Gastbeitrag von Severin Rüegg und Fabian Müller
Wie bringt man Menschen ins Archiv und Historiker dazu mit Film und Ton zu arbeiten? Wohl nur dank Interesse und Anregung. Jenen, die diesen Schritt aber machen wollen, werden am Historischen Seminar der Universität Zürich seit neustem mit einer E-Learning Plattform unterstützt. Filmspur ist eine Archivdatenbank, die aber auch jenen Teil zu den Filmbeständen mitliefern will, der sonst schnell vergessen geht: den historische Kontext.
Die Ausgangslage
Audiovisuelle Medien sind in unserem Alltag omnipräsent, populäre Portale wie etwa YouTube bieten eine berauschende Fülle an bewegten Bildern und Tönen. Das hat auch seinen Niederschlag in der historischen Forschung und Lehre gefunden, obwohl das Material oft noch lediglich zu Illustrationszwecken verwendet wird.
Gerade die Studierenden fühlen sich häufig unsicher im Umgang mit audiovisuellen Quellen. Die Hemmschwelle ist im Vergleich zu Texten hoch, sich mit ihrem Inhalt intensiver auseinanderzusetzen, ihre Verteilkanäle und Produktionsbedingungen zu erforschen. Dies hängt häufig mit unklaren Fragen der Quellenkritik und der Überlieferungsgeschichte zusammen, sowie mit einer allgemein schlechten Sichtbarkeit des untersuchungswürdigen Materials im Überfluss der modernen Medienproduktion. So entsteht auf Seiten der Lehre und Forschung ein Bedürfnis nach Hilfestellung im Umgang und nach Orientierung in der Beschaffung audiovisueller Quellen.
Gewisse Archive haben im Gegenzug in den letzten Jahren viel Zeit und Geld aufgewendet, um ihre Film-, Ton- und Videobestände zu erhalten und zugänglich zu machen. Es gibt wunderbare Beispiele, wie dieses Material nun online recherchiert und angesehen werden kann. Auf Grund technischer, finanzieller und urheberrechtlicher Restriktionen besteht diese Möglichkeit aber nur für einen relativ kleinen Teil der Archive. Damit sie ihre Erhaltungs- und Digitalisierungsprojekte fortsetzen oder erst beginnen können, müssen viele dieser Institutionen auch die Nachfrage dokumentieren können. Von Seiten der Archive besteht so ein Bedürfnis nach guter Sichtbarkeit ihrer Bestände für die Forschung.
Das Projekt FILMSPUR des Historischen Seminars der Universität Zürich versucht diese beiden Bedürfnisse zu vereinen und hat das Ziel, die Sichtbarkeit von audiovisuellen Quellen in Schweizer Archiven zu erhöhen und eine Hilfestellung zu ihrer Interpretation zu bieten, um aus audiovisuellem Material historisch relevante Quellen zu machen.
Die Webseite
Der Kern von FILMSPUR ist eine Ende Oktober lancierte Webseite, die Institutionen und wissenschaftliche Dokumentationen und Referate miteinander in Verbindung setzt. Die integrierte Archiv-Datenbank gibt einen ersten Überblick über Umfang, Ausrichtung und Zugang zu audiovisuellen Beständen. Diese können nach verschiedenen Kriterien gefiltert und durchsucht werden, wie etwa nach der geografischen und der zeitlichen Abdeckung oder nach gewissen Themen. Enthalten sind staatliche und private Institutionen aus der gesamten Schweiz. Zur Zeit sind erst rund zwei Dutzend Archive vorhanden, dieses Angebot wird sich in den nächsten Wochen und Monaten aber massiv ausweiten. Die Einträge für die Institutionen enthalten neben einer Charakterisierung des audiovisuellen Bestandes auch praktische Angaben wie beispielsweise Zugangs- und Nutzungsbedingungen, Ansprechpersonen oder Literaturhinweise.
Die Einträge in der Archiv-Datenbank sind mit Werkstattgesprächen auf Video verknüpft. Dabei handelt es sich einerseits um Referate, die im Rahmen der Filmspur-Workshops an der Universität Zürich (bis jetzt erst 2012) gehalten wurden. Die Referenten kamen jeweils aus der ganzen Schweiz und boten interessante Einblicke in den Umgang mit audiovisuellen Quellen im Kontext ihrer Forschung. Andererseits sind auch Gespräche mit Experten vorhanden, die an einem konkreten Beispiel theoretische, analytische und archivalische Aspekte von Film-, Ton und Fernsehquellen erläutern (bis jetzt ist die Tagesschau). Die Videos werden von einer längeren Textdokumentation ergänzt.
Das Projekt FILMSPUR hofft, zur historischen Beschäftigung mit audiovisuellen Quellen anzuregen und so nicht zuletzt auch zur Erhaltung dieses wertvollen Kulturgutes beizutragen. Der Anfang ist gemacht, die Website ist im Wachstum begriffen und wir sind sehr dankbar für Kritik und Hinweise, damit wir uns den Bedürfnissen der historischen Forschung und der Archive möglichst gut anpassen können.
Hinweis: Dieser Beitrag wurde am 1.11.2013 auf Infoclio veröffentlich.