Nœrdkantine

Nœrdkantine

hpretreshnja 8. Dezember 2019

Willkommen in der Nœrdkantine

Die Kantine versteckt sich im Gewerbegebäude Nœrd im Industriegebiet von Neu-Oerlikon. In diesem Gebäude sind insgesamt über 30 Firmen ansässig, darunter auch die Unternehmen Aroma und Freitag, denen die Kantine gehört.
Man begibt sich an den Osteingang des Gebäudes und muss von da in das zweite Stockwerk hoch, es riecht stark nach LKW-Planen, der Geruch wird jeder und jedem vertraut sein, die*der eine Tasche von Freitag besitzt.

Im zweiten Stockwerk angelangt geht man erst mal an dem Fabrikladen von Freitag vorbei und daliegt sie: die Nœrdkantine. Der Geruch von Planen ist verschwunden, stattdessen steigt einem der der heutigen Mittagsgerichte in die Nase.
Wenn man hereinkommt, erblickt man als Erstes die Kücheninsel inmitten des Raumes. In einer schönen kupfernen Farbe lädt sie die Besucher*innen ein, näher zu kommen. Sie ist gegen alle Seiten des Raumes geöffnet und stellt den Dreh- und Angelpunkt der Kantine dar. Integriert in den Küchenkomplex ist auch die Kasse. Es kann sein, dass man sich während der Hauptbesuchszeit (die ist von ca. 12:00 Uhr bis 12:30 Uhr) auch manchmal schon im Eingang hinten an die Schlange anstellen muss.

Bei der Kasse angelangt, wird man erst mal freundlich von Julia, der Ko-Geschäftsführerin, begrüsst. Dann geht es über zur Menüwahl, und das Mittagessen kann beginnen. Dazu später mehr.

Ich habe mich mit Julia in der Kantine zum Gespräch getroffen und habe mir von ihr über dieNœrdkantine erzählen lassen.

Die Lounge der Kantine

Ein kleiner Rundgang

Tischfussball im Lounge-Bereich

Die Nœrdkantine ist grob in drei Bereichegeteilt: da gibt es gleich beim Eingang eine Lounge mit Sofas, Sesseln und sogar einem Kicker-Tisch. Auch ein Cheminée ist vorhanden, und obwohl darin kein Feuer entfacht ist, verbreitet es augenblicklich eine gemütliche Stimmung. Die Farben sind erden gehalten, braune und ockerfarbene Ledersessel, olivgrüne Sofas, das Mobiliar harmoniert mit dem Boden und den Wänden und die Salontische und Sitzmöbel mit Holzelementen gepaart mit den bunten Teppichen erschaffen ein heimeliges Feeling. Die Lounge ist der Ort, wo man gemütlich noch seinen Kaffee nach dem Mittagessen trinken kann und noch ein wenig mit den Kolleg*innen plaudert, bevor es dann wieder an die Arbeit geht. Auch wird sie teilweise von den Inhaber*innen genutzt, um Besprechungen abzuhalten, da die Atmosphäre einen lockeren, anregenden Effekt auf das Gespräch habe.

Der zweite Teil besteht aus dem eigentlichen Essbereich. Lange, hölzerne Tische und metallene Stühle im Industrial-Chic sind im Raum angeordnet. Die verschiedenen Farben der Stühle geben dem Raum mehr Leben. Ungefähr 80 Personen fasst der Bereich, doch man hat schön genug Platz, um zu Essen und auch ein wenig zu verweilen, selbst wenn die Kantine gerade hoch belegt ist. Während man auf seinen Hauptgang wartet, einen guten Blick auf das Treiben der Köch*innen.

Der dritte Bereich ist die Dachterrasse. Da stehen Tische und Stühle, und ein farbiges, gewelltes Blechdach auf Stelzen wirkt als Schutz vor der prallen Hochsommersonne. Wenn das Wetter es erlaubt, kann man draussen essen, circa 100 zusätzliche Plätze bietet die Terrasse. Im Sommer werden teilweise auch Liegestühle rausgestellt und ab und zu findet sogar eine kleine Boccia-Runde statt. Die Male, als ich zu Besuch war, hat es das Wetter jeweils leider nicht so gut gemeint, aber die Dachterrasse ist geräumig und verbindet die verschiedenen Arbeitsräume miteinander. Das weistauch nochmal auf die verbindende Funktion der Nœrdkantine hin.

Die offene Küche erlaubt den offenen, direkten Umgang mit dem Küchenteam der Kantine. Man kommt mit den Köch*innen in Kontakt und kann so auch direkte Rückmeldungen geben,
oder sich einfach nur für das Essen bedanken.

Blick auf einen Teil der Küche

Weil die Kantine mit Selbstbedienung funktioniert, geht man bei allen Stationen vorbei und hat am Ende alle Mitwirkenden sicher einmal zu Gesicht bekommen. Das macht das ganze persönlicher und somit auch sympathischer. Man weiss, wer das Essen auf dem eigenen Teller zubereitet hat – und das Küchenteam weiss, wer das von ihnen Zubereitete geniessen wird.

Das Angebot

Die Kantine ist für die Öffentlichkeit von Montag bis Freitag jeweils von 11:30 Uhr bis 14:30 Uhrgeöffnet, Mittagessen gibt es jedoch nur bis 13:30 Uhr. Für die Nœrds – wie sich die, im Gewerbehaus Angestellten, nennen – gibt’s zwischendurch noch andere Besuchs- und Nutzungsmöglichkeiten, z.B. ein kleines Frühstück.

