The Butcher Oerlikon

The Butcher Oerlikon

asaanishvili 8. Dezember 2019

Beschreibung der Lage

Obwohl sich das Lokal direkt am Bahnhof befindet und viele Menschen daran vorbeigehen, ist es bisher womöglich nur wenigen aufgefallen. Das Lokal schreibt sich nämlich in die Fassade des Glasbaus ein und sticht dadurch nicht besonders heraus (wörtlich und im übertragenen Sinne). The Butcher befindet sich auf Stadtebene beim Ausgang Messe/Zentrum gleich zwischen dem Caffè Spettacolo und dem Kiosk. In der Nähe gibt es Tram- und Bushaltestellen, ein Einkaufszentrum und weitere Restaurants, darunter auch McDonalds und Burger King, die ein ähnliches aber dennoch sehr abweichendes Angebot haben. Bereits auf den ersten Blick wird es ersichtlich, dass es sich bei The Butcher nicht um ein gewöhnliches Burger-Restaurant handelt, denn es ist nicht wirklich ein Restaurant, sondern eher eine stilvolle Imbissbude, da es keinen Innenbereich gibt. Darauf komme ich noch zurück, doch zuerst soll ein Einblick in die Geschichte des Lokals gegeben werden.

Geschichte des Lokals

The Butcher in Oerlikon ist wie bereits erwähnt nicht das erste Lokal, das diesen Namen trägt. Das erste Butcher Restaurant wurde 2015 eröffnet und befindet sich im Niederdorf. Hier handelt es sich jedoch um ein Restaurant mit Innenraum, wie man dies auch erwarten würde. Aus einem Interview mit dem Besitzer Fredy Wiesner (20 Minuten Artikel, Juni 2015) wurde ersichtlich, dass das Restaurant einer Metzgerei ähnlichsehen sollte, woher auch der Name des Lokals kommt (Butcher = Metzger). Fredy Wiesner erkannte den Trend der Gourmetburger und investierte – wie einige andere auch – in dieses Konzept. Von seinen Konkurrenten möchte er sich jedoch durch den Gebrauch von regionalen und nachhaltigen Produkten abgrenzen. Diese Werthaltung ist im The Butcher zentral und wird später nochmals aufgegriffen. Im Verlaufe der Jahre eröffnete er einige weitere The Butcher Restaurants in Zürich, Bern und Zug. 

Doch noch bevor die Geschichte von The Butcher in 2015 begann, war Fredy Wiesner bereits das Gesicht hinter vielen anderen Restaurants in Zürich und in anderen Städten. The Butcher gehört nämlich zur Fredy Wiesner Gastronomie, zu der auch die Lokale Outback Lodge, Nooch, Negishi und einige weitere gezählt werden können. 

Doch im Zentrum dieses Beitrags soll nicht der Vergleich der einzelnen Standorte von The Butcher stehen, sondern viel mehr das Lokal in Oerlikon selbst.

Beschreibung des Lokals

Wie bereits gesagt, hat das Lokal in Oerlikon keinen Innenbereich. Stattdessen stehen in der Nähe der Bestelltheke drei Picknicktische und ein hoher Tisch bereit, an denen man das Essen verzehren kann. Auf den Tischen gibt es Behälter mit Servietten aus wiederverwertetem Papier, Feuchttüchern, Besteck aus Zuckerrohr in einer biologisch abbaubaren Verpackung und Ketchup. In den kalten Monaten werden grüne Decken mit dem Butcher Logo ausgelegt, damit die Gäste sich wärmen können. An den Tischen sind ausserdem Flyer mit saisonalen Gerichten ausgestellt, um die Gäste auf neue Sortimentergänzungen hinzuweisen. 

Die Theke selbst ist aus hellem Holz und die Arbeitsfläche ist schwarz. Darauf befindet sich eine moderne Kasse mit einem kleinen Gefäss davor. Auf diesem Gefäss klebt ein Post-it mit der Notiz «Thank you»; es ist offenbar für das Trinkgeld gedacht. Die Theke hat rechts eine Öffnung, damit das Personal hinein und wieder hinaus kann. Manchmal wird dieser Durchgang von den Glaspanelen verdeckt, vermutlich um sich vor der Kälte zu schützen. Dennoch bleibt der Bereich vor der Kasse offen, um jederzeit neue Gäste aufnehmen zu können. Der restliche Tresen ist bereits Teil der Arbeitsfläche und ist offenbar immer mit den Glaspanelen abgeschirmt. Oberhalb der Theke wurde mit Lampen und kleinen Küchenutensilien aus Metall dekoriert: altmodische Mixerstäbe, Pfannenwender und sonstige Objekte hängen von der Decke herab. Diese Dekorationen hindern die Gäste jedoch nicht daran, die Menutafel auf der gegenüberliegenden Wand zu lesen. Die Tafel ähnelt einer Wandtafel und wurde mit weisser Farbe beschriftet. Der Text sieht gedruckt und nicht handgeschrieben aus. Vermutlich ist die Oberfläche dafür zu klein, denn in den grösseren The Butcher Betrieben kommt es häufig vor, dass die Tafeln von Hand beschrieben werden. Die Wand selbst ist in weissen Keramikfliessen im U-Bahn-Look verkleidet. Dieser Stil ist in modernen Küchen äusserst beliebt. Die Fliessen erinnern auch etwas an eine weiss gestrichene Ziegelmauer, welche an den anderen Standorten aufzufinden ist. 

