Das zahnärztliche Institut (1912-1961)

Zürichbergstrasse 8, 8032 Zürich (Karte)

Von Sofija Kujundzic

Wo sich heute an der Zürichbergstrasse 8 das romanische Seminar befindet, konnte 1912 das zahnärztliche Institut nach langem Kampf um seine universitäre Anerkennung Wurzeln schlagen.

Der Weg zur Akademisierung der Zahnmedizin, welche einst als schlichtes Handwerk zählte, ging mit Widerstand, Skepsis und Niederlagen einher. Dank des beharrlichen Engagements einzelner Persönlichkeiten konnte die Zahnmedizin, wie wir sie heute kennen, ihren universitären Lauf nehmen. Die medizinhistorische und gesellschaftliche Bedeutung dieses Gebäudes lässt sich aus dem folgenden, geschichtlich chronologischen Eintrag herauslesen.

Abbildung 1: Das zahnärztliche Institut (1912-1961)

Abbildung 2: Das romanische Seminar der Universität Zürich (heute)

  • 1336-1832

Die zahnärztlichen Tätigkeiten wurden im frühen Mittelalter von sogenannten Scherern durchgeführt. Dieser Beruf umfasste kleine chirurgische Eingriffe, Wundbehandlungen, Aderlasse und Zahnextraktionen. Ab dem 16. Jahrhundert waren ab und an fahrende Zahnbrecher in Zürich unterwegs, welche auf Marktplätzen Behandlungen durchgeführt haben. Diese ausländischen Zahnbrecher kamen vorwiegend aus Frankreich, denn dort war die zahnmedizinische Entwicklung bereits im Gange. Sie waren zu jener Zeit eine grosse Konkurrenz für die Scherer und erhielten schliesslich ihre letzte Bewilligung 1863. Im Verlauf dieser Zeit übernahmen auch niedere Chirurgen, Wundärzte und zuletzt gelehrte Ärzte des damaligen medizinisch-chirurgischen Instituts die zahnärztliche Tätigkeit.

  • 1833-1911

Mit der Gründung der Universität Zürich im Jahr 1833 entstand die medizinische Fakultät. 1862 bekam die Fakultät ihren ersten Dozenten für Zahnheilkunde, obwohl die deren Bedeutung seit dem 14. Jahrhundert bekannt war. Dieses Amt wurde dem Arzt Dr. med. Jakob Billeter zugeschrieben. Er war eine wichtige Figur im Kampf der Akademisierung der Zahnmedizin. Von 1866-1894 gründete und führte er zusammen mit drei Kollegen die zahnärztliche Armenpraxis in der Altstadt. Gelehrt wurden die Studenten an der Universität, aber zum damaligen Zahnarztberuf brauchte es eine zusätzliche Ausbildung bei einem vorherigen Meister. Nach jahrelangen Diskussionen mit der medizinischen Fakultät und Briefen an die Regierung schaffte es Billeter 1895 die Zahnarztschule durchzusetzen, welche dann als eine provisorische Hülfsanstalt galt. Nach einer dreijährigen Probezeit wurde die Zahnarztschule von der Universität anerkannt und durfte die bescheidene Geräumigkeit in der Poliklinik an der Schmelzbergstrasse 4 mit Chemikern teilen. Die Studierendenzahl nahm zu und so entschied sich die Regierung ein ehemaliges Geschäftshaus an der Zürichbergstrasse 8 zu kaufen. Darauf zog das gerichtsmedizinische Institut mit der Zahnarztschule, das von da an als zahnärztliches Institut bekannt war, kurz nach Billeters Tod ins imposante Gebäude ein. Eine weitere Probezeit war erforderlich. 

  • 1912-1960

Nach der besseren räumlichen Beschaffenheit, zunehmender Studenten- und Patientenzahl und besser ausgebildeten Lehrer war diese Zeit äusserst fruchtbar für die Weiterentwicklung der Zahnheilkunde. Während der Direktion von Dr. med. Giovanni Ambrogio Stoppany wurde das zahnärztliche Studium revidiert, das Habilitationsrecht und Doktorpromotion für Zahnärzte eingeführt und 1914 endgültig in die medizinische Fakultät eingegliedert. Stoppany wurde als italienischer Arzt zum zweiten Direktor der Institution ernannt.

  • 1961-

Letztlich wurde 1961 der Neubau für das zahnärztliche Institut an der Plattenstrasse 11 errichtet, obschon die Planung bereits 1926 begonnen hatte. Damit ist der Beginn der universitären Zahnmedizin gekennzeichnet. Heute ist das Gebäude als Zentrum für Zahnmedizin mit der weltweit achtbesten zahnmedizinischen Ausbildung (2022) bekannt. 

Literaturverzeichnis

Zentrum für Zahnmedizin der Universität Zürich: https://www.zzm.uzh.ch/de/ueberuns/meilensteine.html

Dolder Eugen Jakob: 100 Jahre zahnärztlicher Unterricht an der Universität Zürich 1861-1961, Zürich, Publikation von K. Schippert 1961. https://swisscovery.slsp.ch/permalink/41SLSP_NETWORK/1ufb5t2/alma991119869029705501

Brunner Theodor / Hirzel Hans-Caspar: 100 Jahre Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität Zürich (1895-1995), Zürich, Verlag Hans Rohr 1995. https://swisscovery.slsp.ch/permalink/41SLSP_NETWORK/1ufb5t2/alma991112538979705501

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: S. 24-25; 100 Jahre zahnärztlicher Unterricht an der Universität Zürich 1861-1961, E. J. Dolder, Fotograf*in unbekannt, Zürich ca. 1912

Abbildung 2: Sofija Kujundzic, Zürich 2022.