Vignola, Il Gesù, Rom, in: Giuseppe
Vasi
, Delle Maginificenze di Roma
Antica e Moderna
, Libro Settimo,
Rom: Pagliarini, 1756.


Fassadenprojekt Vignola, Il Gesù, Rom, in: Heinrich Wölfflin: Renaissance und Barock, Eine Untersuchung über Wesen und Entstehung des Barockstils in Italien, München 1888.

Fassadenprojekt von Della Porta, Il Gesù, Rom, in: Il Gesù Heinrich Wölfflin: Renaissance und Barock, Eine Untersuchung über Wesen und Entstehung des Barockstils in Italien, München 1888.

Giacinto Vignola zugeschriebene Vorzeichnung für den Stich der Gesû-Fassade in Wolfgang Lotz «Vignola Zeichnungen» 1938.

Grundriss der Il Gesù, Rom, der auch für den Mailänder Erbischof Carlo Borromeo in seinen 1577 «Instructiones Fabricae et Supellectilis Ecclesiasticae» wegweisend war.

Die Wandpfeilerkirchen fanden in ganz Europa wie in der St. Michaelskirche in München Verbreitung.

Francesco Borromini gab der Fassade des Collegio di Propaganda Fide an der Piazza di Spagna 1662 einen dramatischen Charakter.

Andrea Palladios San Francesco della Vigna in Venedig um 1535 in einer Radierung aus dem Jahr 1726 - 1780.

Ausschnitt der Jesuitenkirche S. Andrea al Quirinale 1658 – 1672 von Bernini, das auch als Meisterstück von ihm bezeichnet wird.

Westfassade der Kirche Santi Ambrogio e Andrea in Genua, entworfen von Giuseppe Valeriani (1589 – 1637).

Tuschezeichnung der Maxentius- und Konstantinbasilika von Sebastian Vrancx (1573-1647).

Ehemalige Jesuitenkirche Mariä Himmelfahrt in Dillingen an der Donau, von Hans Alberthal (1), 1610-1617, Aufnahme um 1939 von Foto Marburg.

Gian Lorenzo Berninis Baldachin in der Kirche St.Peter in Rom.

Foto von 1885 der Fassade der Münchner Jesuitenkirche St.Michael 1582/1597 aus dem Bildarchiv Foto Marburg.

Das Innere der Kirche S. Andrea al Quirinale von Gian Lorenzo Bernini um 1660 – 1672 in Rom.

Il Gesù: Prototypisches


Nach der Anerkennung des Ordens durch den Papst galt es, eine Mutterkirche für die Jesuiten zu schaffen: Il Gesù. Nach vielen Verzögerungen zeichnete Vignola verantwortlich für den Bau, später Della Porta für die Realisierung der Fassade.

1. Die Gegenreformation
2. Der Bau
3. Die Kirche
4. Die Fassade
5. Il Gesù als Prototyp
6. Gibt es den Jesuitenstil?
7. Die Reform
8. Borgia und das Jesuiten Bauprojekt
9. Projekt Vignola
10. The Role of the Patrons

Charakteristisch ist das einschiffige, tonnengewölbte Langhaus und das verkürzte Querschiff. Zentralbau und Langhausbau Der Innenraum der Kirche wurde mit Gemälden und Skulpturen, ganz im Sinne der jesuitischen Vorstellung zur Unterstützung der Predigt und Liturgie, ausgestattet.
Il Gesù zeigt die perfekte Verschmelzung von Longitudinal- und Zentralbau. Ihr kam in der Folge eine Initialfunktion zu, und ihr Typus wurde mehrfach in ähnlicher Weise nachgeahmt und zum Vorbild für viele Kirchen des kommenden Barocks.

