Carola Jäggi: Start mit Doppelspitze

Start mit Doppelspitze: Friedrich Salomon Vögelin (1837–1888) und Johann Rudolf Rahn (1841–1912) als ‹Gründerväter› der Kunstgeschichte an der Universität Zürich

Carola Jäggi

Als die Universität Zürich zum Sommersemester 1833 ihren Betrieb aufnahm, lag der Gedanke an eine Professur für Kunstgeschichte noch in weiter Ferne. Zwar besass die damals neu gegründete Zürcher Hochschule neben der Theologischen, der Staatswissenschaftlichen und der Medizinischen Fakultät auch eine Philosophische Fakultät, doch verteilten sich die dort tätigen acht Professoren auf die Bereiche Philosophie, Klassische Philologie und Altertumskunde, Geschichte, Mathematik und Naturkunde.[1] Die Kunstgeschichte erhielt – in Kombination mit Kulturgeschichte – erst 1870 eine institutionelle Verankerung, als mit Friedrich Salomon Vögelin (* 1837) und Johann Rudolf Rahn (* 1841) gleich zwei Extraordinarii für dieses Fachgebiet ernannt wurden. Dadurch, und erst recht nach der sieben Jahre später wiederum etwa gleichzeitig erfolgten Beförderung von Vögelin und Rahn zu ordentlichen Professoren, wurde die Kunstgeschichte nicht nur zu einem der personell am besten dotierten geisteswissenschaftlichen Fächer an der Universität Zürich, sondern diese auch auf einen Schlag zur führenden Hochschule für dieses Fachgebiet im deutschen Sprachraum.[2] Auch andernorts entstanden in dieser Zeit kunstwissenschaftliche Professuren, jedoch nie wie in Zürich in Doppelformation. In Deutschland war das erste Ordinariat für Kunstgeschichte 1860 an der Universität Bonn eingerichtet und mit Anton Springer, seit 1858 ebendort Extraordinarius, besetzt worden, der mit seinem Wechsel 1872 nach Strassburg und ein Jahr später (1873) nach Leipzig auch dort jeweils der Kunstgeschichte zur universitären Institutionalisierung verhalf.[3] In Österreich war es die Universität Wien, wo 1864 Rudolf Eitelberger von Edelberg, der damals schon über zehn Jahre als Extraordinarius für Kunstgeschichte und Kunstarchäologie gewirkt hatte, zum ersten ordentlichen Professor für Kunstgeschichte ernannt wurde.[4]

Blick von Südosten auf die Baustelle des Kollegiengebäudes
Abb 1: Blick von Südosten auf die Baustelle des Kollegiengebäudes, Foto vom 3. Juli 1911; im Hintergrund das 1864 errichtete Hauptgebäude der ETH, in dessen Südflügel die Universität bis zur Fertigstellung des neuen Kollegiengebäudes 1914 untergebracht war. Rechts im Mittelgrund das Gebäude der 1896 eröffneten Augenklinik, wo das Kunsthistorische Institut seit 1954 residiert.
KHIST 433 IV.13; Foto: Mediathek KHIST.

Zürich selbst war bereits 1855 Standort eines Ordinariats für Kunstgeschichte und Archäologie, doch war dieses nicht an der Universität, sondern am damals neu gegründeten Eidgenössischen Polytechnikum untergebracht und mit Jacob Burckhardt besetzt worden, was den Stellenwert, den man dem Fach dort beimass, dokumentiert.[5] Das Polytechnikum geht auf eine schon in der Helvetik formulierte Idee einer gesamtschweizerischen Meta-Universität zurück, war dann aber angesichts der Vorbehalte aus der Westschweiz auf eine technische Ausbildungsstätte redimensioniert worden, die vor allem für zukünftige Ingenieure, Architekten und Techniker aller Art gedacht war.[6] Die Kunstgeschichte war dort in der sogenannten Abteilung VI, der «philosophischen und staatswissenschaftlichen Abteilung», untergebracht, die nebst Physik und Mathematik diverse Fächer aus den Geistes- und Sozialwissenschaften umfasste.[7]

Kollegiengebäude der Universität
Abb 2: Kollegiengebäude der Universität (links), rechts davon die alte Augenklinik, ganz rechts und dahinter das Hauptgebäude der ETH, nun mit dem 1915 durch Gustav Gull angefügten Ostanbau inklusive überkuppelter Rotunde; Foto vom 12. Februar 1979.

Das Angebot richtete sich einerseits an die Studenten der eigenen fünf Fachschulen, andererseits aber auch an jene der Zürcher Universität,[8] mit der man damals auch die Räumlichkeiten teilte – zunächst im sogenannten Hinteramt in den einstigen Klausurgebäuden der Augustinerkirche am Fröschengraben (heute Bahnhofstrasse), seit 1864 im Semper’schen Schulgebäude an der Rämistrasse 101 (Abb. 1), aus dem die Universität nach Fertigstellung des neuen Kollegienhauses 1914 auszog (Abb. 2).[9] Weshalb also sollte dieses Angebot, das doch auch den Studierenden der Universität offenstand, verdoppelt, ja gar verdreifacht werden? Die Studierendenzahl an der Zürcher Hochschule war seit dem Gründungsjahr 1833 zwar sukzessive angewachsen, war mit insgesamt 275 Immatrikulierten im Jahre 1870 aber immer noch überschaubar gering, so dass hier dieses Argument, das dann in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine zunehmende Rolle bei Ausbauwünschen spielen sollte, getrost übergangen werden kann.[10]

