Wenn Tote sprechen könnten – bezogen auf die Geschichte der Rechtsmedizin in Zürich, wäre dies besonders interessant, denn das heute bekannte Rechtsmedizinische Institut in Zürich schreibt bereits über 100 Jahre Geschichte.
Die Entwicklung der Rechtsmedizin an der Universität Zürich
Mit der Gründung der Universität Zürich 1833 wurde auch das Fachgebiet der Rechtsmedizin bzw. der damaligen «Gerichtsmedizin» ins Leben gerufen, denn bereits damals wurden Vorlesungen über Gerichtsmedizin in den Räumen des pathologischen Instituts gehalten.
Dies jedoch verdeckt, da die Gerichtsmedizin damals in der Öffentlichkeit noch nicht gerne gesehen wurde. Das Thema Tod und das «schänden» der toten Körper waren Tabuthemen und sowohl aus religiösen als auch gesellschaftlichen Gründen wollte man den Kontakt damit und das Stören der Totenruhe möglichst vermeiden.
Doch mit der Zeit wuchs das Ansehen der Gerichtsmedizin und ein eigener Lehrstuhl wurde gegründet, welcher im Dachgeschoss des Gartenhauses «im Berg» am Sempersteig seine Räumlichkeiten hatte. Schliesslich wurde dann 1905, unter der Leitung von Prof. Dr. med. Dr. h.c. Heinrich Zangger, endlich offiziell das Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich gegründet.
Heinrich Zangger war einer der Pioniere der Rechtsmedizin und auch aktiv im Austausch mit seinem langjährigen Freund Albert Einstein.
Mit der offiziellen Institutsgründung wurde auch ein Standortwechsel vorgenommen. Der neue Sitz des Instituts war an der Zürichbergstrasse 8, das heutige Romanische Seminar, wo das Institut für Rechtsmedizin viele Jahre zusammen mit dem Zahnärztlichen Institut untergebracht war.
Erst 1992 verliess das rechtsmedizinische Institut das Gebäude und zog an den modernen Campus Irchel der UZH, wo es bis heute im Gebäude Y52 zu finden ist.
Dort setzt es nun bereits wieder seit über 30 Jahren seine Arbeit mit den modernsten Technologien fort und versucht das Untersuchen von Leichen mit möglichst nicht-invasiven Methoden auf ein neues Level zu bringen.
Mehr über die Arbeit des Instituts für Rechtsmedizin: https://www.irm.uzh.ch/de.html
Die Villa Sonnebühl
Zwischen den Jahren 1864 und 1867 setzte der renommierte Architekt Gottfried Semper im Auftrag von Johann Heinrich Fierz, einem bekannten Geschäftsmann der Textilindustrie, den Bau der Villa Sonnebühl an der Zürichbergstrasse 8 um. Das Gebäude diente auf Seite seiner Nordseite als Geschäfts- und Lagerhaus, hatte jedoch auf seiner Südseite auch Wohnbereich für Mitarbeitende. Noch heute ist dieser Unterschied im Stil des Gebäudes wiederzuerkennen.
Der durchdachte Bau wiederspiegelt die starke Wirtschaft Zürichs im 19. Jahrhundert.

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/24/Romanisches_Seminar_Zürich.jpg
1910 erworb schliesslich die Stadt Zürich das Gebäude der Villa Sonnenbühl und stellte dies der Universität Zürich zur Verfügung, worauf das Rechtsmedizinische Institut 1912 das Gebäude bezog. Ebenfalls, ab 1912 bis 1961, nutzte auch das zahnärztliche Institut die Räumlichkeiten der Villa.
Unter dem Institut für Rechtsmedizin litt das Gebäude jedoch sehr, denn Umbauten und Raumerweiterungen, welche für die Tätigkeiten der Rechtsmedizin notwendig waren, wurden sehr unsorgfältig und stillos umgesetzt.
Schliesslich 1992 verliess das Institut für Rechtsmedizin nach vielen Jahren die Villa Sonnebühl und zog weiter an den Campus Irchel in dazumals modernste Räumlichkeiten. Parallel zum Auszug, zwischen 1988 und 2003, wurde die Villa an der Zürichbergstrasse 8 sorgfältig durch den Zürcher Architekten Willi Egli restauriert und für das Romanische Seminar bereitgestellt, welche seitdem in diesem Gebäude zu Hause ist.

Es bleibt spannend, wie facettenreich die Geschichte dieses Gebäudes weitergeht…