1. Die Gegenreformation

Ignatius von Loyola gründete 1534 in Zuge der Gegenreformation den Orden der Jesuiten. Bei ihren Kollegien entwickelten sie ihre eigene Bauart. So waren sie nicht auf Verzierungen, Prunk und Künstlerisches in der Architektur aus, sondern auf die blosse Funktionalität der Bauten bedacht. Dadurch wurde ihnen ein ungehindertes Ausüben ihrer Liturgien ermöglicht. Dies manifestierte sich beispielsweise in flachen Holzdecken, die für eine gute Akustik sorgen sollten, sowie dem Typus der „Chiesa ad aulam“, worunter eine Kirche mit grossem geräumigen Innenraum ohne Unterteilungen zu verstehen ist. Dieses Bauen «A modo nostro», wie die Jesuiten es bezeichneten, wurde als «Stile Povero» bezeichnet. Er verlangte eine schmucklose, relativ rohe Ausstattung der Gebäude. Jedoch muss differenziert werden zwischen den Kirchenbauten und den Kollegien der Jesuiten. Unterkunftsbauten wurden im «Stile Povero» gehalten, der ausschliesslich die Funktionalität und Ökonomie im Fokus hatte und das Architektonische fast völlig ausser Acht liess. Die Kirchenbauten durften jedoch durchaus Schmuck und Verzierungen mit architektonischem Wert tragen, sofern die Funktionalität dadurch nicht eingeschränkt wurde.

Der berühmteste Architekt der Jesuiten dieser Bauweise war Giovanni Tristano. Der «Stile Povero» war jedoch nicht eine eng festgelegte Regel, die besagte, dass alle Jesuitenbauten überall gleich aufgebaut werden mussten. Lokale und kulturelle Unterschiede wurden durchaus toleriert und mit eingebracht. Nach der Anerkennung des Jesuitenordens durch den Papst Paul III. gewann der Orden immer mehr Anhänger, was zu einem Platzproblem in der kleinen Kirche S. Maria Della Strada führte, welche Ignazio 1541 erworben hatte. Loyola beschloss daher, eine grössere Kirche zu bauen um mehr Patz zu erhalten und eine neue Mutterkirche des Ordens zu schaffen: Il Gesù.

2. Der Bau

Dem Bau der Kirche standen mehrere Hindernisse im Weg, so dass es von den ersten Anfängen bis zur Fertigstellung über 30 Jahre dauerte. Loyola erhielt 1549 die Lizenz zum Bau. Jedoch wurde sie ihm kurz darauf aufgrund von Stadtarbeiten wieder entzogen. Als ein Jahr später ein erneuter Versuch gestartet werden sollte, kam es zu Streitigkeiten mit den benachbarten Adligen, welche den grossräumigen Bau der Jesuiten verhindern wollten. Sie bedrohten die Arbeiter, und das Projekt kam erneut zum Stillstand. 1554 bekam Cueva, der spanische Mäzen der Jesuiten, erneut die Baubewilligung. Da ihm die bisherigen Pläne jedoch nicht gefielen, wollte er alles von Grund auf neu gestalten und dafür seinen Freund Michelangelo beauftragen. Kurz nach Baubeginn kam es jedoch zu Uneinigkeiten, was Ignazio dazu verleitete, den Bau in bessere Zeiten zu verlegen. Erst rund zehn Jahre nach Ignazios Tod schafft es Borgio, der neue jesuitische Ordensführer, den Baubeginn zu ermöglichen. Der Mäzen Kardinal Alessandro Farnese übernahm nun die Kosten für den Bau und beauftragte seinen Hausarchitekten Giacomo Vignola für die Pläne. Zusätzlich war auch Tristano stets am Bau beteiligt. Der Bau konnte somit am 26. Juni 1568 endlich beginnen. 1571 kam es wegen Unstimmigkeiten betreffs der Fassade von Il Gesù zum Bruch zwischen Farnese und Vignola. Vignolas Pläne wurden abgelehnt und stattdessen die von Giacomo Della Porta verwendet. 1584 wurde die Kirche Il Gesù vollendet.