Wichtiger dürfte die Tatsache gewesen sein, dass sich die anfänglich erspriessliche Kohabitation der beiden Hochschulen in Zürich im Laufe der 1860er-Jahre zusehends verschlechterte, sprich: die Zugänglichkeit der Polytechnikum-Kurse für Universitätsangehörige sukzessive eingeschränkt wurde.[11] Allerdings hatte die Philosophische Fakultät I der Zürcher Universität, die seit Inkrafttreten des neuen Unterrichtsgesetzes von 1859 nur noch die Geistes- und Sozialwissenschaften umfasste, schon 1862 auf Nachfrage des damals liberalen Erziehungsrates, welche neuen Lehrfächer und Lehrkräfte sie zur «Hebung der Hochschule» einzuführen wünsche, neben Ordinariaten für Schweizergeschichte und vergleichende Sprachkunde einen Lehrstuhl der Kunstarchäologie genannt, ausserdem Professuren für die romanischen Sprachen und Literaturen – «wegen der heimischen Sprachverhältnisse».[12] Damit nahm sie Bezug auf das bereits genannte neue Unterrichtsgesetz von 1859, in dem in Blick auf den Hochschulunterricht explizit eine stärkere Berücksichtigung der «Erfordernisse der Gegenwart» und der «besonderen Bedürfnisse der Schweiz» gefordert wurde.[13] Die Umsetzung dieser Wünsche erfolgte allerdings erst, nachdem sich das politische Seilziehen zwischen Liberalen und Demokraten zugunsten letzterer entschieden und der demokratische Erziehungsdirektor Kaspar Sieber 1869 sein Amt angetreten hatte.[14] Im März 1870 stellte Sieber beim Regierungsrat den Antrag auf Einrichtung von vier neuen Universitätsprofessuren mit der Begründung, «einige Zweige der Wissenschaft, die theils durch Bedürfnisse der Gegenwart hervorgerufen sind […], theils bei der Verbindung der Lehramtsschule mit der Hochschule unentbehrlich erscheinen», seien «bis jetzt […] an unserer Hochschule gar nicht oder doch in ungenügender Weise vertreten».[15]

Porträt von Friedrich Salomon Vögelin, Daguerreotypie, undatiert (ca. 1857).
Abb 3: Porträt von Friedrich Salomon Vögelin, Daguerreotypie, undatiert (ca. 1857).
ZBZ, Graphische Sammlung AWP 500:21; Foto: ZBZ.
Porträt von Friedrich Salomon Vögelin, undatiert (ca. 1885).
Abb 4: Porträt von Friedrich Salomon Vögelin, undatiert (ca. 1885).
UZH-Archiv AB.1.1052; Foto: UZH-Archiv.

Unter den wünschenswerten «Lehrstellen» nannte Sieber auch explizit eine «für Culturgeschichte und insbesondere Kunstgeschichte». Diese wurde im April 1870 vom Regierungsrat bewilligt, im Mai desselben Jahres ausgeschrieben und im August mit Friedrich Salomon Vögelin (Abb. 3 und 4), einem «Gesinnungsgenossen» von Sieber, besetzt.[16] Vögelin war zu diesem Zeitpunkt Pfarrer in Uster, woher ihn Sieber kannte, der vor seinem Wechsel in die Erziehungsdirektion in Uster als Sekundarlehrer gewirkt hatte.[17] Der 1837 in Zürich geborene Vögelin hatte 1857–1861 in Basel und Zürich Theologie studiert und im April 1861 sein Studium in Zürich mit der Ordination zum Pfarrer abgeschlossen.[18]

Abb 5: Jacob Burckhardt, der 1858 seinen Lehrstuhl am Polytechnikum in Zürich zugunsten eines Ordinariats für Geschichte in Basel aufgab, aber offenbar auch während seiner Zürcher Zeit regelmässig in Basel gelehrt hatte, bescheinigte Vögelin für den Besuch der Lehrveranstaltung «Erklärung der Gÿpsabgüße» im Wintersemester 1857/58 «unausgesetzten Besuch». Der entsprechende Eintrag findet sich unmittelbar über dem Block zum Wintersemester 1857/58, bezieht sich also auf das Sommersemester 1857; Detail aus dem Basler Testatbuch von F. S. Vögelin.
Nachlass Vögelin, ZBZ Ms. T.159.1; Foto: Carola Jäggi.

