Vivien Volkart

Coming of Age Aspekte und deren Auswirkungen in animierten Disney-Märchenverfilmungen

Viele Aspekte des Coming of Age lassen sich in Disneyfilmen wiederfinden. Für meine Bachelorarbeit habe ich deshalb drei typische Coming of Age Aspekte ausgesucht und dann fünf ausgewählte Filme auf diese Aspekte hin untersucht. Diese Aspekte sind: Widerstand gegen die gesellschaftlichen Erwartungen und die soziale Rolle, Einsamkeit und Konflikte mit den Eltern, und erste romantische Erfahrungen und Naivität. Die von mir ausgewählten Filme sind: The Little Mermaid, Beauty and the Beast, Tangled, Frozen, und Brave.

Wenn man versucht, Coming of Age in einem Satz zu erklären, eignet sich eine Textstelle von Hangartner und Petraitis besonders gut, denn sie schreiben:

 «Dass Adoleszente weder Kinder noch Erwachsene sind, ist Grundkonflikt fast aller Coming-of-Age-Filme.»

Hangartner und Petraitis, 2017, S. 57.

Widerstand gegen gesellschaftliche Erwartungen und die soziale Rolle

Rebellierende Teenager kommen in Coming of Age Geschichten sehr häufig vor. Sie widersetzen sich der Rolle, die sie einnehmen sollen, und wehren sich gegen die Erwartungen, die an sie gestellt werden.

The Little Mermaid: Arielle verbringt ihre Zeit damit, Schiffswracks nach menschlichen Gegenständen zu durchsuchen und an die Oberfläche zu schwimmen, was jedoch streng verboten ist. Als sie erwischt wird, streitet sie mit ihrem Vater.                

Beauty and the Beast: Belle ist anders als die anderen Dorfbewohner, denn als einzige mag sie Gaston nicht. Sie lehnt seine Annäherungsversuche mehrmals ab, was niemand im Dorf versteht. Später ist sie die einzige Person, die keine Angst vor dem Biest hat und versucht, die Dorfbewohner davon zu überzeugen, dass keine Gefahr besteht.

Tangled: Rapunzel widersetzt sich den Regeln der Hexe, indem sie den Turm verlässt. Ausserdem freundet sie sich in einer Taverne im Wald mit den Räubern an und flieht vor den Palastwachen.

Frozen: Elsas Fähigkeiten, Eis und Schnee zu erschaffen und zu kontrollieren, widersprechen an sich schon den gesellschaftlichen Erwartungen, die sie zu erfüllen hat, weshalb sie sie vor allen versteckt. Als bei Elsas Krönung das ganze Königreich ihre Kräfte zu sehen bekommt, flieht Elsa in die Berge. Dabei entschliesst sie sich, ihr altes Leben hinter sich zu lassen und ein neues zu beginnen.

Brave: Merida widersetzt sich der Heirat und lässt ihre Mutter wissen, dass sie nichts davon hält. Da die Erstgeborenen der anderen Clans in einem Wettbewerb um ihre Hand kämpfen sollen, entscheidet Merida sich für das Bogenschiessen, in dem sie sehr gut ist. Aber statt zuzusehen, mischt sich Merida unter die Teilnehmer und verkündet, dass sie um ihre eigene Hand kämpfen wird, schliesslich ist sie die Erstgeborene ihres eigenen Clans.

Einsamkeit und Konflikte mit den Eltern

Einsamkeit ist ein Motiv, das immer wieder vorkommt. Meist entsteht es durch Streitereien mit den Eltern, oder wenn die Eltern abwesend sind. So fehlen in Disneyfilmen sehr oft die Mütter. Dadurch wird aber Platz geschaffen für andere Elternfiguren. In Beauty and the Beast sind dies beispielsweise die Bediensteten des Biests, allen voran Madame Pottine.

Alle Protagonistinnen fühlen sich auf die eine oder andere Art einsam. Arielle hat beispielsweise Sehnsucht nach einem menschlichen Leben, was zunächst für Probleme sorgt, am Ende aber von ihrem Vater akzeptiert wird.

