Vignola, Villa Farnese, Caprarola, in: A.C.
Daviler
, Cours d’Architecture qui comprend
les Ordres de Vignole
, Paris: Nicolas Lang-
lois, 1691.








































































Villa suburbana und villa rustica


Die Villen suburbana und rustica sind grosse Herrenhäuser auf dem Lande, welche in der Renaissance nach antikem Vorbild gebaut wurden. Zur Anschauung der verschiedenen Typen eignen sich die Vilen der Familie Medici sehr gut. Es sind keine Originalbauten mehr erhalten, zu oft wurden sie umgebaut, wenn sie denn noch stehen. Als Zeugnisse der Villen dienen heute vor allem Schriften wie jene von Alberti oder Palladio sowie Fresken und anderen Bildzeugnisse.

1. Bautheorien
2. Gliederung
3. Räumlichkeiten
4. Fassaden
5. Antike Vorbilder

1. Bautheorien

Palladio, der anfangs des 15. Jahrhunderts lebte verfasste eine Abhandlung über die Baukunst, weil es ihm an Aufklärung mangelte. Er studierte zuvor die Schriften des Vitruv (De Architecture Libri Decem) und des Alberti (De Re Aedificatoria) . Er selbst betonte, dass Alberti einen grossen Einfluss auf ihn hatte.1 In seinem Werk <Quattro libri dell’architektura> behandelt das zweite Buch die Wohnhäuser, also auch die Villen.

2. Gliederung

Die ersten Villen Palladios folgten einer strikten symmetrischen Ordnung. Der schematische Aufbau war nach einem einfachen Grundprinzip gestaltet, die gesamten Räumlichkeiten waren in einem Rechteck eingepasst. In der Mittelachse ein grosser Saal der durch einen Portikus, ebenfalls auf der Mittelachse, erreicht wurde. Links und rechts des grossen Saales dann Wohn und Schlafräume, diese Nebenräume konnten verschiedener Grössen sein, waren aber der Symmetriehalber links und rechts entsprechend. Zwischen dem grossen Saal und den restlichen Räumen war Raum für die Treppen und kleine Nebengelasse. Palladio arbeitete hauptsächlich mit diesem rechteckigen Schema, es waren verschiedene Variationen möglich, der Geometrische Schlüssel bleibt aber immer der gleiche: Das Rechteck ist durch zwei Längs- und vier Querlinien unterteilt.
Einzelne Beispiele für Variationen: Der Portikus kann zum Beispiel dem Rechteck vorstehen, tritt also frei heraus. So zum Beispiel bei der Villa Badoer in Fratta Polesine. In der Villa Pisani in Montagnana wurden die Treppen in die Ecken verlegt, so konnte der grosse Mittelsaal die gleiche Breite wie der Portikus erlangen und wurde fast quadratisch. Wenn die Treppen neben die kleinen Räume gebaut werden, entsteht ein Kreuzförmiger Mittelsaal, wie man in der Villa Malcontenta sehen kann.

3. Räumlichkeiten

In den Wirtschaftsgebäuden, also der Villa Rustica muss es Unterkünfte für die Arbeiter und die Tiere geben. Ausserdem Unterstände für die Arbeitsgeräte, eine Küche, Vorratskammern und Gemächer für angesehene Gäste. Die Räume sind so verteilt, dass jeder dort unterkommt, wo er gebraucht wird. Die Knechte bei den Ställen, der Meier beim Haupttor, Gäste im gleichen Gebäude der Küche, denn in jenem ist es am wärmsten. Über die genauen Vorschriften, wie ein Raum, eine Unterkunft oder ein Stall zu sein hat schreibt Alberti in seinen 10 Bücher über die Baukunst.
Die Villa suburbana ist das Landhaus der Freien. Sie ist entweder Winter oder Sommerresidenz oder dient kurzen Erholungsaufenthalten. Ihre Räumliche Aufteilung ist dem entsprechend gestaltet. Auch von diesen Einteilungen liest man in Albertis 10 Büchern über die Baukunst. Auf der gesamten Anlage soll es grosse Plätze für Wettspiele, Schwimmbassins, Säulenhallen und Sitzmöglichkeiten für Soziale Aktivitäten haben. Im Haus herrscht nach Alberti folgende Einteilung: Der Haushof, also der grosse Raum auf der Mittelachse bildet das Zentrum, von ihm gelangt man in alle Gemächer. Das Speisezimmer wird als erstes erreicht, es soll geräumig und hell sein. Die Küche darf nicht weit entfernt sein vom Speisezimmer, der Zugang soll bequem sein, so das Speisen rasch und ohne Hindernisse aufgetragen werden können. Vom Speisezimmer gelangt man zu den Schlafgemächern. Der Mann und seine Gattin haben getrennte Schlafzimmer welche aber mit einem Hintertürchen verbunden sind. Vom Zimmer der Frau aus gelangt man ins Ankleidezimmer, in welchem die jungen Mädchen schlafen. Von jenem des Mannes in die Bibliothek. Der Pater familias erhält ein abgelegenes Zimmer, damit er seine Ruhe hat. An sein Zimmer grenzt jenes, welches die Schatztruhen beherbergt und die Jünglinge schlafen. Für die Gäste gibt es ein Schlafgemach in der Nähe der grossen Halle, wo er ohne die Familie zu stören ein und aus kann. An sein Zimmer grenzt ein zweites, in welchem er seine Wertsachen einschliessen kann. Die erwachsenen Söhne haben ihre Gemächer ebenfalls bei der grossen Halle, damit sie nicht weit von ihren Gästen entfernt sind. An ihre Gemächer grenzt die Waffenkammer.
Die Diener finden wie bei der Villa rustica ihre Gemächer in der Nähe ihres Arbeitsplatzes und getrennt von der Familie. Auch in der Villa suburbana gibt es Vorratskammern und Getreidespeicher.

4. Fassaden

Palladio gestaltete die Fassaden der Villen nach dem Vorbild der antiken Tempel. So betonte ein Tempelgiebel den Eingang des Gebäudes. In diesen Giebeln konnte das Wappen der Besitzer angebracht werden.
Die Front der Villa Rotonda hat eine grosse Anlehnung an den klassischen Tempel. Die Tempelfront ist mit der Hauswand verbunden und eine breite Treppe führ zum Portikus.

5. Antike Vorbilder

Von den antiken Vorbildern war nichts erhalten, Palladio nahm an, dass die Privathäuser die Vorbilder für öffentliche Gebäude wie die ihm bekannten Tempel waren. Den Wohnbauten eine Tempelfront zu verleihen erschien ihm als richtig.2


Anmerkungen

1. S. 53 Palladio, Trissino. Barbaro (genaue Angaben nachtragen)
2. S. 63, 64 „Palladios Geometrie“ ('')



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