Insbesondere in Basel hatte er neben theologischen Lehrveranstaltungen regelmässig Vorlesungen und Übungen aus Nachbardisziplinen besucht, unter anderem bei Jacob Burckhardt (Abb. 5), dessen kulturhistorischer Ansatz ihn nach eigener Aussage nachhaltig prägte.[19] Als frisch ordinierter Theologe war Vögelin 1861/2 durch Deutschland und Italien gereist, hatte an den Universitäten Heidelberg und Berlin an kunsthistorischen Lehrveranstaltungen teilgenommen und in Florenz und Rom die Werke der Antike und der Renaissance studiert.[20] Frucht seiner Italienreise war ein Aufsatz Über die neuentdeckte Katakombe San Callisto in Rom, der 1863 – ein Jahr später als seine Beiträge zu Glasgemälde[n] aus der Schweiz im Berliner Museum und zum Kloster Rüti – erschien.[21] Zurück in der Schweiz, nahm er gegen Ende des Jahres 1862 eine Pfarrverweserstelle in Uster an, die 1864 in eine volle Pfarrstelle umgewandelt wurde.[22] Mit seinen theologischen Positionen stiess Vögelin bei seinen Pfarrkollegen in Zürich und Umgebung zunehmend auf Kritik, wohl begünstigt durch sein politisches Engagement für die radikaldemokratische Bewegung, deren Interessen er seit 1869 im Kantonsrat vertrat.[23] Gründe genug also für eine berufliche Umorientierung, die Vögelin 1869 gemeinsam mit Sieber in die Wege geleitet haben dürfte. In diesem Zusammenhang muss auch Vögelins Vortragsreihe zu Raffael gesehen werden, durchgeführt im Winter 1869/70 in Zürich «vor gemischtem, sehr zahlreichem Publikum» und wohl gezielt dazu gedacht, den Referenten als Kunsthistoriker zu positionieren.[24] Seine Vorstellungen zur Kulturgeschichte und insbesondere zur Bedeutung der Kunst als «populäre Übersetzung» religiöser, politischer und sozialer Weltanschauungen hatte Vögelin bereits 1868 in einem in Basel gehaltenen Vortrag über Die Religion im Spiegel der Kunst dargelegt.[25] In seinem Bewerbungsschreiben auf die im Mai 1870 ausgeschriebene Zürcher Professur betonte Vögelin dann erneut, «dass die Geschichte überhaupt auf die Kulturgeschichte insbesondere nicht ohne Beiziehung der Kunstdenkmäler betrieben werden» könne, da sich in diesen «der Geist einer Zeit» meist viel bestimmter ausspreche «als im bloßen Worte».[26] Primär gehe es darum, den Studierenden die «richtige wissenschaftliche Methode» zu vermitteln und sie für das Wichtige zu sensibilisieren. Dazu eigne sich die Kulturgeschichte der Schweiz aufgrund des überblickbaren Umfangs bei gleichzeitigem «innern Reichthum» geradezu prototypisch. Er erinnert daran, dass die Zürcher Uni vor allem für Landeskinder gedacht sei, denen die Kulturgeschichte «zur Heimatkunde im höhern geschichtlichen Sinne» werden solle.[27] Damit lag Vögelin ganz auf der Linie der demokratischen Bildungspolitik, die eine breite Volksbildung anstrebte und nicht zuletzt für die Volksschul- und Sekundarlehrer, für die 1869 an der Zürcher Universität eine eigene Lehramtsschule eingerichtet worden war, eine solide Ausbildung forderte.[28]

Ernennungsurkunde von Friedrich Salomon Vögelin zum ausserordentlichen Professor für Cultur- und Kunstgeschichte an der Universität Zürich
Abb 6: Ernennungsurkunde von Friedrich Salomon Vögelin zum ausserordentlichen Professor für Cultur- und Kunstgeschichte an der Universität Zürich, ausgestellt am 24. August 1870.
Nachlass Vögelin, ZBZ Ms. T.159.2; Foto: ZBZ.

Am 13. August 1870 wurde Vögelin vom Zürcher Regierungsrat zum Extraordinarius für Kultur- und Kunstgeschichte berufen «mit der Verpflichtung zu Vorlesungen von wenigstens 4 bis 6 wöchentlichen Stunden sowie zu besonderer Bethätigung an historischen Uebungen, an der Lehramtsschule, & für die historische Fortbildung der Volksschullehrer, gegen einen [sic] außer den gesetzlichen Collegiengeldern zweitausend Franken & eintausend Franken Zulage betragenden Jahresgehalt» und – auf eigenen Wunsch Vögelins – befristet auf sechs Jahre, ganz im Sinne seiner demokratischen Grundüberzeugung, die das Prinzip der Lebenslänglichkeit auch für Universitätslehrerstellen ablehnte.[29] (Abb. 6) Auf die ausgeschriebene Professur hatte sich nur ein weiterer Kandidat, «ein gewisser Dr. Lemcke aus Heidelberg», beworben, Extraordinarius für Ästhetik und deutsche Literaturgeschichte an der Universität Heidelberg und Verfasser einer 1867 bereits in Zweitauflage erschienenen Populäre[n] Ästhetik, der von der Fakultät jedoch disqualifiziert wurde, da er die Kulturgeschichte nicht abdecke und deshalb die Anforderungen der zu besetzenden Stelle nur teilweise erfülle.[30] Fünfzehn Studierende aus allen Fakultäten hatten zudem im Mai 1870 beim Erziehungsrat eine Petition eingereicht und darin in Hinblick auf die ausgeschriebene Professur ein Wort für ‹ihren› Dozenten «Dr. Rudolf Rahn» eingelegt.[31]

Der 1841 in Zürich geborene Rahn (Abb. 7 und 8) hatte 1866 an der Philosophischen Fakultät der Zürcher Universität «die allererste schweizerische kunsthistorische Dissertation»[32] eingereicht und war im Dezember 1868 ebendort habilitiert worden.

Doktordiplom von Johann Rudolf Rahn, 1866.
Abb. 9: Doktordiplom von Johann Rudolf Rahn, 1866.
ZBZ, Graphische Sammlung, Varia Diplome: Einzel. Person, Rahn III 17; Foto: ZBZ.

