Tag Archives: Alltagskulturen

Laura Montoya

Bogotás Ciclovía am Sonntag als Begegnungsort der sozialen Schichten

Bogotá ist die Hauptstadt von Kolumbien und mit fast 10 Millionen Menschen eine der grössten und bevölkerungsreichsten Städte der Welt. Seit 1974 werden die wichtigsten Strassen der Stadt jeden Sonntag für Autos geschlossen, und in Fahrradwege verwandelt, die sogenannte Ciclovía auf Spanisch, auf denen die Menschen 7 Stunden lang Sport treiben können.
Da Bogotá in Bezug auf die gesellschaftlichen Schichten stark differenziert ist, was zu einer grossen Diskriminierung und Klassismus führt, ist die Ciclovía einer der wenigen öffentlichen Räume, in dem Leute unterschiedlicher Schichten zusammentreffen können.

Inwieweit wird der Klassismus in Bogotá auf der Ciclovía von den NutzerInnen wahrgenommen?

Um diese Frage beantworten zu können wurde/n:

  • Eine chronologische Betrachtung der Entwicklung von Bogotá gemacht.
  • verschiedene Theorien über Raum, Körper, Macht, Biopolitik, Habitus berücksichtigt.
  • 6 Interviews durchgeführt (4 Frauen und 2 Männer zwischen 27
    und 54 Jahre alt).
  • die Arbeit mit einem Foto-Dialog ergänzt, wobei die GesprächspartnerInnen selbst zur Ciclovía gegangen sind und Fotos ihrer Perspektive aufgenommen haben.

«Ich denke, dass die Ciclovía ein Plus für die Stadt ist. Man sagt: „Bogotá hat zwar kein Meer, hat aber eine Ciclovía“. Es ist eine Anziehungspunkt von Bogotá. Die Tatsache, dass es kostenlos und frei für alle ist. Es gibt keine Einschränkungen» David

«Ich finde es ausgezeichnet, ich liebe es, und ich finde es in Kolumbien etwas merkwürdig, denn hier ist normalerweise je nach sozialer Schicht der Zugang zu guten Dingen beschränkt. Man wird klassifiziert und diskriminiert, im Allgemeinen in anderen Bereichen des Lebens, aber nicht an der Ciclovía» Bastien

Felina Imboden

Von Zeltlagern und Gottvertrauen

In den 1980er-Jahren vollzogen sich in der Gesellschaft der Schweiz viele Veränderungen. Verschiedene soziale Bewegungen wie die Umwelt-, die Frauen- oder die Jugendbewegung versuchten sich Gehör zu verschaffen, Individualität wurde wichtiger und die religiösen Werte verloren an Bedeutung.

Mitten in dieser sich verändernden Gesellschaft befand sich ein christlicher Jugendverband, der Cevi Ostschweiz, in einer Wachstumsphase. Mit diesem Verein beschäftigt sich meine Bachelorarbeit. Ich wollte herausfinden, was dem Verein zu seinem Wachstum in dieser Zeit verhalf, was er den Jugendlichen in Bezug auf die Herausforderungen ihrer Zeit bot und wie er sich selbst in der Gesellschaft verortete. Deshalb beschäftigte ich mich mit Dokumenten aus dem Archiv des Cevi Ostschweiz und mit den Gegebenheiten und dem Zeitgeist der 80er-Jahre.

Ein Schwerpunkt des Cevi war die Jungschararbeit und darin gab es ab 1986 ein neues Angebot für Jungen ab 15 Jahren, die nicht Leiter der Jungscharkinder werden wollten. Dieses Angebot war die Talentstufe. Die Jugendlichen trafen sich regelmässig, einerseits um die Jungschararbeit durch handwerkliche und kreative Arbeiten, zum Beispiel im Basteln von Requisiten oder Verkleidungen für ein Theater am Samstagnachmittag, zu unterstützen und andererseits um gemeinsam in der Bibel zu lesen, über den persönlichen Glauben zu diskutieren und Ausflüge wie Kinobesuche zu unternehmen.

Zwei Talentler der Richtung ‹Handwerk› beim Arbeitsbeginn (Bild: Cevi-Zirkel 1/1 (1987) S. 4)
«Zwei Talentler der Richtung ‹Handwerk› beim Arbeitsbeginn»
(Cevi-Zirkel 1/1 (1987), 4.)

Vielen Menschen fehlte es in den 80er-Jahren aufgrund von Veränderungen und Unsicherheiten an Orientierung und Halt. Den Buben in der Talentstufe wurde durch die regelmässigen Treffen und den christlichen Glauben ein möglicher Halt angeboten.