3. Die Kirche

Charakteristisch für die Kirche Il Gesù ist das das einschiffige, tonnengewölbte Langhaus, welches von Wandpfeilern gesäumt ist. Längst des Langschiffes befinden sich beidseits eine Reihe von untereinander verbundenen tiefen Kapellen. Das Langhaus wird von grossen Fenstern im Tonnengewölbe mit Licht versorgt. Das darauffolgende Querschiff ist verkürzt und an birgt grosse Altäre an den Enden. Über der Vierung wölbt sich eine Kuppel die auf einem mit Fenstern versehenen Tambour sitzt. Nördlich schliesst die Kirche mit einer Apsis ab. in der sich der Hauptaltar befindet. Der Innenraum der Kirche wurde mit Gemälden und Skulpturen ausgestattet, welche ganz im Sinne der jesuitischen Vorstellung zur Unterstützung der Predigt und Liturgie gehalten waren. Im 17. Jh. wurde der Innenraum jedoch beachtlich umgestaltet. Es kamen Stuckaturen und Fresken, sowie neue Gemälde von berühmten Künstlern dazu.

4. Die Fassade

Für die Fassade gab es zwei unterschiedliche Entwürfe [1]. Einerseits von Vignola wie eine Darstellung in Heinrich Wölfflins Ausgabe «Renaissance und Barock – Eine Untersuchung über Wesen und Entstehung des Barockstils in Italien» aus dem Jahr 1888 zeigt und anderseits von Della Porta. Im Vergleich zeigt sich, dass Vignolas Fassade eine vertikalere Wirkung hat als die seines Gegenspielers. Ebenfalls die Ausformulierung der Voluten ist ruhiger, wobei diejenigen von della Porta, welche dann auch ausgeführt wurde, schon den Charakter des Barock widerspiegeln. 1571 entschied sich Farnese, die Realisierung der Fassade Della Porta zu übergeben, was einen Bruch der Beziehung mit Vignola mit sich zog.1  Della Porta realisierte eine in zwei Teile gegliederte Fassade, bestehend aus exakt proportionierten, klassischen Elementen: Säulen und Pilaster der Korinthischen Ordnung, Tympanon, Dreiecksgiebel. Diese klassischen Elementen sind jedoch auf eine neue Weise zusammengefügt worden. Das breite Untergeschoss ist durch vier Doppelpilaster der Kolossalordnung gegliedert. Das schmalere Obergeschoss ist durch Simsverkröpfung und Voluten verbunden, der Dreiecksgiebel mit dem Segmentbogen verschachtelt. Der Vergleich der beiden Entwürfe zeigt, dass Della Porta sich auf Vignolas Projekt stützt, jedoch hat er die Ausschmückung durch Skulpturen eingeschränkt und die vier Nischen über den Seiteneingängen positioniert. Die Betonung der Mittelachse wurde durch doppeltes Portalgiebel und Dachgiebel verstärkt. Zudem wurde die Fassade zwei Meter höher als sie Vignola vorgesehen hatte.2

5. Il Gesù als Prototyp

Mit dem Bau von Il Gesù gelang eine perfekte Verschmelzung von Longitudinal- und Zentralbau. In ihr wurden zwei Welten vereint. Zum einen die der Jesuiten, die hauptsächlich auf die religiösen und funktionalen Aspekte eines Baus bedacht waren und die der profanen Welt des Farnese, welcher sich mit der weltlichen Kunst auseinandersetzte. Il Gesù kam in der Folge eine Initialfunktion zu, und ihr Typus wurde mehrfach in ähnlicher Weise nachgeahmt und zum Vorbild für viele Kirchen des kommenden Barocks. Namentlich ist die Fassade der Chiesa di Santa Susanna alle Terme di Diocleziano zu nennen. Durch die neue Verknüpfung der klassischen Elemente, formte sich mit ihr der erste Typus der barocken Kirchenfassade.