Nach ersten Studienerfahrungen (ab Wintersemester 1860/61) in seiner Heimatstadt, wo er vor allem bei Wilhelm Lübke und Gottfried Semper am Eidgenössischen Polytechnikum hörte, ist Rahn 1863 nach Bonn gewechselt und hat dort bei Anton Springer seine Dissertation Über den Ursprung und die Entwicklung des christlichen Central- und Kuppelbaus begonnen, die er anschliessend – 1864/5 – in Berlin und Dresden niederschrieb und 1866 – bereits publiziert – in Zürich einreichte.[33] (Abb. 9)

Rom, Casa dei Crescenzi, Bleistiftzeichnung von Johann Rudolf Rahn
Abb. 10: Rom, Casa dei Crescenzi, Bleistiftzeichnung von Johann Rudolf Rahn, datiert 29. Januar 1867 und beschriftet: «Haus des Pilatus (Cola di Rienzi-Crescentius) bei Ponte Rotte, Rom». Nicht selten hat sich Rahn – wie auch auf dieser Zeichnung – selbst als Zeichner mit ins Bild gebracht.
ZBZ, Graphische Sammlung Rahn La, 214; https://doi.org/10.7891/e-manuscripta-46405 (aufgerufen am 25. Mai 2022).

Unmittelbar nach der Promotion im Oktober 1866 reiste er nach Italien, wo er sich zunächst einige Monate in Rom aufhielt und endlich jene Monumente zu sehen bekam, über die er in seiner Dissertation auf der Basis von Sekundärliteratur gearbeitet hatte.[34] (Abb. 10) Die Rückreise nach Zürich führte ihn 1867 über Ravenna, dessen Baudenkmäler ihn offenbar besonders beeindruckten. Es folgte die Mitarbeit an der Neuauflage von Carl Schnaases Geschichte der bildenden Künste, für die er als Spezialist für «altchristliche» Kunst engagiert worden war. Gleichzeitig publizierte Rahn einen Aufsatz über seinen Besuch in Ravenna und die dortigen Monumente sowie einige Miszellen zu Schweizer Kunstdenkmälern, stets begleitet von eigenen Zeichnungen, mit denen er das Gesehene und Erlebte dokumentierte.[35] Seine Habilitation inklusive Ernennung zum Privatdozenten «für das Fach der Kunstgeschichte, insbesondere des Mittelalters» erfolgte im Dezember 1868 auf Basis einer Probevorlesung, die sich mit dem Thema Rom als Ausgangspunkt für die kirchliche Architektur des Occidents und Orients wiederum der sogenannten byzantinischen Frage annahm, welche Rahn schon ins Zentrum seiner Dissertation gestellt hatte.[36] Dass der konservative, tief im Zürcher Patriziat verankerte Rahn in derselben Regierungsratssitzung vom 13. August 1870, an der die Wahl Vögelins zum Extraordinarius für Kultur- und Kunstgeschichte vollzogen wurde, «in Anerkennung» seiner «bisherigen akademischen Lehrthätigkeit» ebenfalls zum Extraordinarius «an der philosophischen Faktultät, Sektion I der Hochschule», ernannt wurde, muss als kluger politischer Schachzug bezeichnet werden.[37] Allerdings war dies kein volles Extraordinariat, wie bisweilen zu lesen ist, sondern zunächst eine Anstellung ohne Gehalt, so dass Rahn aus seinem Universitätsjob einzig die sogenannten Kollegiengelder, d. h. die Direktabgaben der Hörer:innen für die von ihnen besuchten Veranstaltungen, einnahm und ansonsten vom eigenen Vermögen oder jenem seiner Frau gelebt haben muss.[38] Erst Anfang 1873 erhielt Rahn eine jährliche Besoldung von 1’000 Franken zugesprochen – bei gleichzeitiger Festlegung der Lehrverpflichtung auf zwei Wochenstunden.[39] Dieses Ungleichgewicht in Bezahlung und Lehrdeputat scheint auch dann noch fortbestanden zu haben, als die beiden Extraordinarii 1877 zu ordentlichen Professoren befördert wurden.

Abb. 11: Ernennungsurkunde von Friedrich Salomon Vögelin zum ordentlichen Professor für Kultur- und Kunstgeschichte an der Universität Zürich, ausgestellt am 13. Oktober 1876.
Nachlass Vögelin, ZBZ Ms. T.159.2; Foto: ZBZ.

Die Beförderung des «Herrn Salomon Vögelin von Zürich, der Zeit außerordentlicher Professor für Kultur und Kunstgeschichte an der philosophischen Facultät I. Section der Hochschule, zum ordentlichen Professor für sechs Jahre mit der Verpflichtung zu Vorlesungen von wenigstens zehn bis zwölf wöchentlichen Stunden, ferner zu besonderer Bethätigung bei historischen Uebungen an der Lehramtsschule & bei der historischen Fortbildung der Volksschullehrer gegen einen außer den gewöhnlichen Collegiengeldern Frs. 4’500.- betragenden Jahresgehalt» (Abb. 11) wurde im Oktober 1876, mit Ablauf von Vögelins erster sechsjähriger Amtszeit, beschlossen, «jedoch in der Meinung, dass dieses neue Verhältnis erst auf Ostern 1877 in Kraft trete».[40] Bei Rahn erfolgte die Beförderung erst ein halbes Jahr später, im Herbst 1877, und zwar auf Antrag der Fakultät «in Anerkennung seiner Verdienste um die Wissenschaft und seiner Wirksamkeit als akademischer Lehrer»; allerdings ging es bei Rahn lediglich um «Titel, Rang und Befugnisse eines ordentlichen Professors», ohne dass damit eine Erhöhung der bereits 1873 gewährten 1’000 Franken Jahresbesoldung verbunden gewesen wäre.[41] Eine Anhebung des jährlichen Einkommens auf 2’000 Franken erfolgte bei Rahn erst 1882 – im Vergleich zu Vögelin immer noch eine bescheidene Entlohnung.[42] Möglicherweise war dies auch mit ein Grund, weshalb Rahn 1883 zusätzlich zu seiner Universitätsprofessur die Professur für Kunstgeschichte am Polytechnikum annahm; die Tatsache jedenfalls, dass sich Rahns jährliches Ruhegehalt ab 15. Oktober 1912 aus 1’000 Franken vom Kanton «unter Verdankung der geleisteten Verdienste» an der Universität und 4’000 Franken «von der eidgenössischen technischen Hochschule» zusammensetzen sollte, lässt annehmen, dass Rahns Tätigkeit am Polytechnikum wesentlich einträglicher war als seine Professur an der Universität.[43] Leider starb Rahn, bevor diese Ruhegehaltsregelung in Kraft treten konnte.