Belle möchte das Dorf verlassen, weil sie findet, dass sie nicht dort hingehört.

Rapunzel ist fast immer allein in ihrem Turm und hat nur ein Chamäleon als Freund. Sie möchte den Turm verlassen, was die Hexe ihr aber verbietet. Nachdem Rapunzel den Turm gegen den Willen der Hexe mit Flynn, einem Dieb, verlassen hat, hat sie ein schlechtes Gewissen. Flynn versucht, sie aufzumuntern, indem er ihr sagt, dass Rebellion und Abenteuer zum Erwachsenwerden gehören.

Elsa isoliert sich seit Jahren von ihrer Schwester, weswegen sich beide einsam fühlen. Da die Eltern gestorben sind, übernimmt Elsa in gewisser Weise die Rolle der Eltern für ihre Schwester. Doch dabei kommt es zu Konflikten.

Merida versteht sich nicht gut mit ihrer Mutter, denn diese bereitet sie auf die Heirat vor, was Merida gar nicht gefällt. Sie will lieber ihre Freiheit geniessen.

Erste romantische Erfahrungen und Naivität

In Disneyfilmen verlieben sich die Figuren häufig schon auf den ersten Blick. Und obwohl sich die Figuren kaum kennen, heiraten sie am Ende des Films. Dies zeugt von einer gewissen Naivität der Charaktere. 

Von der Naivität sind vor allem Arielle und Anna betroffen. Beide verlieben sich auf den ersten Blick. Bei Arielle wird dies so hingenommen, während es bei Anna gleich von mehreren Figuren hinterfragt und kritisiert wird.

Belle und Rapunzel verlieben sich erst nach einiger Zeit, weshalb sie weniger naiv zu sein scheinen. So ist Belle zunächst vom Charakter des Biests entsetzt und will keine Zeit mit ihm verbringen. Erst nachdem das Biest freundlicher geworden ist, kommen die zwei sich näher. Auch für Gaston hegt Belle keine Gefühle, denn sie sieht seinen wahren Charakter. Rapunzel braucht ebenfalls einige Zeit, bis sie Flynn wirklich vertraut. Am Ende des Films heisst es, dass die beiden erst nach einigen Jahren geheiratet haben, was im Gegensatz zu den meisten anderen Filmen steht, bei denen die Hochzeit jeweils schon nach kurzer Zeit stattfindet.

Merida weigert sich generell zu heiraten, denn nach ihrer eigenen Aussage ist sie dafür noch nicht bereit und wird es vielleicht auch nie sein.  

Meine These zu diesem Aspekt ist, dass die frisch Verliebten jeweils ein Abenteuer erleben. Dieses Abenteuer schweisst sie zusammen und sie lernen, dass sie sich aufeinander verlassen können. Dabei lernen sie sich besser kennen. Somit kann gerechtfertigt werden, dass schon nach kurzer Zeit, im Falle von Arielle sogar nach nur wenigen Tagen, geheiratet wird.

Interessant war auch, dass sich die meisten Aspekte miteinander verbinden lassen. So führt beispielsweise Arielles Faszination mit den Menschen dazu, dass sie sich in den Prinzen verliebt, was wiederum zu Streit mit ihrem Vater führt. Oder auch die Tatsache, dass Merida nicht heiraten möchte, wodurch sie mit ihrer Mutter streitet und sie die uralten Traditionen des Königreichs bricht, ist ebenfalls ein Hinweis darauf, dass die ausgewählten Aspekte des Coming of Age miteinander verbunden sind und sich schwer als einzelne, für sich alleinstehende Aspekte betrachten lassen.

Literatur:

Hangartner, Selina und Marian Petraitis: Frühreife und Spätzünder: Zur Entwicklung des Coming-of-Age-Films. In: Filmbulletin: Zeitschrift für Film und Kino 59/362 (2017), S. 50-57. doi: http://doi.org/10.5169/seals-863221 (abgerufen am: 10.04.2022).

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