Villalpando, Juan Bautista und del Prado, Jerónimo, In Ezechielem explanationes et apparatus urbis, ac templi Hierosolymitani commentariis et imaginibus illustratus, Opus tribus tomis distinctum, Roma: Zanetio, 1596, Band 1, Titelblatt. (ETH-Bibliothek Zürich, Rar 861)

Villalpando und del Prado, In Ezechielem explanationes, 1604, Band 2, Taf. [XII], Ostansicht der Substruktionen des Tempels Salomos. (ETH-Bibliothek Zürich, Rar 861)

Villalpando und del Prado, In Ezechielem explanationes, 1604, Band 2, Taf. [IX], erster Grundriss des Tempels Salomos. (ETH-Bibliothek Zürich, Rar 861)

Villalpando und del Prado, In Ezechielem explanationes, 1604, Band 2, Taf. [VIII], Dach, Wände und Boden des Allerheiligsten im Tempel Salomo, mit Bundeslade (arca). (ETH-Bibliothek Zürich, Rar 861)

Villalpando und del Prado, In Ezechielem explanationes, 1604, Band 2, S. 420, Salomonische Säulenordnung. ETH-Bibliothek Zürich, Rar 861

Villalpando und del Prado, In Ezechielem explanationes, 1604, Band 2, Taf. [IV], Ostfassade des Vestibüls zum Heiligtum des Tempels Salomos. (ETH-Bibliothek Zürich, Rar 861)

Villalpando und del Prado, In Ezechielem explanationes, 1604, Band 2, S. 472, Vergleich der Arkaden des Tempels Salomos mit menschlichen Proportionen. (ETH-Bibliothek Zürich, Rar 861)

Villalpando und del Prado, In Ezechielem explanationes, 1604, Band 2, S. 449, Proportionen des Tempels Salomos gemäss musikalischen Harmonien. (ETH-Bibliothek Zürich, Rar 861)

Villalpando und del Prado, In Ezechielem explanationes, 1604, Band 2, S. 470, Aufteilung des Kastells rund um den Tempel Salomos mit Sternzeichen, die biblische Namen zugewiesen sind.'' (ETH-Bibliothek Zürich, Rar 861)

Villalpando und del Prado, In Ezechielem explanationes, 1604, Band 2, Titelblatt. (ETH-Bibliothek Zürich, Rar 861)

Villalpando und del Prado, In Ezechielem explanationes, 1604, Band 3, Titelblatt. (ETH-Bibliothek Zürich, Rar 861)

Juan Bautista Villalpando


1. Architekt, Mathematiker und Jesuit
2. Das Werk In Ezechielem explanationes
3. Synthese der vitruvianischen Architekturlehre und biblischen Vorstellungen
4. Villalpandos Rekonstruktion des Salomonischen Tempels
5. Historischer Kontext
6. Abstract

1. Architekt, Mathematiker und Jesuit
Der aus Córdoba stammende Juan Bautista Villalpando (1552-1608) studierte Mathematik und wahrscheinlich auch Architektur. Sein Hauptanliegen war es, die biblische Tradition und die klassisch-antike Architekturlehre miteinander zu verbinden (Naredi-Rainer 1979, S. 172f). Mit seiner Arbeit beeinflusste er viele Architekten und Architekturtheoretiker - bis weit ins 18. Jahrhundert hinein. Juan Bautista Villalpando war u.a. Vorbild für Roland Fréart de Chambray (1606-1676), für Nikolaus Goldmann (1611-1665) oder für Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656-1723).

2. Das Werk In Ezechielem explanationes
Juan Bautista Villalpando und sein Mentor, der Jesuit Jerónimo del Prado (1547-1595) arbeiteten zusammen am Werk In Ezechielem explanationes et apparatus urbis, ac templi Hierosolymitani commentariis et imaginibus illustratus. Opus tribus tomis distinctum. Villalpando und del Prado erläuterten und kommentierten ausführlich die alttestamentarischen Visionen des Propheten Ezechiels (Ez. 40-44) und befassten sich mit der Rekonstruktion des antiken Tempels von Jerusalem, dem Salomonischen Tempel, der im 6. Jh. vor Chr. zerstört wurde. Als Jerónimo del Prado verstarb, setzte Villalpando die Arbeit alleine fort. Das vollendete Werk, bestehend aus drei Bänden, wurde Philipp II. gewidmet und wurde schliesslich in den Jahren zwischen 1596 und 1604 in Rom publiziert (Kruft 1991, S. 250).