[1] Wyss, Georg von: Die Hochschule Zürich in den Jahren 1833–1883. Festschrift zur fünfzigsten Jahresfeier ihrer Stiftung, Zürich 1883, S. 18–20 und 31; Gagliardi, Ernst/Strohl, Jean: Die Universität Zürich 1833–1933, in: Die Universität Zürich 1833–1933 und ihre Vorläufer. Festgabe zur Jahrhundertfeier, hrsg. v. Erziehungsrat des Kantons Zürich, bearbeitet von Ernst Gagliardi, Hans Nabholz und Jean Strohl, Zürich 1938, S. 165–920, hier S. 217–371. Die zitierten Bereiche innerhalb der damaligen Philosophischen Fakultät sind dem Vorlesungsverzeichnis vom Wintersemester 1833/34 entnommen https://www.histvv.uzh.ch/vv/1833w.html (aufgerufen am 25. Mai 2022).
[2] Vgl. die Aufstellung der kunsthistorischen Lehrkräfte im deutschsprachigen Raum bei Kraus, Franz Xaver: Über das Studium der Kunstwissenschaft an deutschen Hochschulen, Strassburg/London 1874, S. 12, Anm. 1; nur München und Wien waren ebenfalls doppelt besetzt, allerdings nicht mit zwei Ordinarien.
[3] Dilly, Heinrich: Kunstgeschichte als Institution. Studien zur Geschichte einer Disziplin, Frankfurt a. M. 1979, S. 240f.; Rössler, Johannes: Universitäre Kunstgeschichte um 1864. Anton Springer als Lehrer Johann Rudolf Rahns, in: ZAK 69, Heft 3+4 (2012), S. 285–289; zuletzt Wolter-von dem Knesebeck, Harald: Anton Springer in Bonn – sein Weg zur ersten ordentlichen Professur für Kunstgeschichte, in: Das Kunsthistorische Institut in Bonn, hrsg. v. Roland Kanz, Berlin/München 2018, S. 82–104.
[4] Kernbauer, Eva et al.: Zur Einleitung: Drei Institutionen blicken auf ihren Gründer, in: Rudolf Eitelberger von Edelberg. Netzwerker der Kunstwelt, hrsg. v. Eva Kernbauer et al., Wien/Köln/Weimar 2019, S. 15–32, bes. S. 16–19.
[5] Zur Tätigkeit Burckhardts am Polytechnikum siehe Tschanz, Martin: Die Bauschule am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich. Architekturlehre zur Zeit von Gottfried Semper (1855–1871), Zürich 2015, S. 152–158.
[6] Oechsli, Wilhelm: Geschichte der Gründung des Eidg. Polytechnikums mit einer Übersicht seiner Entwicklung 1855–1905, Frauenfeld 1905, S. 3–17; Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 472f. und 611–617; Wyss, Beat: Die Institutionalisierung der Kunstgeschichte in der Schweiz, in: Unsere Kunstdenkmäler 38, Heft 3 (1987), S. 382–398, hier S. 386f.; Tschanz 2015 (wie Anm. 5), S. 10–14.
[7] Tschanz 2015 (wie Anm. 5), S. 11–14 und 153.
[8] Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 474f.; Reinle, Adolf: Der Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der Universität Zürich bis 1939, in: Kunstwissenschaft an Schweizer Hochschulen 1. Die Lehrstühle der Universitäten in Basel, Bern, Freiburg und Zürich von den Anfängen bis 1940. Beiträge zur Geschichte der Kunstwissenschaft in der Schweiz 3, hrsg. v. Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft (= Jahrbuch des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft 1972/73), Zürich 1976, S. 71–88, hier S. 73 und 78.
[9] Wyss 1883 (wie Anm. 1), S. 73f.; Meyer von Knonau, Gerold: Die Universität Zürich in den Jahren 1883–1913, in: Universität Zürich. Festschrift des Regierungsrates zur Einweihung der Neubauten 18. April 1914, Zürich o. J. [1914], S. 9–100, hier S. 14–29; Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 243f., 475–477 und 761–830. Zum ersten Universitätsstandort im sog. Hinteramt auf dem Gelände des ehemaligen Augustinerklosters zuletzt Abegg, Regine/Barraud Wiener, Christine: Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, N. A. Bd. II.1: Die Stadt Zürich II.1. Altstadt links der Limmat, Sakralbauten, Bern 2002, S. 208f. und Abb. 221 auf S. 190. Zum Kollegiengebäude der Universität Zürich und zum ETH-Hauptgebäude, beide an der Rämistrasse, zuletzt Crottet, Regula/Grunder, Karl/Rothenbühler, Verena: Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, N. A. Bd. VI: Die Stadt Zürich VI: Die Grossstadt Zürich 1860–1940, Bern 2016, S. 194–201 und 203–212.
[10] Die Gesamtzahl von 275 bezieht sich auf das Sommersemester 1870, davon entfielen 49 auf die Philosophische Fakultät; Bericht des akademischen Senates über die Wirksamkeit der Universität Zürich, von Ostern 1870 bis Ostern 1871 (StAZH Z 70.3092, S. 363). Vgl. auch Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 471. Zur Argumentation mit Studierendenzahlen für den Ausbau der Kunstgeschichte an der Universität Zürich siehe den einleitenden Beitrag von Carola Jäggi in diesem Band.
