Adrian Gehrig

Bauen, Bauten und das Wasser in Erlenbach am Sonnen-Ufer des Zürichsees

Zurzeit sind in nächster Nähe im Quartier 7 Baustellen unterwegs. Vertraute Häuser sind zu Schutthaufen zusammengesunken. Wo Nachbarn grüssten, lärmen Raupen-Bagger. Himmelhohe Bau-Krane sausen mit ihren Armen durch die Luft. Aus areal-grossen, mehrstöckig gähnenden Abgründen blinken. graugrüne Wasserlachen. Breite, graue Flachdach-Türme wachsen mit Getöse in den Himmel, sie rauben Licht und Sicht! Später werden Storen-Fronten verkünden, dass niemand zuhause sei.

Wozu diese enorme Zerstörungswut? Umweltschutz und Energie sind in den letzten 30 Jahren zu Politika, zu modischen Begriffen geworden. Fans demonstrieren dafür auf den Strassen. Seit der enormen Revision des Planungs-und Baugesetzes 1991 sind laufend Gesetzes-Änderungen (praktisch alles Verbote!) erlassen worden, die letzten am 28. November 2021. Grösstmögliche Dämmung wird befohlen vom hochisolierten Dach über die dreifach isolierten Dreischeiben-Panzer-Fenster, die so gross sein müssen, weil die Panzerung das Tages-Licht abhält, bis zu den überklebten, 40cm dicken Kunststoff-Fassaden. Für die Berechnung aller dieser hoch schädlichen Neuerungen gibt es viele lobende Worte in der Presse!

Doch, wo bleibt die Berechnung aller grauen Energie des Altbau-Abbruches mit viel Gestank und Staub, des Aushubs, der fossilen Abgase aller Baumaschinen, der Herstellung aller neuen Baumaterialien für den Neubau, wie Beton und Stahl, der hochgiftigen Klebstoffe, der enorm vielen Transporte?

Eine Erfolgsrechnung nach diesem Riesen-Aufwand wäre interessant. Wieso wird die Fotosynthese der Pflanzen vergessen? Zum Überleben braucht die Pflanzen-Welt sehr viel COund produziert ebenso viel Sauerstoff zu unserem Überleben!

Sind diese neuen Wohn-Türme, diese mageren Spannbeton-Gerüste mit riesigen, nur aufgeklebten Kunststoff-Dämm-Wänden gesünder? Sind die zum Livingroom weit offenen Kleinküchen mit Fensterchen gegen Norden ein Ansporn für die Hausfrau? Oder wird gar nicht mehr gekocht? Bade-Räume sind ohne Fenster. Für Gärten ist kein Platz; dort ist die Einfahrt der Tiefgarage! Wo sollen die Kinder spielen?? Die Zürichsee-Ufer sind als Wohnlagen beliebt. Finanzstarke Familien siedeln gerne hier.

Die Gesellschaft der Singularitäten, eine neue Mittelschicht, wandle eine neue, soziale Logik des Einzigartigen und emotionelle Originalität in kulturellen Kapitalismus um. Selbstverwirklichung spiele dabei eine grosse Rolle. Man inszeniere sich vor Andern und gerne auch vor sich selbst, schreibt Reckwitz in seinem gleichnamigen Buch.

Diese singulären Kulturwandler, sagt Reckwitz, seien grosse Liebhaber des Wohnens an bevorzugter Lage. Da sie gut verdienten, wären sie sicher gefragte Mieter. Spirituell kochen und einzigartig essen sollen ihre grosse Mode sein. Sie seien grosse Fans offener Küchen und grossflächiger Livingrooms. Womit die Mieter der neuen Gebäude in Erlenbach gefunden wären.