist als [jo] ausgesprochen wird.
Um Russisch richtig lesen zu können, braucht es einige Übung – die russische azbuka ist überwiegend etymologisch, was zur Folge hat, dass man die morphologischen Zusammenhänge gut erkennen kann, aber beim Lesen für eine korrekte Aussprache einige Regeln beachten muss (siehe dazu ausführliche Informationen in den Tabellen im nächsten Kapitel zum Lautsystem). Die abeceda und azbuka im BKMS sind dagegen als phonetische (phonematische) Schriften konzipiert, was das Lesen (abgesehen von der Betonung, die in beiden Sprachen eine grosse Rolle spielt) sehr einfach macht, aber das Nachvollziehen der Rechtschreiberegeln und ihre korrekte Anwendung problematisch machen kann.
Zum Beispiel:
Deutsch | Russisch | БЦС (BMS) / BKMS |
unter | под | под / pod |
schreiben | писать | писати / pisati |
unterschreiben | подписáть | потпи́сати / potpísati |
Russisch подписать : Das unbetonte o in der ersten Silbe wird als [Λ] ausgesprochen. Stimmhaftes д [d] wird vor dem stimmlosen п [p] als [t] ausgesprochen > [tp]; п [p] vor и [i] wird weich ausgesprochen > [p’]; т [t] vor Weichheitszeichen ь im Infinitivauslaut wird ebenfalls weich ausgesprochen > [t’] – richtig ausgesprochen wird also подписать als [pΛtp’isát’].
BKMS potpisati : Es gibt keine grossen Abweichungen in der Aussprache der Buchstaben („ein Buchstabe – ein Laut“), alle Vokale werden klar ausgesprochen, die Konsonanten werden beim Lesen nicht palatalisiert (das BKMS hat eine Reihe besonderer Buchstaben, die palatale und/oder weiche Konsonanten repräsentieren), die Stimmassimilierung ist aber dieselbe wie im Russischen – das stimmhafte [d] wird vor dem stimmlosen [p] als [t] ausgesprochen > [tp] – und wird im BKMS auch verschriftlicht: der Buchstabe d wechselt zum Buchstaben t.
D.h.: Im Russischen muss beachtet werden, dass die Konsonantengruppe –дп– als [tp] ausgesprochen werden soll, und im BKMS, dass die Präposition pod, wenn sie zu einem Präfix wird und vor einem stimmlosen Konsonanten steht – ausser vor -s und -š –, auch schriftlich zu pot– wechseln wird. Sobald man im BKMS anfängt, selbst zu schreiben, muss man die vielen Rechtschreiberegeln (mit mehreren Ausnahmen) beachten: pod stolom (unter dem Tisch); pod + pisati > potpisati (unterschreiben); pod + suknja > podsuknja (Unterrock); pod + paluba > potpalublje (Unterdeck); pod + predsjednik / predśednik / predsednik > potpredsjednik / potpredśednik / potpredsednik (Vizepräsident).
Im Folgenden werden die drei Schriften – die russische kyrillische, die BMS-kyrillische und die BKMS-lateinische – vergleichend dargestellt. Über jedem Bild haben wir ein entsprechendes PDF-File verlinkt, in dem man die Buchstaben anklicken kann und so zu weiteren kurzen Informationen zu den Buchstaben auf Wikipedia gelangen kann.
Vergleichen Sie die Schriften aufmerksam bevor Sie im nächsten Kapitel die Übungen machen. Achten Sie auch auf die Abbildungen der russischen- und BMS-kyrillischen geschriebenen Buchstaben: Mehrere Buchstaben werden unterschiedlich geschrieben, obwohl sie in der Druckschrift identisch aussehen.
PDF: Die Schriften ausgehend von der russischen Kyrilliza
PDF: Die Schriften ausgehend von der BMS Kyrilliza
PDF: Die Schriften ausgehend vom lateinischen BKMS-Alphabet