[11] Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 479–481 sowie Anm. 2 auf S. 649f. und Anm. 1 auf S. 650f. Ebd. auf S. 484 Hinweis auf die in den 1860er-Jahren einsetzende langsame Entflechtung und Eigenprofilierung der beiden Zürcher Hochschulen.
[12] Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 642. Vgl. auch Wyss 1883 (wie Anm. 1), S. 71 und 93.
[13] Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 606–608.
[14] Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 622–640.
[15] StAZH U 94.1.11. Vgl. Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 643–645; Reinle 1976 (wie Anm. 8), S. 73.
[16] Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 646. Vgl. auch Reinle 1976 (wie Anm. 8), S. 74f.
[17] Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 728.
[18] Alle biographischen Angaben zu Vögelin aus Betulius, Walter: Friedrich Salomon Vögelin, 1837–1888. Sein Beitrag zum schweizerischen Geistesleben in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Winterthur 1956. Vgl. Reinle 1976 (wie Anm. 8), 75 und Abegg, Regine: Gemeinsam für die Schweizer Kunst und Kunstgeschichte – Friedrich Salomon Vögelin und Johann Rudolf Rahn, in: ZAK 69, Heft 3+4 (2012), S. 259–268, bes. S. 261. Derzeit ist bei Prof. Dr. David Ganz, Universität Zürich, eine Dissertation von Tadej Tassini zu Vögelin in Arbeit.
[19] Zeugnisse und weitere Belege aus der Studienzeit im Nachlass Vögelin (ZBZ Ms. T.159.1). Eine im Sommer 1858 nachträglich aus dem Gedächtnis aufgezeichnete Mitschrift Vögelins von Burckhardts «Erkleerung der Gipsabgüsse der Antiken im Museum zu Basel» findet sich im Nachlass Vögelin (ZBZ Ms. T.316.1). Zum Einfluss von Burckhardt auf Vögelin s. Reinle 1976 (wie Anm. 8), S. 76.
[20] Zu Vögelins Studien in Heidelberg und Berlin s. die entsprechenden Zeugnisse im Nachlass Vögelin (ZBZ Ms. T.159.1–2).
[21] Vögelin, [Friedrich] S[alomon]: Glasgemälde aus der Schweiz im Berliner Museum, in: ASA 8, Heft 2 (1862), S. 37f. und Heft 3, S. 57–60; Ders.: Das Kloster Rüti. Stiftung der Freiherren von Regensberg und Grabstätte der Grafen von Toggenburg, in: MAGZ 14, Heft 2, 1862; Vögelin, Salomon, Sohn: Ueber die neuentdeckte Katakombe San Calisto zu Rom. Vortrag, gehalten in der Antiquarischen Gesellschaft zu Zürich, 15. November 1862 (Neues schweizerisches Museum Bd. 2), Bern 1863, S. 142–175. Ein ausführliches Verzeichnis von Vögelins Schriften findet sich in Betulius 1956 (wie Anm. 18), S. VI–XII.
[22] StAZH MM 2.163 RRB 1864/0081.
[23] Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 645.
[24] Betulius 1956 (wie Anm. 18), S. 89.
[25] Dieser Vortrag wurde unter demselben Titel und dem Untertitel Vortrag, gehalten in der Akademischen Aula in Basel den 2. März 1868 gedruckt in Winterthur 1868. Vgl. Betulius 1956 (wie Anm. 18), S. 91.
[26] StAZH U 109. 2, Teil 2; die zitierte Passage findet sich auf S. 6. Vgl. Reinle 1976 (wie Anm. 8), S. 76. Vgl. auch Vögelins Brief «an seine Studiengenossen» vom 30. September und 1. Oktober 1871, in dem er schreibt, dass ihm im Zusammenspiel mit Rahn «die allgemeine Betrachtung der Kunst unter dem kulturgeschichtlichen Gesichtspunkt» bleibe und die Aufgabe zukomme, «die noch so sehr schwankende und wenig bebaute Kulturgeschichte zu einem akademischen Fach abzurunden» (ZBZ Ms. T 311. 268, Nachlass Vögelin), hier zitiert nach Betulius 1956 (wie Anm. 18), S. 95.
[27] StAZH U 109. 2 (Teil 2), S. 6. Vgl. Reinle 1976 (wie Anm. 8), S. 76.
[28] Vgl. Betulius 1956 (wie Anm. 18), S. 112f. Zu Vögelins Überzeugung, «die Massenbildung» fördern zu müssen, s. den Nachruf von W. Oechsli in der NZZ, Nr. 305, 31. Oktober 1888, zitiert in Betulius 1956 (wie Anm. 18), S. 91. Vgl. auch Hauser, Andreas: Provinzialität als Stärke. Rahns Konstruktion einer anti-elitären Schweizer Kunst, in: ZAK 69, Heft 3+4 (2012), S. 241–252, hier S. 245f. Zur Lehramtsschule s. Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 625 und 641. 1880 ging die Lehramtsschule in der Universität auf; Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 740f.