3. Synthese der vitruvianischen Architekturlehre und biblischen Vorstellungen
Gott hat, so war der Jesuit Juan Bautista Villalpando der Meinung, durch die Tempelvision Ezechiels die zukünftige Kirche offenbart (Naredi-Rainer 1979, S. 173). Für Villalpando war der Tempel Salomos aber nicht nur das göttliche, vollkommene Bauwerk - das als Archetyp aller Architektur gilt - sondern für ihn war ebenso von Bedeutung, dass die Beschreibung des biblischen Propheten Ezechiels mit den Ausführungen des römischen Architekturtheoretikers Vitruvs in Übereinstimmung zu bringen sei (Naredi-Rainer 1979, S. 173). «Die Forderung», so Paul von Naredi-Rainer, «christliche Kirchen nach dem Vorbild des Salomonischen Tempels zu erbauen, bedeutet daher gleichzeitig, sich auf die klassische Architekturlehre zu berufen. Dieses Bemühen um eine Synthese», so Nared-Rainer weiter, «der biblischen Architekturbeschreibungen mit der vitruvianischen Tradition, das auch auf eine Harmonisierung von Humanismus und Gegenreformation abzielte, veranlasste Villalpando seinerseits zur Entwicklung eines riesigen, das gesamte theoretische Wissen seiner Zeit einschliessenden Gedankengebäudes, [...].» (Naredi-Rainer 1979, S. 173f).

4. Villalpandos Rekonstruktion des Salomonischen Tempels
Die Rekonstruktion des Salomonischen Tempels befindet sich im Band 2 In Ezechielem explanationes, dessen Kern sie ausmacht. Villalpando kommentiert und illustriert hierbei die alttestamentarische Tempelvision des Propheten Ezechiel.

4.1 Tempel Salomos – Die Ostansicht mit den Substruktionen
Augenscheinlich ruht Villalpandos Tempelkomplex auf gigantischen Stützmauern, die in riesige Nischen und Strebepfeiler gegliedert sind (Naredi-Rainer 1979, S. 179). «Vorbild standen dabei», so Naredi-Rainer, «wohl die Resten der kaiserlichen Bauten auf dem römischen Palatin, sowie Sebastiano Serlios Architekturtraktat, aber vor allem Vitruv, wie Villalpando nach Zitat ausführte.» (Naredi-Rainer 1979, S. 179). Villalpandos Version der Tempelfassade beeinflusste viele darauffolgende Rekonstruktionsversuche, wie beispielsweise den Kupferstich von Fischer von Erlach. Allerdings ist die frontale Aufrissdarstellung, wie sie noch von Villalpando verwendet wurde, von der später üblich gewordenen Vogelschauperspektive abgelöst worden (Naredi-Rainer 1979, S. 182).
Vor der Rekonstruktion Villalpandos wurde der Tempel Salomos hauptsächlich als Zentralbau dargestellt. Der Felsendom in Jerusalem, wie ihn beispielsweise Alberti darstellte, «entsprach sowohl durch seine Zentralbaugestalt als auch durch seine exponierte Lage auf dem Tempelplatz weitgehend dem Renaissance-Ideal eines Tempels. Umgekehrt erhielt die an der Antike orientierte Vorstellung der Renaissance vom kirchlichen Zentralbau auf diese Weise eine gleichsam biblische Bestätigung», so Naredi-Rainer (Naredi-Rainer 1979, S. 73). Es ergab sich folglich daraus «eine Verknüpfung des im Quattrocento forcierten Zentralbaugedankens mit dem Salomonischen Tempel», so Naredi-Rainer weiter (Naredi-Rainer 1979, S. 73). Die unterschiedlichen Rekonstruktionsversuche sind demzufolge im jeweiligen historischen Kontext zu betrachten.

4.2 Tempel Salomos – Der Grundriss und die sechste Säulenordnung
Der Grundrissplan des Tempels von Villalpando entspricht im Grundkonzept der minuziösen Beschreibung von Ezechiel (Ez. 40-44) sowie der Offenbarungsvision des Johannes (Apokalypse 21,16), welche als Vorbild des himmlischen Jerusalem steht. Im Zentrum des quadratischen Grundrisses steht der Brandopferaltar. Der gesamte innere Komplex wird mit je vier Längs- und Quertrakten in acht, respektive neun quadratische Innenhöfe unterteilt (Naredi-Rainer 1979 S. 174). Die Strukturierung der Gesamtanlage, wie auch das Massverhältnis der einzelnen architektonischen Abschnitte untereinander, entsprechen bis ins Detail genau dem vitruvianischen Prinzip der symmetria. Ebenso findet sich im Grundriss das musikalische Zahlenverhältnis des Architekturtheoretikers Leon Battista Alberti, sowie Pythagoräisch-platonische Vorstellungen und astrologische-kosmologische Ideen (Naredi-Rainer 1979, S. 175f). Villalpando bedient sich auch der auf Vitruv zurückgehenden, anthropometrischen Proportionsvorstellung: «Wie die Glieder eines wohlgeformten Menschen.» (Daidalos 1992, S.). Villalpandos Illustration zeigt einen wohlgeformten Menschen, eingeschrieben in den Grundriss der Säulen, die zwischen den Säulengängen liegen. Diese aufgeführten Beispiele zeigen, dass Villalpando für den Tempelgrundriss auf die klassische Architekturästhetik Bezug nahm. Bei der Säulenordnung aber wird Villalpando selber tätig (Naredi-Rainer 1979, S. 176). Villalpando verändert die klassische Vorstellung der fünf Säulenordnungen so, indem er eine – von Gott inspirierte – neue Ordnung aufnimmt. Diese neue, sechste Ordnung, genannt Salomonische Ordnung, beschreibt Naredi-Rainer als: «eine Mischung aus der dorischen und korinthischen ineinanderfliessen Ordnung mit einem aus Lilienblättern und Granatapfelsamen gebildeten Kapitell» (Naredi-Rainer 1979, S. 179). Villalpando verwendete diesen Säulenentwurf hauptsächlich in Form von Pilastern an der Aussenseite des Tempels.

4.3 Tempel Salomos – Der Innenraum
Das Innere des Allerheiligsten, die Aula Santa, stellt Villalpando mit der von Cherubim flankierten Bundeslade dar. Die Cherubim und Palmsäulen sind, so Naredi-Rainer, auch als Himmels- und Paradiesessymbole zu verstehen (Naredi-Rainer 1979, S. 137).

5. Historischer Kontext
Um die Bedeutung der von Villalpandos Rekonstruktion des Tempels Salomos im Kontext zu verstehen, muss man das Wirken der Gegenreformation und des Jesuitentums sowie die Faszination für Mystizismus und Kabbala in und nach der Zeit Villalpandos in fast ganz Europa miteinbeziehen. Nicht zu unterschätzen ist auch der grosse Einfluss von Philipp II. (1527-1598), der von seinen Zeitgenossen als 'neuer Salomo' bezeichnet wurde und unterschiedliche Rekonstruktionsversuche des Salomonischen Tempels förderte und protegierte (Kruft 1991, S. 250).

6. Abstract
Vieles aus der klassisch-antiken Architekturlehre übernimmt Juan Bautista Villalpando von Vitruv, aber bei zwei Dingen unterscheidet er sich von ihm: Erstens erweitert er die Säulenordnung um eine sechste Ordnung, die Salomonische Ordnung, und zweitens fliessen bei Villalpando barocke Elemente mit ein. Das umfassende Architekturtraktat Villalpandos geht weit über eine bauhistorische Rekonstruktion hinaus und wird als Bauanleitung für viele Synagogen, Kirchen und Klöster in England, den Niederlanden und in Polen bis ins 17. Jahrhundert genutzt (Kravtsov 2005, S. 313). Der eigentliche Grund für den europäischen Erfolg Villalpandos liegt, so Kruft, «in der Harmonisierung biblischer Angaben zur Architektur mit der vitruvianischen Tradition.» (Kruft 1991, S. 250).















































































Bibliographie
Architekturtheorie von der Renaissance bis zur Gegenwart, Köln [etc.]: Taschen, 2003.
Kruft, Hanno Walter, Geschichte der Architekturtheorie. Von der Antike bis zur Gegenwart, 3., durchges. u. ergänzte Aufl., München: Beck, 1991.
Kravtsov, Sergey R., «Juan Bautista Villalpando and Sacred Architecture in the Seventeenth Century», in: Journal of the Society of Architectural Historians, Vol. 64, No. 3 (Sep., 2005), S. 312–339.
Oechslin, Werner, «Dinokrates – Legende und Mythos megalomaner Architekturstiftung», in: Daidalos, 4, 15. Juni 1982, S. 7–26.
Oechslin, Werner, «Das Geschichtsbild in der Architektur in Deutschland: Jerusalem-Idee und Weltwunder-Architektur», in: Ulrich Schütte u.a. (Hg.), Architekt und Ingenieur. Baumeister in Krieg und Frieden, Wolfenbüttel: Herzog August Bibliothek, 1984 (Ausstellungskataloge der Herzog August Bibliothek; 42), S. 127–154.
Villalpando, Juan Bautista und del Prado, Jerônimo, In Ezechielem explanationes et apparatus urbis, ac templi Hierosolymitani commentariis et imaginibus illustratus. Opus tribus tomis distinctum, Roma: Zanetio, 1596–1604.
Von Naredi-Rainer, Paul, Salomos Tempel und das Abendland: monumentale Folgen historischer Irrtümer, Köln: Dumont 1994.
Page last modified on July 06, 2013, at 08:11 PM