Der Barock als Stil der Gegenreformation


Titelblatt, in: Sebastiano Serlio, Tutte l'opere d'architettura di Sebastiano Serlio Bolognese, Venedig 1584.



| Vignola, Villa Farnese, Caprarola, in: A.C. Daviler, Cours d’Architecture qui comprend les Ordres de Vignole, Paris: Nicolas Langlois, 1691.


Der Übergang zum Barock und die Theoretiker
In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts etablierte sich vor allem in Rom eine Strömung von Theoretikern parallel zu Michelangelo. Einer der wichtigsten Vertreter war Sebastiano Serlio, der sich eher an Vitruv als an Michelangelo orientierte und dabei versuchte ein absolut schönes Massverhältnis zu definieren, wobei er den Fokus auf die Säulenordnung legte. Serlio war es auch, der in seinen siebenbändigen Werk «Sette libri dell‘architettura» (1584) schrieb, dass in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Skulptur und Malerei in Italien vernachlässigt wurde. Die Gegenreformation verschaffte der Baukunst nach 1563 einen enormen Aufschwung, wobei dieser massgeblich von den Schülern Michelangelos getragen wurde. Alois Riegl schreibt dazu, dass die Schüler Michelangelos zu der Zeit noch nicht wagten ihrem Meister in Skulptur und Malerei zu folgen.

Das Verhältnis zur Antike
Von Michelangelo gibt es keine Äusserungen, die besagen würden, dass er der Antike gegenüber feindselig gesinnt gewesen wäre, was man jedoch von vielen Leuten in seinem Umfeld nicht behaupten kann. Im 16. Jahrhundert entwickelte sich in Rom laut Riegl eine Art «allgemeiner Antikenfeindlichkeit». Verschiedene Päpste wie Pius IV., Pius V. und Sixtus V. trugen massgeblich zu dieser Antipathie bei. Das Kolosseum wurde bis ins Spätmittelalter als Steinbruch verwendet und die Diokletians-Thermen von Michelangelo zu einer Kirche umgestaltet - heute unter dem Namen Santa Maria degli Angeli e dei Martiri bekannt. Paul V. liess den Minerva-Tempel für eigene Bauten wie den Brunnen Acqua Paola zerlegen. Statuen wurden verschenkt, so dass sie aus Rom geschafft oder zu christlichen Motiven umgearbeitet wurden. Die heidnischen Monumente wurden entweder umgewandelt um das Christentum zu verherrlichen oder aber zerstört. Einige Päpste entwickelten sogar eine regelrechte Furcht den heidnischen Erinnerungen gegenüber. Interessanterweise kam im späten 15. Jahrhundert erst eine Rücksichtnahme antiker Denkmäler auf. Diese stellte man schliesslich sogar unter den Schutz des Papstes und ernannte Raffael zum Direktor der römischen Altertumsausgrabungen. Es gab ein Exportverbot, sowie einen Plan um alle Monumente zu säubern und bewahren. Dieser gute Wille hielt jedoch nicht sehr lange an; spätestens ab Pius IV. und bis zu Sixtus V. war Rom soweit, dass man die Antike in ihren Bauten zu übertreffen versuchten – natürlich nicht ohne deren Formen mit zu verwenden, allerdings laut Riegl mit einer ausdrücklichen Respektlosigkeit und ohne Wertschätzung. Diese Stimmung hielt bis ins 18. Jahrhundert an, als man unter Pius IX. im Vatikan Museumsräumlichkeiten für antike Statuen einrichtete. Dabei hat sich das Interesse an der Antike von einem ästhetischen (Renaissance) zu einem antiquarischen (Spätbarock) gewandelt. Dies hauptsächlich deswegen, weil man in der Barockzeit gelernt hatte, die Antike in der Baukunst zu übertreffen – während man in der Renaissance noch nicht so weit war und davon träumte, sie zu imitieren.

Der Barockstil in der Gegenreformation
Riegl unterteilt den Barock in eine strenge Phase der reinen Architektur (ca. 1550 - 1590), gefolgt von einer zweiten Phase der Lockerung bis 1630 mit Übergang zu Gian Lorenzo Bernini. Die Phase des strengen Barockstils unterteilt er wiederum in eine ältere Generation, die von zuerst von den Theoretikern und später von Michelangelo beeinflusst wurde, und eine jüngere Generation ab ca. 1570, die unmittelbar unter dem Einfluss Michelangelos aufwuchs. Als Repräsentanten der älteren Generation wählt er Vignola und Giacomo della Porta wird als Vertreter der jüngeren Generation aufgeführt. Vignola nimmt zu seiner Zeit eine Position zwischen den Theoretikern, zu denen er auch lange gezählt wurde, und der Schule von Michelangelo ein. Zu seinen bedeutensten Bauwerken gehören Il Gesù und die Villa Farnese in Caprarola.


Bibliographie
Riegl, Alois, Die Entstehung der Barockkunst in Rom (1907), 2. Aufl., Wien: Schroll, 1923
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