[29] StAZH MM 2.189 RRB 1870/1856, S. 378f. und StAZH MM 2.189 RRB 1870/1940, S. 499f., weitere Dokumente – darunter auch Vögelins Brief vom 20. August 1870 mit der Bitte, die Amtsdauer auf sechs Jahre zu befristen, und seine ausführlichen Rechenschaftsberichte zu Ablauf der jeweils sechsjährigen Amtszeiten – finden sich im StAZH U 109.4.26. Der dem RRB vom 13. August 1870 zugrundeliegende Beschluss der Direction des Erziehungswesens des Kantons Zürich vom 10. August 1870 findet sich im StAZH U 94.1.11, die entsprechende Ernennungsurkunde vom 24. August 1870 im Nachlass Vögelin, ZBZ Ms. T.159.2. Zu den Argumenten der Fakultät, wieso Vögelin nicht schon 1870 zum Ordinarius ernannt wurde, s. das bei Reinle 1976 (wie Anm. 8), S. 74 zitierte Fakultätsgutachten vom 24. Juli 1870 im StAZH U 109.2 (Teil 1).
[30] Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 646 (Zitat); Reinle 1976 (wie Anm. 8), S. 73f. Das Bewerbungsschreiben von Lemcke und das Fakultätsgutachten vom 24. Juli 1870 zu Lemcke und Vögelin finden sich im StAZH U 109.2 (Teil 1).
[31] StAZH 109.4.27; unter den Unterzeichnern sind neun Theologen, drei Philosophen, ein Mediziner, ein Jurist und ein nicht zuweisbarer Student. Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 645, Anm. 1; Reinle 1976 (wie Anm. 8), S. 74.
[32] Tavel, Hans Christoph von/Vignau-Wilberg, Peter: Beiträge zur Geschichte der Kunstwissenschaft in der Schweiz 3, in: Kunstwissenschaft an Schweizer Hochschulen 1976 (wie Anm. 8), S. 6f., hier S. 7.
[33] Rahn hat seine Dissertation seinen «hochverehrten Lehrern, dem Herrn Dr. Wilhelm Lübke, Professor der Kunstgeschichte am königl. Polytechnicum zu Stuttgart, und dem Herrn Dr. Anton Springer, Professor der Kunstgeschichte an der königl. Preuss. Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn dankbar gewidmet»; Rahn, J[ohann] Rudolf: Über den Ursprung und die Entwicklung des christlichen Central- und Kuppelbaus, Leipzig 1866, Vorsatzblatt. Alle biographischen Angaben aus Isler-Hungerbühler, Ursula: Johann Rudolf Rahn. Begründer der schweizerischen Kunstgeschichte, Zürich 1956, und aus den verschiedenen Beiträgen in der ZAK 69, Heft 3+4 (2012), die anlässlich von Rahns 100. Todestag erschien. Vgl. auch Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 735; Reinle 1976 (wie Anm. 8), S. 77f. sowie die diversen Nachrufe auf Rahn, insbesondere jene von Gerold Meyer von Knonau und Josef Zemp (vgl. Anm. 62, 75 und 98 in diesem Beitrag).
[34] Über Rahns Italienreise ausführlich Mondini, Daniela: Rahn in Rom und Ravenna. Arbeit an der «byzantinischen Frage» und an der eigenen Karriere, in: ZAK 69, Heft 3+4 (2012), S. 290–306.
[35] Rahn, J[ohann] Rudolf: Ein Besuch in Ravenna, in: Jahrbücher für Kunstwissenschaft 1 (1868), S. 163–182 und 273–321. Zu Rahn als Zeichner siehe Isler-Hungerbühler 1956 (wie Anm. 33), S. 107–129; Reinle 1976 (wie Anm. 8), S. 77f.; Mondini, Daniela: Johann Rudolf Rahn – Zum 100. Todesjahr. Einführung, in: ZAK 69, Heft 3+4 (2012), S. 237–240, hier S. 238; Wagner, Filine: Johann Rudolf Rahns Blick auf das frühchristliche und mittelalterliche Rom: Katalog der Zeichnungen von Architektur, Bauskulptur und -ornamentik, in: ZAK 69, Heft 3+4 (2012), S. 307–314; Hesse, Jochen: «Zeichnen ist nun mal meine Lust» – Das Bildarchiv Johann Rudolf Rahns, in: ZAK 69, Heft 3+4 (2012), S. 315–336.
[36] Alle Dokumente im Zusammenhang mit Rahns Habilitation und seiner Ernennung zum Privatdozenten finden sich im Nachlass Rahn (ZBZ FA Rahn 1470z) und im StAZH U 109.6.45. Das erste Zitat stammt aus dem vom Conrad Bursian am 5. Dezember 1868 verfassten «Gutachten der ersten Section der philosophischen Facultät der Hochschule über das Habilitationsgesuch des Herrn Dr. phil. J. Rudolf Rahn» (StAZH U 109.6.45). Die von der Fakultät am 23. Dezember 1868 beantragte Venia lautete dann lediglich auf «Kunstgeschichte»; vgl. das von Conrad Bursian erstellte «Gutachten der I Section der philos. Facultät über die Probevorlesung des Herrn Dr. phil. J. R. Rahn» (StAZH U 109.6.45).
[37] StAZH MM 2.189 RRB 1870/1856, S. 379f. Vgl. Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 647 und 735.
