Grüne Quelle inmitten der grauen Betonlandschaft
Talstrasse 71, 8001 Zürich (Karte)
von Leandra Frey
Grün – Grau, Natur – Beton, Historisch – Modern. Bei einem Spaziergang auf diesem Hügel nahe der Bahnhofstrasse fällt einem so mancher Kontrast auf. Doch was steckt dahinter?
Ein Garten für Businessleute
Wenn man auf diesem Hügel herumspaziert, auf einem der vielen Bänkchen die Sonne geniest oder sich mit der Vielfalt der Pflanzenwelt auseinandersetzt, mag es einem scheinen, als stehe die Zeit still. Zwar vermögen Bäume und Büsche die umgebenden Betonbauten nicht ganz abzuschirmen, doch die vielen schönen Plätzchen im Grünen laden zur Entspannung und Entschleunigung ein.
Kein Wunder ist dieser Ort mittags so gut von Geschäftsmännern und -frauen besucht, die die Gelegenheit nutzen, ihren Lunch im Grünen zu geniessen und den Kopf vom Arbeitsstress auszulüften.
Wer kam auf die Idee, diese grüne Oase inmitten von Zürichs Geschäftsquartieren zu pflanzen und was hat dieser Ort mit Medizingeschichte zu tun?
Vom Bollwerk zum Universitätsgarten – Die Geschichte des Ortes
Die zeitliche Entwicklung | |
18. Jh. | Der Hügel bildete als Bollwerk einen Teil der Zürcher Stadtbefestigung. Auf ihm waren Geschütze stationiert, die man damals als „Katzen“ bezeichnete. Daher wurde der Hügel früher „Bollwerk zur Katz“ genannt. |
seit 1833 | Als 1833 die Universität Zürich gegründet wurde, übernahm diese den Hügel und schaffte aus dem ehemaligen Kriegsort einen Ort der Natur, Wissenschaft und Ruhe. |
1851 | Eröffnung des unter Denkmalschutz stehenden Palmenhauses. |
1971 | Volksentscheid über den Bau eines neuen botanischen Gartens, da eine Ausdehnung des Geländes durch die umgebenden Bauten unmöglich war. |
1977 | Eröffnung des Neuen Botanischen Gartens an der Zollikerstrasse im Kreis 8. |
1997 | Eröffnung des Gessner Gartens (historischer Kräutergarten) auf der Hügelkuppe. |
Gessner Garten
Namensgeber dieses im frühneuzeitlichen Stil angelegten Gartens ist der Schweizer Universalgelehrte Conrad Gessner, der von 1516 bis 1565 lebte. Sein Andenken ist mit vielen Titeln geschmückt, unter anderem dem des Arztes und Naturforschers. Schon früh entdeckte Conrad Gessner, im Garten seines Grossonkels spielend, dem damaligen Kaplan des Zürcher Grossmünsters, seine Liebe zur Botanik. Er erlernte viele Sprachen und verfügte diesbezüglich über eine grosse Begabung und Wortgewandtheit, was seinen späteren Erfolg als Herausgeber vieler Schriften miterklärt. Er bildete sich zudem im Bereich der Medizin und Naturwissenschaften und wurde schliesslich Professor für Physik an der Hohen Schule, dem Vorläufer der heutigen Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH), und liess sich zudem als Arzt in Zürich nieder.
Im Jahre 1554 wurde er zum Stadtarzt ernannt und fünf Jahre später erhielt er die Ehre, zu Kaiser Ferdinand I. nach Augsburg an den Hof zu gehen.
Conrad Gessner verfasste im Laufe seines eher kurzen Lebens viele Schriften zu unterschiedlichen Themen, darunter zur Botanik. So beschreibt das botanische Werk „Stirpium historia“ (1553) zum Beispiel die Bedeutung von Pflanzenteilen, insbesondere der Blüten. Im letzten Lebensjahrzehnt Gessners arbeitete dieser an einer Gesamtdarstellung des Pflanzenreichs, der „Historia Plantarum“. Er konnte das Werk jedoch nicht mehr vollenden und erst knapp 200 Jahre später, im Jahre 1751, wurden Teile davon durch Casimir Christoph Schmidel unter dem Titel „Opera botanica“ veröffentlicht. Gessner versuchte ausserdem eine Systematik in die Vielfalt der Pflanzenwelt zu bringen, wofür er auch „Versuchsgärten“ anlegte.
Die Ursprünge des ersten Botanischen Gartens in Zürich gehen auf Gessners Kräutergarten zurück. Wo dieser genau lag, ist jedoch unklar. Circa 200 Jahre später legte Johannes Gessner (1709-1790), ein Nachfahre Gessners, in Zusammenarbeit mit der Naturforschenden Gesellschaft, die 1746 gegründet wurde, einen botanischen Garten an. Man nannte diesen Garten „Schimmelgut“.
Mit der Gründung der Universität Zürich 1833 übernahm diese den Garten, welcher dann an den heutigen Standort auf dem Bollwerk verlegt wurde. Leopold Fröbel, der universitäre Gärtner, wurde daraufhin mit der Gestaltung des Gartens beauftragt.
Im Jahre 1997 eröffnete auf der Hügelkuppe des Gartens schliesslich der sogenannte „Gessner Garten“, ein Kräutergarten im frühneuzeitlich Stil, wie Conrad Gessner ihn wohl gepflegt hatte. Die Umsetzung des Gartens erfolgte durch ein privatwirtschaftliches Gartenbauunternehmen, die Finanzierung wurde von der Stiftung „Pro Katz“ übernommen.
Rund fünfzig Heilpflanzen wachsen im Kräutergarten, jede davon mit einem zeitgenössischen Zitat eines Heilkundigen früherer Zeiten versehen. Am Nordende, in der Mitte des Platzes, wacht eine Büste Gessners über die Pflanzen und sorgt dafür, dass man auch nicht vergisst, wem dieser Garten gewidmet ist.
Bildquellen
Abb. 1: Leandra Frey, 14.03.2023.
Abb. 2: https://www.stadt-zuerich.ch/ted/de/index/gsz/natur-erleben/park-und-gruenanlagen/parkanlagen-von-az/alter-botanischer-garten.html
Abb. 3: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Alter_Botanischer_Garten_Zürich_-_Conrad_Gessner_2012-10-22_15-11-55.JPG
Literatur
https://de.wikipedia.org/wiki/Conrad_Gessner
https://de.wikipedia.org/wiki/Alter_Botanischer_Garten_Zürich
Urs B. Leu: „Gessner, Konrad“, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 08.05.2020. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/014376/2020-05-08/, konsultiert am 01.05.2023.