Hazoloh

Eine jüdische Express-Ambulanz in Zürich

Aegertenstrasse 36, 8003 Zürich (Karte)

von Mariatu Turay

Hazoloh – ein jüdischer Rettungsdienst in Zürich Wiedikon, der 24 Stunden täglich innert kürzester Zeit Hilfe in Notfallsituationen und in Bagatellfällen leistet

Abb. 1 Fahrzeuge auf einem Parkplatz des Rettungsdienst Hazoloh in der Nähe vom Sihlhölzli
Hintergrund

Das Wort Hazoloh stammt aus dem Hebräischen und bedeutet „Rettung.“ Weltweit ist die Rettungsdienst-Organisation Hazoloh tätig und rettet ehrenamtlich und freiwillig Leben. Nach dem Vorbild der Dachorganisation in New York wurde vor ca 30 Jahren Hazoloh auch in Zürich von Esther Marilus ins Leben gerufen.

Ursprung der Organisation ist ein grösstenteils jüdisches Quartier in New York. Eine Gruppe Männer organisierte sich, um Patienten mit Herzleiden, sofort mit Sauerstoff zur Seite zu stehen, da die städtische Ambulanz, aufgrund langer Anfahrtszeiten oft zu spät bei den Patienten eintraf. Mit dem Einsatz von Sauerstoff in den ersten 3 bis 5 Minuten, einer lebenswichtigen Massnahme, konnten die Männer den Allgemeinzustand der Erkrankten verbessern und stabilisieren. Die „Sauerstoff-Zubringer“ New Yorks bildeten langsam ein Netzwerk mit mehreren Basen in der Stadt und sind heute der grösste freiwillige Rettungsdienst der Welt.

Anfänge Hazolohs in Zürich

Auch die aus New York stammende Esther Marilus rief Hazoloh in Zürich ins Leben nachdem sie verschiedene Todesfälle im Familien- und Bekanntenkreis erlebt hatte, die zu vermeiden gewesen wären, wenn Erste Hilfe rascher vor Ort hätte geleistet werden können. Zu dieser Zeit soll der Ausbildungsstand der städtischen Sanität oft unzureichend gewesen sein. Zudem sei die anderorts anerkannte Herzmassage noch umstritten gewesen.

So organisierte Marilus anfangs Nothelferkurse und stellte schlussendlich nach amerikanischem Vorbild den Rettungsdienst Hazoloh in Zürich auf die Beine. Seither arbeitet Hazoloh auch in Zürich nach dem First Responder Prinzip, bedacht darauf so schnell wie möglich bei den Patienten einzutreffen. Während der ersten 10 Jahren verfügte Hazoloh über keinen eigenen Rettungswagen sondern nur über Privatfahrzeuge, die mit Blaulicht und Sondersignal ausgerüstet waren sowie einer vom IVR (Interverband für Rettungswesen) anerkannten Rettungsausrüstung.

Doch der Anfang der Organisation war schwer, da sie sowohl von den Behörden und Spitälern als auch von Ärzten und Mitmenschen nicht Ernst genommen wurden. Auch gab es anfangs Uneinigkeiten und einen gewissen Machtkampf mit der städtischen Sanität, da sich die Prinzipien der Arbeitsweise teilweise voneinander unterschieden. Mit der Zeit stellte sich aber eine Zusammenarbeit ein, sodass die Männer der Hazoloh sich gelegentlich dem Team der Stadtsanität anschlossen , um deren Arbeitsweise und Ausrüstung kennen zu lernen.

Hazoloh heute

Heute besteht Hazoloh aus 14 Rettungssanitätern, die Tag und Nacht einsatzbereit sind und verfügt über einen eigenen Rettungswagen und 6 Rettungsroller. Die Telefonzentrale wird ebenfalls von freiwilligen jüdischen Mitarbeiterinnen, meist Hausfrauen, geleitet. Die Mitarbeiter wurden von amerikanischen Paramedics in Zürich oder in New York ausgebildet. Sie verfügen über die Grundausbildung eines EMT (Emergency Medical Technics). Zusätzlich wurde die Grundausbildung mit Fortbildungen erweitert, sodass sie als ALS (Advanced Life Support) Rettungssanitäter bezeichnet werden können. Heute ist die städtische Ambulanz schnell genug, dennoch leisten die Sanitäter der Hazoloh noch immer rund 200 bis 300 Einsätze jährlich. Zu erwähnen ist, dass laut dem Leiter Samuel Bollag, Hazoloh mit Religion nichts zu tun hat, denn in der Notfallmedizin gäbe es keine religiösen Vorschriften. Doch der grösste Teil der Betreuenden ist jüdisch und die Ambulanz ist aus dem jüdischen Gemeindeleben in Wiedikon nicht mehr wegzudenken.