[38] Für seine Lehre im WS 1869/70 erhielt Rahn, der damals noch Privatdozent war, vom Regierungsrat am 25. April 1870 eine Gratifikation von 200 Franken zugesprochen (StAZH MM 2.188 RRB 1870/0914 und ZBZ FA Rahn 2470a). Vgl. auch die «Bestimmung v. Gratifikat. für d. nicht besoldeten Professoren u. Dozenten d. Hochschule u. v. Entschädig. f. d. v. d. Lehramtschule bethätigten Dozenten» vom 6. Mai 1871 (StAZH MM 2.192 RRB 1871/0940. 1876/7) betrugen die Kollegiengelder pro Hörer:in und «Collegium» 10 Franken; bei Rahn waren dies in dieser Zeit in zwei «Collegien» jeweils vier Personen, also 40 Franken bzw. abzüglich der Einzugsgebühr von 2% jeweils 38.20 Franken; die entsprechenden Rechnungen bzw. Auszahlungsanweisungen finden sich im Nachlass Rahn (ZBZ FA Rahn 1470.za.3).
[39] Vgl. den «Beschluß (des Regierungsrats) betr. d. Erhöhung d. Besoldungen an d. kant. Lehranstalten» vom 26. April 1873 (StAZH MM 2.200 RRB 1873/1005). Vgl. auch die entsprechenden Dokumente im Nachlass Rahn (ZBZ FA Rahn 2470a).
[40] Die betreffende Urkunde befindet sich im Nachlass Vögelin (ZBZ Ms. T.159.2), der Entwurf dazu im StAZH U 109.4.26. Im selben Monat, in dem Vögelin von der Beförderung zum ordentlichen Professor erfuhr, beantragte er seine Entlassung aus dem Schuldienst des Lehrerseminars in Küsnacht; vgl. Nachlass Vögelin (ZBZ Ms. T.159.2).
[41] Vgl. den Antrag des Erziehungsrates an den Regierungsrat vom 15. September 1877 und den entsprechenden Regierungsratsbeschluss (StAZH U 109.4.27 und StAZH MM 2.217 RRB 1877/1614). Die Beförderung erfolgte explizit als Anerkennung für Rahns Geschichte der bildenden Künste in der Schweiz: «Der Erziehungsrath findet sich in Uebereinstimmung mit der Ansicht der Fakultät, es möchte der gegenwärtige Zeitpunkt, da der letzte Band dieser Arbeit des Hrn. Rahn die Presse verlassen, der geeignete sein, dem Verfasser die Anerkennung der Behörde in genannter Form auszusprechen.» Vgl. auch den Antrag der Fakultät auf Übertragung des Titels und der Befugnisse eines ordentlichen Professors an Rahn vom 10. August 1877 (StAZH U 109.4.27).
[42] In dem am 14. Juni 1870 gestellten Antrag der Erziehungsdirektion an den Regierungsrat auf Erhöhung von Rahns Gehalt wird darauf verwiesen, dass Rahn selbst auf das Ungleichgewicht in der Besoldung hingewiesen hatte, unter anderem mit dem Argument, «dass die Notwendigkeit unablässiger Forschungsreisen zu eigner Anschauung des wissenschaftlichen Materials und die Anschaffung eines ungewöhnlich kostspieligen Apparates von bibliothekarischen und artistischen Hilfsmitteln ihm Opfer auferlegen, die den Betrag der verabreichten Besoldung weit übersteigen». Der Erziehungsrat hatte selbst bereits mehrfach angemerkt, «dass die bisherige Jahresbesoldung von 1’000frs. der hervorragenden Tätigkeit des Herrn Prof. Rahn auf dem Gebiete der historischen Kunst nicht angemessen sei», doch habe die Behörde «[i]n Anbetracht des Umstandes […], dass unsre Hochschule darauf verzichten muss, auch einen zweiten Lehrstuhl der Kunstgeschichte mit einer vollen Besoldung auszustatten, […] bisher unterlassen, eine Veränderung in den bisherigen Veränderungen von sich aus zu veranlassen», weshalb der Erziehungsrat die Verdoppelung der bisherigen Bezüge auf 2’000 Franken beantragte (StAZH U 109.4.27). Vgl. auch ZBZ, FA Rahn 2470a.
[43] Der RRB vom 21. März 1912 und der zugrundeliegende Antrag der Erziehungsdirektion finden sich im StAZH U 109.4.27; vgl. StAZH MM 3.26 RRB 1912/0612 und ZBZ FA Rahn 1470.z.5. Genau rekonstruieren lässt sich die Zusammensetzung von Rahns Einkommen nicht; im Nachlass Rahn in der ZBZ (FA Rahn 2470a) findet sich ein Dokument vom 12. Oktober 1899, mit dem Rahn der regierungsrätliche Bescheid kommuniziert wurde, ihm rückwirkend zum 1. Oktober 1899 einen Jahressold von 1’500 Franken zu gewähren. Vermutlich war Rahn mit Aufnahme seiner Tätigkeit am Polytechnikum der Lohn an der Universität auf 1’000 Franken zurückgekürzt worden. Zur Tätigkeit Rahns am Polytechnikum s. Wyss 1883 (wie Anm. 1), S. 99; Gagliardi/Strohl 1938 (wie Anm. 1), S. 735.

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150 Jahre Kunstgeschichte an der UZH Copyright © 2022 Carola Jäggi. Alle Rechte vorbehalten.

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