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Chanel Caratti

Meng-Lin Chous «Teetische» im Shui Tang Teehaus in Zürich –
eine pragmatische (empirische & theoretische) Untersuchung
zur Wahrnehmung des Kulturtransfers

Neben Wasser ist Tee das am häufigsten konsumierte Getränk der Welt. Er wird wegen seines Aromas, seines Geschmacks, seiner kulturellen Praktiken und seines gesundheitlichen Nutzens geschätzt. Tees unterscheiden sich unter anderem durch Geschmack, Aussehen und chemischer Zusammensetzung. Tee hat nicht nur materielle bzw. substantielle und kulturelle Komponenten, sondern bringt gleichzeitig die Lebensweise des Teetrinkens und der Gastfreundschaft mit sich: „Wherever and however it is taken, tea brings well-being, harmony, politeness, conviviality and hospitality.“ In dieser Bachelorarbeit untersuche ich Meng-Lin Chous „Teetisch“-Praxis. Wie werden diese von Meng-Lins Gästen erfahren und wie wird dieser von ihr erfahrbar gemacht? Diese Arbeit ist ein Versuch, die Komplexität von Meng-Lins „Teetische“ im Shui Tang Teegeschäft/haus in Zürich „einzufangen“ bzw. den Kulturtransfer, d.h. die Übertragung und Übersetzung der kulturellen Praxis des „Teetisches“ von Asien (insbesondere Taiwan) in die Schweiz zu beschreiben.

„Der Körper, das wesentliche Werkzeug des Menschen, als kulturelles und sinnliches Organ, steht auch im Hinblick auf die Frage von Trinkfertigkeit in besonderem Bezug zum Alltagsobjekt. Hier kommen Emotionen und Körpersinne (Haptik, Gustatorik, Olfaktorik) zum Tragen, ästhetisches Empfinden und Urteilskraft, das Einschätzen von Zeit, Handfertigkeit, Sorgfalt, Geschick, ein Gefühl für Material, die Orientierung in einer bestimmten, bewusst wahrgenommenen Umgebung, im Raum. […] Die Grundlage jeglicher Trinkfertigkeit sind jedoch das mit ihr verbundene praktische Wissen über die Herstellung von Getränken […], das Urteilsvermögen hinsichtlich Qualität […]. Hier begegnen wird gekonnter Handhabe von Gerätschaften und Gefässen, der Kontrolle von Temperaturen […]. Gerade hier befinden wir uns häufig in bislang kaum erforschten kulturellen Landschaften.“

Flitsch 2014, 22f.

Diese in der Vergangenheit kaum erforschten „kulturellen Landschaften“ möchte ich in Bezug auf dem „Teetisch“-Komplex auf drei Ebenen genauer untersuchen: Gastlichkeit, Genuss-/Getränkekultur, sowie Materialität der Teeblätter, Teeutensilien und Wasser.

Mindmap mit VUE gestaltet.

Der Kulturtransfer manifestiert sich in zahlreichen Aspekten. Er entfaltet sich nämlich durch die Teeutensilien (beispielsweise im spielerischen Aspekt des „tea toys“), durch Meng-Lin Aspekte (kulturell und spirituell), im Teetisch als privater Zeit-Ort-Kontinuum (japanisches Teehaus, „Zeitloch“), in der Gastfreundschaft (absichtsloses Schenken), in der Teefreundschaft (gegenseitiger Austausch, Spontanität und Struktur), im Teetrinken am Teetisch (dem absichtslosen, d.h. nicht geschäftlicher Meng-Lin Aspekt, „tea drunk“,…) und in der Konversation (Dialog oder Polylog über kulturelle Unterschiede und Geschichten über die Objektbiographie,…).