Funktionsweise

Wie bereits erwähnt funktioniert Hazoloh nach dem First Responder-Prinzip. Hilfesuchende gelangen nach dem Wählen der Notfallnummer an die Zentrale, von wo aus die Sanitäter per Funk unverzüglich kontaktiert werden. Daraufhin eilen die sich am nächsten befindlichen Sanitäter direkt zum Patienten und können innert kürzester Zeit Hilfe leisten. Derjenige, welcher als erstes eintrifft, entscheidet über das weitere Vorgehen und kontaktiert wenn nötig einen Notarzt. Der Rettungswagen verfügt über einen Ärztekoffer und alle nötigen Mittel für eine Reanimation, die von einem anwesenden Arzt verwendet werden können. Aber auch bei Bagatellfällen rückt Hazoloh aus und die Leute der Gemeinde haben weniger Hemmungen als beim städtischen Notruf. Qualitativ soll die jüdische Ambulanz nicht besser sein als der städtische Rettungsdienst. Doch in der jüdischen Gemeinschaft bringen sie den Vorteil, dass sie Jiddisch oder Hebräisch sprechen und über ein gewisses Wissen um religiöse Regeln im Umgang mit dem Körper, verfügen. Aber Hazoloh zeichnet sich dafür aus, dass sie allen helfen, die Hilfe brauchen. Da Hazoloh auschliesslich aus Spenden finanziert wird arbeitet die Organisation nicht gewinnorientiert und bietet Menschen aus allen Religionen und Kulturen Hilfe. Zudem arbeiten sie heute als eingespieltes Team mit der städtischen Sanität zusammen.

Sichtbarkeit

Hazoloh funktioniert mit seinen ehrenamtlichen jüdischen Sanitätern nach dem Milizprinzip, wobei sie nicht an einem Ort stationiert sind sondern je nach Arbeits- und Wohnort über die ganze Stadt Zürich verteilt sind. So trifft man bei genauerem Hinsehen überall in der Stadt immer wieder Rettungsfahrzeuge der Hazoloh. Hier ist anzumerken, dass die Fahrzeuge wenig auffallen und auch das Logo der Organisation sehr dezent gehalten ist und nur der Hebräische Name auf einen religiösen Bezug hinweist. Am häufigsten trifft man auf Hazoloh in der Umgebung Wiedikon, wo viele der rund 2000 orthodoxen Juden in Zürich wohnhaft sind und eine eigene Community bilden. Die Briefadresse des Vereins Hazoloh findet sich auf ihrer offiziellen Website, doch der Standort der Rettungswagen ist nicht bekannt, da dieser vermutlich auch häufig wechselt.

Abb. 2 Rettungsroller an der Weststrasse in Zürich

Orthodoxe Juden in Wiedikon

In Zürich Wiedikon leben so viele orthodoxe Jüdinnen und Juden wie an keinem anderen Ort in der Schweiz. Der Ursprung entstand im 20. Jahrhundert als Wiedikon ein Arbeiterquartier war und viele jüdische Menschen, besonders aus Osteuropa, anzog. Laut Schätzungen leben heute über 2000 Jüdinnen und Juden in Zürich und prägen vor allem das Quartierbild von Wiedikon sowie Teilen von Wollishofen und Enge. Im Ortsbild findet man Synagogen, jüdische Metzgereien und Bäckereisen sowie den Supermarkt „Koscher City.“ Die Rettungswagen der Hazoloh gehören hier auch dazu.

Abb 3. Logo des Supermarkt Koscher City

Abb. 4 Synagoge Agudas Achim Zürich

Bildquellen

Abb. 1: Hazoloh: Bild ohne Titel, Facebook, 25.08.2022, <https://www.facebook.com/photo/?fbid=441214841383313&set=a.441214821383315>, Stand: 23.04.2024.

Abb. 2: Eigene Aufnahme

Abb. 3: Koscher City, <https://koschercity.ch/de/agb.html>, Stand: 27.04.2024. © Koscher City GmbH.

Abb. 4: Synagoge Agudas Achim (Zürich), Zürich 22.02.2014, de.wikipwdia.org, <https://de.wikipedia.org/wiki/Synagoge_Agudas_Achim_%28Zürich%29>, Stand 23.04.2024.

Literatur

Bodenheimer, Jonathan: Hilft Hazoloh häufig hektisch?, in: Israelitisches Wochenblatt 44, 2000, S. 13-15.

Neue Rettungsroller im Einsatz, in: Tachles 34, 2015, S. 6.

Notfall – jede Minute zählt, in: Israelistisches Wochenblatt 2, 1994, S. 23.

Berg, Vivianne: 24 Stunden pro Tag hilfreich im Einsatz. Seit sieben Jahren sind die Lebensretter der Express-Ambulanz Hazoloh unterwegs, in: Israelitisches Wochenblatt 5, 1996, S. 16.

Bloch, Jisroel: Über Hazoloh, hazoloh.ch, 16.02.2022, <https://www.hazoloh.ch/index.html>, Stand 23.04.2024.

Bondolfi, Sibilla: In Zürich gibt es eine jüdische Ambulanz, swissinfo.ch, 11.04.2017, <https://www.swissinfo.ch/ger/gesellschaft/religion_juden-in-zuerich-haben-eigene-ambulanz/43070902>, Stand 23.04.2024.

Laubach, Radka; Brunner, Michael: Einblick in die Welt der orthodoxen Juden in Wiedikon, srf.ch, 03.08.2023, <https://www.srf.ch/audio/treffpunkt/einblick-in-die-welt-der-orthodoxen-juden-in-wiedikon?id=12430511>, Stand 23.04.2024.