Die Jugendverbände befanden sich in den 80er- und 90er-Jahren in Spannungsfeldern, wovon ein zentrales dasjenige zwischen Individualität und Solidarität war. Individualität wurde in der Gesellschaft immer zentraler, gleichzeitig lebten die Jugendverbände vom Geben und Nehmen, von der Solidarität der Mitglieder. Dieses Geben und Nehmen ist in den zwei verschiedenen Zielen der Talentstufe ersichtlich. Dieses Angebot befindet sich deshalb in diesem Spannungsfeld stark auf der Seite der Solidarität. Damit half der Cevi den Jugendlichen bei einer weiteren Herausforderung, nämlich einen Platz in der Gesellschaft zu finden. Aufgrund der vielen Möglichkeiten und des Rückzugs der Menschen ins Private war dies eine schwerere Aufgabe als noch für die Generation davor. Der Cevi übertrug den Jugendlichen früh Verantwortung und liess sie konkret erleben, dass sie in der Gemeinschaft gebraucht wurden. Neben dieser Solidarität geriet die Individualität im Sinne von unverbindlichen Angeboten in den Hintergrund. Doch Individualität im Sinne von Förderung jeder einzelnen Person war im Cevi wichtig. Die Jugendlichen wurden individuell in ihren Talenten und in ihrer persönlichen Entwicklung, hauptsächlich in Zusammenhang mit dem Glauben, begleitet und gefördert.

Diese drei Punkte, Solidarität für die Gemeinschaft, individuelle Förderung und Orientierungsmöglichkeiten waren für viele Jugendliche in den 80er-Jahren aufgrund der Herausforderungen ihrer Zeit ansprechend, weshalb der Cevi Ostschweiz attraktiv war und wuchs.

Chanel Caratti

Meng-Lin Chous «Teetische» im Shui Tang Teehaus in Zürich –
eine pragmatische (empirische & theoretische) Untersuchung
zur Wahrnehmung des Kulturtransfers

Neben Wasser ist Tee das am häufigsten konsumierte Getränk der Welt. Er wird wegen seines Aromas, seines Geschmacks, seiner kulturellen Praktiken und seines gesundheitlichen Nutzens geschätzt. Tees unterscheiden sich unter anderem durch Geschmack, Aussehen und chemischer Zusammensetzung. Tee hat nicht nur materielle bzw. substantielle und kulturelle Komponenten, sondern bringt gleichzeitig die Lebensweise des Teetrinkens und der Gastfreundschaft mit sich: „Wherever and however it is taken, tea brings well-being, harmony, politeness, conviviality and hospitality.“ In dieser Bachelorarbeit untersuche ich Meng-Lin Chous „Teetisch“-Praxis. Wie werden diese von Meng-Lins Gästen erfahren und wie wird dieser von ihr erfahrbar gemacht? Diese Arbeit ist ein Versuch, die Komplexität von Meng-Lins „Teetische“ im Shui Tang Teegeschäft/haus in Zürich „einzufangen“ bzw. den Kulturtransfer, d.h. die Übertragung und Übersetzung der kulturellen Praxis des „Teetisches“ von Asien (insbesondere Taiwan) in die Schweiz zu beschreiben.

„Der Körper, das wesentliche Werkzeug des Menschen, als kulturelles und sinnliches Organ, steht auch im Hinblick auf die Frage von Trinkfertigkeit in besonderem Bezug zum Alltagsobjekt. Hier kommen Emotionen und Körpersinne (Haptik, Gustatorik, Olfaktorik) zum Tragen, ästhetisches Empfinden und Urteilskraft, das Einschätzen von Zeit, Handfertigkeit, Sorgfalt, Geschick, ein Gefühl für Material, die Orientierung in einer bestimmten, bewusst wahrgenommenen Umgebung, im Raum. […] Die Grundlage jeglicher Trinkfertigkeit sind jedoch das mit ihr verbundene praktische Wissen über die Herstellung von Getränken […], das Urteilsvermögen hinsichtlich Qualität […]. Hier begegnen wird gekonnter Handhabe von Gerätschaften und Gefässen, der Kontrolle von Temperaturen […]. Gerade hier befinden wir uns häufig in bislang kaum erforschten kulturellen Landschaften.“

Flitsch 2014, 22f.

Diese in der Vergangenheit kaum erforschten „kulturellen Landschaften“ möchte ich in Bezug auf dem „Teetisch“-Komplex auf drei Ebenen genauer untersuchen: Gastlichkeit, Genuss-/Getränkekultur, sowie Materialität der Teeblätter, Teeutensilien und Wasser.

Mindmap mit VUE gestaltet.

Der Kulturtransfer manifestiert sich in zahlreichen Aspekten. Er entfaltet sich nämlich durch die Teeutensilien (beispielsweise im spielerischen Aspekt des „tea toys“), durch Meng-Lin Aspekte (kulturell und spirituell), im Teetisch als privater Zeit-Ort-Kontinuum (japanisches Teehaus, „Zeitloch“), in der Gastfreundschaft (absichtsloses Schenken), in der Teefreundschaft (gegenseitiger Austausch, Spontanität und Struktur), im Teetrinken am Teetisch (dem absichtslosen, d.h. nicht geschäftlicher Meng-Lin Aspekt, „tea drunk“,…) und in der Konversation (Dialog oder Polylog über kulturelle Unterschiede und Geschichten über die Objektbiographie,…).