Carola Jäggi: Kunstgeschichte in Zürich

Unter Verschluss: Die letzten 50 Jahre

Carola Jäggi

Mitte der 1990er-Jahre erhielt das Kunstgeschichtliche Seminar im Zuge einer tiefgreifenden Verwaltungsreform der Universität Zürich Institutsstatus und wurde in Kunsthistorisches Institut umbenannt.[179] Bis heute umfasst dessen professoraler Lehrkörper jene sechs Professuren, die 1870 bzw. 1971–1983 geschaffen worden sind. Alle sechs Professuren – auch die drei aus Extraordinariaten hervorgegangenen Ad personam-Ordinariate von Sennhauser, Brinker und Zelger – wurden inzwischen verstetigt und verfügen über einen eigenen Mittelbau, während Sekretariat und Verwaltung nach wie vor auf Institutsebene angesiedelt sind.

Hubertus Günther auf Veneto-Exkursion
Abb. 35: Hubertus Günther auf Veneto-Exkursion, im Hintergrund die Villa Rotonda von Palladio, 2008.
Privatarchiv Hubertus Günther, Fotograf:in unbekannt.

Die Unterscheidung in Ordinariate und Extraordinariate folgt heute nicht mehr einem historisch gewachsenen Stellenplan, sondern nach der akademischen Vorgeschichte der zu berufenden Persönlichkeit. 2008 trat mit Bettina Gockel (* 1966) die erste Frau als vollamtliche Professorin für Kunstgeschichte ihre Stelle an der Universität Zürich an; sie folgte auf den 2007 altershalber ausgeschiedenen Franz Zelger auf der Professur für Geschichte der Bildenden Kunst. Die beiden traditionellen Lehrstühle von Vögelin und Rahn sind heute durch Tristan Weddigen (* 1969) und David Ganz (* 1970) besetzt: Der Lehrstuhl für Neuzeit wurde nach der Emeritierung von Emil Maurer 1982 zunächst mit Rudolf Preimesberger (* 1936) besetzt, der 1989 an die FU Berlin wechselte und in Zürich 1990 durch Hubertus Günther (* 1943; Abb. 35) ersetzt wurde, auf dessen Emeritierung (2008) 2009 Tristan Weddigen folgte.

Peter Cornelius Claussen
Abb. 36: Peter Cornelius Claussen im Juli 1990 auf Exkursion in Prag, am linken Bildrand seine damalige Assistentin Regine Abegg.
Privatarchiv Regine Abegg, Fotograf:in unbekannt.

Auf dem Lehrstuhl für Mittelalter folgte nach Altersrücktritt von Adolf Reinle (1985) Peter Cornelius Claussen (* 1944; Abb. 36), der von 1988 bis 2009 im Amt war; seine Nachbesetzung durch den heutigen Stelleninhaber David Ganz erfolgte 2013 nach einer längeren Vakanz. Der Lehrstuhl für moderne und zeitgenössische Kunst ist seit 2017 in den Händen von Bärbel Küster (* 1967); auf den 2005 emeritierten Stanislaus von Moos waren hier zunächst 2007–2011 Philip Ursprung (* 1963) und 2013–2015 Sebastian Egenhofer (* 1968) gefolgt.

In der Kunstgeschichte Ostasiens hat 2007 Hans Thomsen (* 1958) die Nachfolge des 2005 pensionierten Helmut Brinker angenommen, während auf der Professur für Kunstgeschichte des Mittelalters und Archäologie der frühchristlichen, hoch- und spätmittelalterlichen Zeit auf den 1996 pensionierten Hans Rudolf Sennhauser 1997 Georges Descœudres (* 1946; Abb. 37) folgte und 2013 – nach einer zweijährigen Vakanz – Carola Jäggi (* 1963).

Georges Descœudres auf Exkursion in Syrien
Abb. 37: Georges Descœudres auf Exkursion in Syrien, 1999.
Privatarchiv Ylva Meyer, Fotograf:in unbekannt.

Angesichts der jahrzehntelangen Geheimhaltungspflicht, der personenbezogene Dokumente unterstehen, kann die Geschichte des Kunsthistorischen Instituts seit 1980/85 erst von unseren Nachkommen geschrieben werden, möglicherweise von einer/einem der rund 620 Studierenden, die derzeit – im Herbstsemester 2020 – in einem der kunsthistorischen Studiengänge der Universität Zürich eingeschrieben sind und dafür sprechen, dass sich die Kunstgeschichte nach wie vor grosser Beliebtheit erfreut. (Abb. 38)

Die 2020 am Kunsthistorischen Institut der UZH tätigen festangestellten Professor:innen: Carola Jäggi, Bettina Gockel, Bärbel Küster, David Ganz, Hans Thomsen, Tristan Weddigen
Abb. 38: Die 2020 am Kunsthistorischen Institut der UZH tätigen festangestellten Professor:innen; v.l.o.n.r.u.: Carola Jäggi, Bettina Gockel, Bärbel Küster, David Ganz, Hans Thomsen, Tristan Weddigen.
Fotos von den jeweils Dargestellten, Collage: Daniela Hoesli.
[179] Der Prozess der Institutswerdung ist nur indirekt nachzuzeichnen. Vgl. den Akademischen Bericht 1996 bis 1997 des Kunsthistorischen Instituts der Universität Zürich, verfasst vom damaligen Institutsleiter Prof. Dr. Franz Zelger, S. 3: «Ende des vergangenen Jahres [1996? Anm. C. J.] ist die Bezeichnung ‹Kunstgeschichtliches Seminar› in ‹Kunsthistorisches Institut› umgewandelt worden. Diese Änderung ist sinnvoll und zeitgemäss. Sie entspricht den internationalen Usanzen in unserem Fach und erlaubt dem Betrieb nach aussen jenen Auftritt, der unserem Potential entspricht.» (UZH-Archiv I.001.0046_Kunstgeschichtliches Seminar_1996-97). Zur Universitätsreform der 1990er-Jahre siehe jeweils den Bericht des Rektors in den entsprechenden Jahresberichten der UZH (https://www.archiv.uzh.ch/de/editionen/jahresberichte.html).

Lizenz

150 Jahre Kunstgeschichte an der UZH Copyright © 2022 Carola Jäggi. Alle Rechte vorbehalten.

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