Gleich gegenüber der Öffnung der Theke hat es eine Tür, die wahrscheinlich zu einer Aufbewahrungskammer führt. Diese bleibt aber normalerweise geschlossen. An dieser Wand der Küche befinden sich der Grill und die Fritteuse. Die Arbeitsfläche ist aus Edelstahl, was einer Küche mehr entspricht als die schwarze Platte bei der Kasse. Hinter der Theke befinden sich normalerweise zwei bis drei Angestellte, die auf diesem dichten Raum zusammenarbeiten. 

Ausserhalb der Küche aber gleich neben der Theke ist die Abräum- und Recyclingstation. Es handelt sich hier um eine «Box» mit der Aufschrift «We ♥️ Recycling» und darunter das Logo des Lokals. Dort können der Abfall, die leeren PET-Flaschen und die Aludosen getrennt entsorgt werden. Die Getränke werden auf der rechten Seite der Theke in genau diesen Materialien verpackt in einem Kühlregal gelagert. 

Der Bestellprozess und das Menu

Um sich das Essen zu bestellen, muss man direkt an die Theke gehen. Von dort aus sieht man die Menutafel an der Wand und vor der Kasse ein kleines ausgedrucktes Menu mit Spezialangeboten. Das Menu ist relativ gross und es gibt mehrere Kategorien wie Burger, Putine, Fries und Salate sowie diverse Add-ons und Saucen. Wenn man zum ersten Mal bestellt und davor das Menu nicht im Internet schon studiert hat, kann man sich schnell überfordert fühlen. Dies fand auch ein erstmaliger Gast in einem Interview. Da er gar nicht das ganze Menu lesen konnte, bevor es Zeit war die Bestellung aufzugeben, wählte er einfach den Burger, der zuoberst war. In einem nächsten Schritt gibt man an, ob man hier essen oder mitnehmen möchte. Anschliessend bezahlt man für die Mahlzeit. Wenn man vor Ort essen möchte, erhält man einen Buzzer, um das Essen vom Tresen abzuholen, wenn es bereit ist. Wenn jedoch nicht viele Gäste da sind, wird man gebeten, an einen Tisch zu sitzen und das Essen wird dann direkt dorthin gebracht. 

Eine weitere Möglichkeit ist es, dass Essen online zu bestellen und es entweder abzuholen oder geliefert bekommen. Hierbei gibt es auch Spezialangebote für Firmen, die grössere Bestellungen aufgeben. Je grösser die Bestellung, desto grösser der Rabatt. In Oerlikon passt das natürlich ideal, da sich in der Umgebung viele Büros befinden und davon profitieren können. 

Dieser alternative Weg für den Bestellvorgang erklärt auch, weshalb die Angestellten beschäftigt aussehen und Gerichte zubereiten, wenn keine Kunden vor Ort sind: Vermutlich werden genau solche Bestellungen zubereitet und zum Abholen oder Liefern eingepackt.

Und obwohl es in Oerlikon und vor allem am Bahnhof selbst viele Bäckereien und Geschäfte gibt, wo frisches Essen zum Mitnehmen gekauft werden kann, wird nur in wenigen das Essen auch erst bei der Bestellung frisch zubereitet. In den meisten Fällen werden die Gerichte im Voraus hergestellt und werden bis zum Verkauf gelagert. Trotzdem geht es sehr schnell, bis das Essen zum Gast in die Hände kommt. Dies entspricht dem Fast-Food-Konzept, mit welchem Burger normalerweise in Verbindung gebracht werden. Bei diesen Burgern handelt es sich jedoch um frische und mit besonders ausgelesenen Zutaten zubereitete Gerichte. Hier lässt sich also bereits von Slow Fast Food oder Gourmetburgern sprechen. Nebst den vielen Fleisch-Burgern werden im The Butcher nämlich auch vegetarische und vegane, sowie auch low-carb und glutenfreie Alternativen angeboten. Bei den einzelnen Gerichten lässt sich beispielsweise das Brioche-Brötchen gegen einen Aufpreis mit einem veganen Bun austauschen. Diese Auswahl weist bereits auf die Kundschaft des Lokals hin: Wie im Interview gehört, wäre The Butcher eine gute Wahl für Leute, die etwas mehr darauf achten, was sie in ihren Körper aufnehmen. Denn die Gerichte werden hier ausnahmslos aus frischen und regionalen Produkten hergestellt und beinhalten keine Geschmacksverstärker. 