6. Gibt es den Jesuitenstil?
Wie wichtig die Gegenreformation für die Architekturtheorie und die Architektur in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war, ist schwer bestimmbar. Eine Anwendung der Beschlüsse des Konzils von Trient (1545 bis 1563) mit Anregungen und Leitplanken für die Architektur ist laut Hanno-Walter Kruft nur in einer schriftlich fixierten Form enthalten: In den vom Mailänder Erzbischof und Kardinal Carlo Borromeo 1577 veröffentlichten «Instructiones Fabricae et Supellectilis Ecclesiasticae». 3 Das Aufstellen gewisser Kriterien war zwar für Mailand bestimmt. Die «Instructiones» leisteten aber bei der Entstehung der barocken Sakralarchitektur in Europa einen wesentlichen Beitrag. Dabei spielte die frühe Jesuitenarchitektur wie die von Il Gesù in Rom oder die von St.Michael in München eine Vermittlerrolle. Die Bauten knüpften an frühchristliche Traditionen wie beispielsweise das Tonnengewölbe der Maxentiusbasilika oder die Neuordnung des Presbyteriums mit Grabumgang in der konstantinischen Basilika Alt Sankt Peter um 600 an und erfuhren nördlich der Alpen – wie ein 360-Grad-Panorama des Innern der St.Michaelskirche in München zeigt – lokale Einflüsse der Gotik. Zu diesem Schluss kommt Rudolf Wittkower in seinem Beitrag des 1972 mit Irma B. Jaffe herausgegebenen «Baroque Art: The Jesuit Contribution». Von einem eigentlichen Stil der Jesuiten kann sber laut Wittkower nicht gesprochen werden. Er bezieht sich dabei unter anderem auf Carlo Galeassi Paluzzi und auf das 1908/12 vom Kunsthistoriker und Jesuitenpater Joseph Braun herausgegebene Buch «Die Kirchenbauten der deutschen Jesuiten». Gleichzeitig zeigt Wittkower andererseits auch auf, wie die Jesuiten nach 1558 die Bauten ihrer Kirchen – wenn auch eher auf das Praktische denn auf das Stilistische – sehr sorgfältig überprüften. Meist wurde für den Bau einer Kirche ein Mitglied des Ordens angestellt.

Obwohl es viele brillante Köpfe bei den Jesuiten gab, als herausragender Architekt tat sich kaum jemand hervor. Als Schlüsselfigur wird Giovanni Tristano aus Ferrara genannt, der von Wittkower von 1558 bis 1575 als «Seele» der Jesuitenbauten über ganz Italien und darüber hinaus genannt wird. Tristano schuf Jesuitenkirchen wie jene in Perugia (1561), Palermo (1564), Forlì (1570) und Ferrara (1570 – 1580). Es zeigt sich, dass sich bei den Jesuiten in den Anfängen – auch durch die vielen Kontrollen – eine gewisse künstlerische Strategie herauskristallisierte, dass aber Nicht-Jesuiten-Künstler wie beispielsweise Francesco Borromini, mit der Fassade des Collegio di Propaganda Fide, Pietro da Cortona, Bartolomeo Ammanati, Rubens oder Gian Lorenzo Bernini die Jesuiten mehr beeinflussten als umgekehrt Borromini.

7. Die Reform
Die Kirche des Gesù in Rom, repräsentiert eines der wichtigsten und einflussreichsten architektonischen Werke der Renaissance. James Ackermans Theorie in «The Gesù in the Light of Contemporary Church Design» besagt, dass der Ursprung diesen neuen Stils einerseits in Norditalien, präziser in Mailand zu suchen sei, da Mailand einerseits keine reellen Erfahrungen mit der Architektur der Hoch Renaissance gemacht hatte und auch mehr als Rom zu der Zeit, als religiöses Zentrum, einer mittelalterlichen baulichen Tradition verfügte. Andererseits habe der humanistische Gedanke vorübergehend den Bruch im Bau der Langschiffe Kirchen herbeigeführt. Die protestantische Reform und die Plünderung Roms von 1527 durch deutsche und spanische Landesknechte, erzeugte in der römischen Kirche Neubelegung und Zuwendung seitens der Gemeinde. Die reformistische Welle hingegen, beeinflusste das architektonische Projekt. Diese Reaktion war Anstoss für eine radikale Neuerung des Klerus und deren Aufträgen. Diese Reform antizipierte den Beschluss des Konzil von Trient, welche die Forderungen der Lehre der Reformation beanspruchte und in Norditalien bereits 1524 Fuss gefasst hatten, als Gian Matteo Giberti zum Bischof von Verona ernannt wurde und seine publizierten Reisen bemerkenswerten Einfluss auf die Beschlüsse des Konzils ausübten.

8. Borgia und das Jesuiten Bauprojekt
San Francesco Borgia kam 1550 nach Rom und erhielt durch Beziehungen der Kurie und dem Adel, die Autorisation bei der Piazza Venezia eine ansehnliche Kirche und ein Kloster für den Orden der Jesuiten zu errichten, dass den Massen der Gläubigen die einströmten, gerecht wurde. Zu dieser Zeit entstanden somit überzeugende Pläne. Das älteste Projekt für den Jesuitenbau von Nanni di Baccio Bigio von 1550, befindet sich in der Bibliotheque National in Paris. Das Projekt, wurde nie vollendet, da der Bau zu wenig Platz für Domizile bot und die wohlhabenden Besitzer dieser Zone einen fünfzehnjährigen Streit einleiteten um den Bau zu verhindern. Nach dem vierjährigen Scheitern des Gesù Baus im Jahre 1554, beriefen die Jesuiten als ersten Architekt für alle italienischen Projekte, Ordens Mitglied Giovanni Tristano auf. Dieser wurde jedoch vom Architekten des Kardinals, Vigniola überholt. Seine Zeichnungen konnten den Kardinal nicht überzeugen und somit wurde Vigniola 1571 entlassen.

9. Projekt Vignola
Das letzte Projekt Vignolas war die Fassade am Gesù im Jahre 1570 , doch die wurde zugunsten des Projektes von Giacomo della Porta, Schüler von Michelangelo, verworfen. Fünf Jahre später, 1575, als der Jesuit Giovanni Tristano starb, der sein Leben lang als Planer am Bau des Gesù gearbeitet hatte, beendete Giacomo della Porta die Fassade des Gesù. James Ackerman kommt zum Schluss, dass der Jesuitenstil existiert, jedoch in einer sehr allgemeinen Art und Weise, und dass der Stil keinen Einfluss auf die bedeutungsvollen Formen der Architektur hat. Ackerman unterlässt es nicht zu erwähnen, dass viele von Vignolas Erfindungen die während seiner Schaffensphase realisiert wurden, von den Architekten des 17. Jahrhunderts aufgegriffen wurden, doch wenn der Bau des Gesù bis zu uns in seiner anfänglichen Einfachheit überliefert wurde, wäre er nicht für die Vorwegnahme des Barocks gefeiert worden, als vielmehr den Geist seiner Zeit auszudrücken. Eine Zeit wo der Jesuitenorden noch um das Überleben kämpfen musste.

10. The Role of the Patrons
Einen anderen Aspekt der Frage über den Jesuitenstil behandelt Francis Haskell im Aufsatz «The Role of The Patrons: Baroque Style Changes» im obengenannten «Baroque Art: The Jesuit Contribution». Auch Haskell hält fest, dass man weder im 16. noch im 17. Jahrhundert von einem Jesuitenstil sprechen kann. Beim Bau und der Innenaustattung der jesuitischen Mutterkirche Il Gesù habe hauptsächlich Cardinal Alessandro Farnese als Stifter in Fragen der Ausführung das Letzte Wort gehabt. Farnese sei es gewesen, der sich gegen die von den Jesuiten aus Gründen der besseren Akustik gewünschte flache Holzdecke und für ein Tonnengewölbe ausgesprochen hatte. Farnese, der Giorgio Vasari zur Verfassung der Künstler Viten angestiftet hatte und seine Immobilien von namhaften Künstlern wie Raffael ausmalen liess, behandelte Il Gesù wie einen weiteren Familienpalast. Nach dem Tod Farneses 1589 und dem Versäumnis seiner Erben, die Stiftungen an Il Gesù weiterzuführen, kamen andere, jedoch weit weiniger einflussreiche Stifter für die weitere Ausstattung auf.

Erst ab Mitte des 17. Jahrhunderts, nachdem der Orden der Jesuiten zusehends grösser geworden war, kann nach Haskell überhaupt von einem Kunstinteresse Seitens der Jesuiten gesprochen werden. In den späten 1650er Jahren, zur Zeit, als Berninis Baldachin in St. Peter bereits vollendet war, hatten die Jesuiten gerademal genügend Kapitalmittel zur Verfügung, um die verschieden Bauprojekte am Laufen zu halten. Il Gesù war bei weitem nicht vollständig ausgestattet, die Novizenkirche Sant’Andrea war undicht und am verfallen, die 1626 begonnene Kirche Sant’Ignazio lediglich halb fertiggestellt. Die Jesuiten hatten also gar nicht die finanziellen Mittel, um mehr zu tun. Mit Unterstützung des Papstes und dem späteren Jesuitengeneral John Paul Oliva (1600-1681) werden nun vermehrt künstlerische Unternehmungen der Jesuiten fassbar. Der Neubau der Novizenkirche Sant’Andrea al Quirinale, zu dem laut Haskell im Wesentlichen durch das Zutun Olivas gestiftet wurde, fand 1658 Konzeption durch Bernini, einen guten Freund Olivas. So kommt Haskell zu Schluss, dass zu dieser Zeit eher ein Oliva-Stil, als ein Jesuitenstil postulierbar wäre. Olivas Bestrebungen und die Künstler, die er im ausgehenden 17. Jahrhundert anstellte (u.a. Bernini) sind laut Haskell als erste wirkliche Beiträge der Jesuiten zur barocken Kunst zu werten. Davor setzten vor allem finanzstarke Stifter wie Farnese eigene Vorstellungen durch, während die jesuitische Gemeinschaft wenig bis gar kein Interesse an der zeitgenössischen Kunst zeigte und zudem gar nicht über die finanziellen Mitteln verfügte, die Kirchen in etwas, was über den Unterhalt des Gebäudes hinausging zu investieren.

1. Ackerman, The Gesù in the Light of Contemporary Church Design, S.435/439.
2. Ackerman, The Gesù in the Light of Contemporary Church Design, S.448.
3. Kruft 2004, S. 103 ff.






Bibliographie
Ackerman, James S., «The Gesù in the Light of Contemporary Church Design» (1974), in: ders., Distance Points. Essays in Theory and Renaissance Art and Architecture, Cambridge, MA/London: The MIT Press, 1991, S. 417–451.
Ackerman, James S. und Wolfgang Lotz, «Vignolana», in: Lucy Freeman Sandler (Hg.), Essays in Memory of Karl Lehmann, Locust Valles, NY: J.J. Augustin, 1964, S. 1–24.
Haskell, Francis:The Role of The Patrons, Baroque Style Changes, in: Wittkower, Rudolf / Jaffe, Irma B (Hg.): Baroque Art: The Jesuit Contribution, New York, 1972, S. 51-62.
Howe, Eunice D., «The church of Il Gesù explicated in a guidebook of 1588», in: Gazette des Beaux-Arts, 106, Decembre 1985, S. 195–202.
Lotz, Wolfgang Lotz, «Architecture in the later 16th century», in: College Art Journal, Vol. 17, No. 2 (Winter, 1958), pp. 129-139.
Sale, Giovanni, Pauperismo architettonico e architettura gesuitica: dalla chiesa ad aula al Gesù di Roma, Milano: Jaca Book, 2001.
Schwager, Klaus, «La chiesa del Gesù del Vignola», in: Bollettino del Centro internazionale di studi di architettura Andrea Palladio, 19, 1977, S. 251–271.
Zürcher: Richard Zürcher: , Stilprobleme der italianischen Baukunst des Cinqueccento. Basel 1947, S.33-50.

Wittkower, Rudolf / Jaffe, Irma B: Baroque Art: The Jesuit Contribution, New York, 1972.
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