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Layla Kurz

Repräsentation von LGBTQ-Figuren in Medien, die an Kinder gerichtet sind

Ursula aus Die kleine Meerjungfrau, sie ist an die Drag-Queen Divine angelehnt

In den vergangenen Jahren hat sich in der Repräsentation von queeren Menschen in medialen Darstellungen viel getan. In Medien, die sich an Jugendliche und Erwachsene richten, gibt es mitterweile oft Hauptcharaktere, die zur queer sind. In Medien, die an Kinder gerichtet sind, sieht es jedoch anders aus. In diesen Medien sind Charaktere, die nicht heterosexuell sind oder bei denen die Geschlechtsidentität nicht mit dem biologischen Geschlecht übereinstimmt, sehr selten. Gerade wenn man beachtet, wie Jugendliche, die nicht in das heteronormative Ideal der Gesellschaft passen, mit ihrer Identifizierung Mühe haben, sich oft depressiv fühlen, überdurchnittlich von Suizidalität betroffen sind und in manchen Umfeldern oder von Mitmenschen nicht akzeptiert werden, fällt auf, wie wichtig eine frühe Aufklärung und Sensbiliserung bei jungen Menschen ist. Doch genau bei der Inkludierung von und Konfrontation mit queeren Menschen oder Charakteren haben viele Erziehungsberechtigte oder auch Produzierende von Medien Angst vor und Mühe mit der Umsetzung. Die Angst, dass Kinder durch die Konfrontation von queeren Menschen selber queer werden könnten, ist zwar ungbegründet, hält sich aber und illustriert die Homophobie und Transphobie, die bei vielen Menschen internalisiert ist. Meine Arbeit setzt hier an und hat sich zum Ziel genommen, die queeren Figuren in Kinderfilmen/serien zu untersuchen und zu analysieren, die in den letzten Jahren entstanden sind. Dabei wurden nicht nur Figuren untersucht, die offen queer sind, sondern auch solche, bei denen Vermutungen bezüglich ihrer Queerness rechtzufertigen sind.

Luz und Amity aus The Owl House, erste bisexuelle Protagonistinnen von Disney

Es wurden also einerseits Figuren wie Luz und Amity aus der Serie The Owl House untersucht, die offen queer sein dürfen, aber auch Figuren wie Elsa aus Frozen, LeFou aus Beauty and the Beast oder auch Ursula aus Eine kleine Meerjungfrau. Diese Analyse hat unter anderem gezeigt, dass gerade Disney eine grosse Tendenz hat, ihre Antagonisten*innen queer zu codieren. Unter Queer Coding versteht man eine Strategie, die Charakteren queer-wahrgenommene Charakteristika zuschreibt, sie jedoch nicht offen also queer deklariert. Bei Disney trifft dies zum Beispiel auf Elsa zu, auf Gaston und LeFou, aber auch auf Captain Hook, Jafar oder Ratcliffe, die ich in meiner Arbeit nicht untersucht habe. Diesen männlichen Charakteren werden traditionell weibliche Charakterzüge zugeschrieben und ihre Kleidung ist oft auch von Glitzer und anderen, «weiblichen» Verzierungen gekennzeichnet. Während diese Strategie es in frühen Jahren möglich gemacht hat, queere Figuren in Geschichten einzubauen, enstehen bei der Verbindung von Queerness mit Boshaftigkeit insbesondere bei beeinflussbaren Kindern negative Assoziationen mit Queerness, die später wieder entschärft und abgebaut werden müssen.

 

LeFou aus Beauty and the Beast (erster schwuler Disney Protagonist)

Weiter habe ich Figuren untersucht, die ihre Queerness mehr oder weniger offen leben dürfen. Sie werden entweder von den Produzierenden als queer definiert oder äussern sich in der Geschichte selbst als queer. Während es unter diesen Figuren Beispiele gibt, die eine adäquate Repräsentation von queeren Menschen darstellen, wie Luz und Amity aus The Owl House, gibt es auch Figuren wie Specter aus Onward, die von Stereotypen von lesbischen Menschen gekennzeichnet sind. Specter ist langweilig, uninteressant und voller nicht hilfreichen Stereotypisierungen. Während es durchaus ein Fortschritt ist, nun auch offen queere Menschen auf der Leinwand zu sehen, ist der queeren Community kaum geholfen, wenn dabei nur stereotypisierte, langweilige Charaktere auftreten. 

Die lesbische Specter aus Onward

In meiner Analyse habe ich zusätzlich beobachtet, wie bei vielen queeren Figuren eine schwache soziale Vernetzung vorhanden ist. Oft gelten sie aus Aussenseiter, als schräg, komisch oder einfach als unsympathisch. Unabhängig davon, ob die Figuren offen oder im Versteckten queer sind, oder ob ihre Nichtintegriertheit in soziale Kontexte gewählt ist oder nicht, sind sie oft nicht so vernetzt in ihren sozialen Umfeldern wie ihre nicht-queeren Mitmenschen. Abschliessend habe ich festgestellt, dass obwohl Repräsentation in medialen Darstellungen ein wichtiger Teil einer Gestaltung einer inklusiveren Gesellschaft ganz grundsätzlich ist, gerade in Medien, die an Kinder gerichtet sind, kaum durchdachte, repräsentative, interessante Figuren produziert werden. In den letzten Jahren hat sich jedoch eine Tendenz abzuzeichnen begonnen, die zusehends mehr queere Figuren produziert sieht, die je länger je mehr, ein positives Bild der queeren Community vermitteln.