Beziehung zwischen Gast und Personal

Das Personal interagiert nur wenig mit den Kunden. Zwar wird zum Teil während dem Bestellen Small Talk betrieben, trotzdem gibt es durch diese Art von Bestellungsprozess wenig Gelegenheiten, um tatsächlich eine Beziehung zur Kundschaft aufzubauen. Dies wird durch Onlinebestellungen noch extremer, denn dort kommt es nicht einmal so zur persönlichen Interaktion. Hier geht es also sehr konventionell zu und her. Dadurch wird auch eine gewisse Effizienz geschaffen. Dies führt dazu, dass die Gäste kein Trinkgeld hinterlassen. Obwohl die Möglichkeit dazu besteht (Gefäss mit Post-it), fühlt es sich unnatürlich an, Trinkgeld für einen Service zu geben, den man noch nicht erlebt hat. Denn zu diesem Zeitpunkt, an welchem man für das Essen bezahlt, hat man ausser bei der Bestellung nicht mit dem Personal interagiert und demnach «keinen Service erlebt» und die Kochkünste noch nicht ausprobiert. 

Kundschaft und Zielgruppe

Die Kundschaft dieses Lokals ist eher jung und urban und ist häufig in Alltagskleidung oder lockerer Arbeitskleidung, also in einem Hemd oder etwas Ähnlichem, gekleidet. Gäste kommen in kleineren Gruppen von bis zu drei Personen. Dabei lässt sich kein grosser Unterschied zwischen der Anzahl Männer und Frauen erkennen. Vor 12:00 Uhr mittags sind eher wenig Leute im Lokal anzutreffen. Erst nach 12:00 Uhr wird es etwas beliebter. Die Kundschaft ist wie gesagt eher jung und circa zwischen 15 und 35 Jahren anzusetzen. Da das Essen doch relativ teuer ist, können es sich jüngere Kunden wahrscheinlich nicht regelmässig leisten oder würden nicht ohne ihre Eltern hierherkommen. Gleichzeitig lässt sich sagen, dass dies auch nicht ein besonders kinderfreundliches oder an Kinder ausgerichtetes Lokal ist, da vor allem Gourmetburger angeboten werden. Ausserdem gibt es auch kein spezielles Menü für Kinder. Dafür gibt es für Studenten ein besonderes Angebot und soll diese Gruppe wahrscheinlich damit anlocken. Studierende können zum Preis des Burgers einen Franken dazuzahlen und erhalten dafür noch ein Getränk und die Pommes zusätzlich. Somit wird das Angebot auch für die jüngeren Leute etwas attraktiver und bezahlbarer. Ein solches Menu mit Studenten-Deal ist je nach Wahl des Burgers somit ab 14.30 CHF erhältlich. Wie vorhin schon gesagt, ist das Essensangebot hier mehr oder weniger «gesund» und zielt dadurch auch auf Leute ab, die sich stärker auf ihre Ernährung achten. Auch durch die veganen und saisonalen Angebote wird eine sehr spezifische oder abenteuerliche Gruppe versorgt. 

Die Kundschaft in Oerlikon ist jedoch wahrscheinlich nicht deckungsgleicht mit der Kundschaft an anderen Standorten. Der Besuch dieses Lokals scheint eher eine spontane Entscheidung als ein geplantes Treffen zu sein. Jedenfalls im Winter, da es trotz den zur Verfügung gelegten Decken nicht besonders warm ist. Dieser Meinung war auch ein Gast, als er im November das Mittagessen im The Butcher Oerlikon verbrachte. Obwohl ihm das Essen gefiel, konnte er sich nicht vorstellen, erneut an diesen Standort zu kommen. 

«Also ich finde das ist ein schwieriges Konzept im Winter… muss ich sagen. Ich war auch der einzige, der dort hingesessen ist und ich wusste auch nicht wo ich sonst hingehen soll. Ist ja auch immer blöd mit Take Away Essen nachher in ein Einkaufszentrum zu sitzen, die möchten das ja auch nicht unbedingt. Und ja… im Sommer ist es sicher noch gemütlich dort… aber es ist halt am Bahnhof, also so wirklich schön ist es jetzt auch nicht.»

Nachhaltigkeit

Fredy Wiesner legt in seinen Restaurants grossen Wert auf die Nachhaltigkeit. Auf den ersten Blick scheint dies nur ein Trend zu sein, aber nach einer ausgiebigen Recherche wurde klar, dass das ein wichtiger Faktor in allen seinen Restaurants ist.

Die Zutaten selbst sind alle regional und aus nachhaltiger Zucht. Selbst der Strom in den Betrieben kommt aus Schweizer Wasserkraftwerken. Die Take Away-Schachteln sind laut der Fredy Wiesner Gastronomie Homepage 100% recyclebar und nach einer kurzen Nachfrage wurde mir auch erklärt, dass das Besteck zum Mitnehmen aus CPLA hergestellt wird. CPLA ist ein natürliches Abfallprodukt des schnellwachsenden Zuckerrohrs und ist dadurch biologisch abbaubar. Um die Homepage erneut zu zitieren: «Weil Nachhaltigkeit für uns mehr als nur ein Modebegriff bedeutet.»

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert