Tag Archives: Segnen

„Du rotte und blutige Mutter“: Frauensegen und frühneuzeitliche Vorstellungen des weiblichen Körpers

Von Johanna Russ

Der Glaube an Segenssprüche in der Behandlung von „Frauenbeschwerden“ wie Unterleibsschmerzen war in der Frühen Neuzeit ein verbreitetes Phänomen. Eine Betrachtung einiger solcher Segenssprüche, die in einem Arzneibuch aus dem 17. Jhd. überliefert sind, zeigt, dass im Mittelpunkt dieser sogenannten Frauensegen stets eine bestimmte Vorstellung des weiblichen Körpers steht, die vor allem den Uterus als bewegliches und potenziell gefährliches Organ in den Fokus rückt. In dieser Körperkonzeption vereinen sich medizinische und religiöse Diskurse, die bis in die Antike zurückreichen. Die vorliegenden Segenssprüche geben so einen ersten Einblick in das frühneuzeitliche Verständnis des weiblichen Körpers und veranschaulichen die Beständigkeit historischer Praktiken und Vorstellungen.

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Der Segensspruch – Eine Kraft der Sprache?

Von Alexander Winkler

Haben die reformierten Theologen die in der frühen Neuzeit weit verbreitete Praxis des Segnens weiterhin erlaubt oder neuerdings verboten? «Beides», lautet die auf den ersten Blick widersprüchliche Antwort. Zu erläutern, worin dieser scheinbare Widerspruch besteht und wie er sich durch eine genaue Betrachtung der reformierten Auffassung über Sprache und Gott erklären lässt, ist das Ziel dieses Beitrags. Dabei stehen Traktate von Heinrich Bullinger und Rudolf Gwerb im Zentrum. Es wird sich zeigen, dass sie der Sprache keine immanente Kraft einräumten und Segen abhängig davon, mit welcher Erwartung sie geäussert wurden, entweder verboten oder erlaubten.

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