Und ein paar Mal im Jahr öffnet sich die Kantine ausserhalb der Mittagszeit für öffentliche Events. So fand zum Beispiel am Samstag, dem 30.11.19, ein Essen zum Anlass einer «Metzgete» statt. Dabei wurde ein Schwein verzerrt, welches von Julia und ihrem Freund auf ihrem eigenen kleinen Hof gehalten wurde und im vergangenen Jahr mit Resten aus der Kantine gefüttert worden war. Schön, wie sich der Kreis schliesst.

«Am Anfang war sowieso mal die Vision da, dass die Kantine irgendwann ihren eigenen Bauernhof hat und sich dann grösstenteils selbstversorgen sollte», erzählt Julia, «das sollte nach den ersten zehn Jahren realisiert werden. Naja, so weit sind wir dann doch noch nicht ganz», sagt sie und lacht.

Neben den Mittagessen wird die Kantine sehr oft als Eventraum an Externe vermietet. Das stellt eine der Hauptaufgaben, neben der Beziehung zu den Lieferant*innen und der Funktion als Kontaktperson, von Julia dar. Zusammen mit den Mieter*innen plant sie die Events, erstellt Offerten und entwirft mit dem Küchenteam einen Speiseplan. Als ich sie frage, welche Art von Anlässen dennin der Nœrdkantine stattfinden, antwortet sie: «Alles. Wirklich einfach alles Mögliche. Wir hatten dieses Jahr bereits eine Hochzeit, eine Beschneidungsfeier, einen Ärztekongress, und weitere Events». Der Raum bietet sehr viele Möglichkeiten und das Team ist sehr offen für jegliche Ideen. Ausserdem besteht in dem «Gewerbehaus der Kreativen» auch ein grosses Angebot an jeglicher Unterstützung bei der Umsetzung der Vorstellung der Mieter*innen. Die Kantine arbeitet gerne mit den anderen Firmen im Haus zusammen, um den Wünschen der Mieter*innen entgegenkommen zu können.

Das Essen

Nachdem man an der Kasse ausgewählt und bezahlt hat erhält man eine kleine Holztafel mit der Bestellungsnummer. Dann kann man sich einen Menüsalat oder eine Tagessuppe und Besteck nehmen, und einen Platz auswählen. Während man auf seinen Teller wartet geniesst man die Vorspeise. Ausserhalb der Hauptbesuchszeit geht es ziemlich schnell bis dann schon die Nummer der eigenen Bestellung auf dem Display hinter dem Küchentresen eingeblendet wird; das heisst, man kann seinen Teller holen gehen.

Das Essen ist – wie mir Julia in unserem Gespräch erklärt – immer so frisch wie möglich. Da die Küche nicht viel Lager- und Kühlraum bietet, müssen sie die Zutaten, wenn möglich frisch geliefert bekommen und müssen diese auch rasch verarbeiten. So kochen sie mit frischen Zutaten, und bereiten die Gerichte auch täglich frisch zu. Das ist dem Team wichtig. Auch achten sie darauf, woher die Produkte stammen. Sie arbeiten sehr oft mit Produzent*innen aus der Region zusammen. Die Produkte stammen grösstenteils aus Bio-Anbau. Dafür zahlen die Gäste auch mehr als in herkömmlichen Kantinen; das Menu kostet in den meisten Fällen 18.00 oder 20.00 Franken. Im Menü sind die Tagessuppe oder der Menüsalat inbegriffen, und zu trinken gibt es Hahnenwasser à discrétion. Für alle, die lieber etwas Anderes zu trinken möchten, gibt es auch diverse Limonaden zu kaufen. Und seit Neustem bietet die Nœrdkantine auch ihren eigenen Weisswein an, nach dem Motto «think global, drink local».

Man kann täglich zwischen zwei Menüs und dem Wochenhit wählen. Mindestens eines der drei Gerichte ist vegetarisch.
Die Küche ist vielfältig und abwechslungsreich. Wer nicht genug Hunger für ein ganzes Menü hat kann auch einfach ein frisch zubereitetes Sandwich, einen Menüsalat, oder eine Portion der Tagessuppe nehmen.

Abb. 1: Menüplan der Woche vom 02.12.19 bis 06.12.19, wie er auf der Website zu finden ist

Wenn man öfters zu Besuch ist, merkt sich Julia an der Kasse sogar jegliche Essensunverträglichkeiten oder kleine Ticks. Sie meint, dass sich die Leute auch oft für die Nœrdkantine entscheiden, weil sie wüssten, dass es bestimmt immer etwas für ihren Geschmack gebe und sie «auch einfach nicht so viel nachdenken müssen, wenn sie bei uns zu Besuch sind».

Nach dem Essen räumt man sein Geschirr bei der dafür vorgesehenen Station ab. Wer möchte, und noch ein wenig Zeit und Münzgeld zur Verfügung hat, kann sich einen Espresso, Milchkaffee, oder Cappuccino aus dem hochwertigen Kaffeeautomaten rauslassen und in der gemütlichen Lounge Platz nehmen.

Der Essbereich und Zugang zur Terrasse

Die Menschen

Im Gewerbehaus selbst stellt die Kantine den Treffpunkt dar. Hier treffen sich die Angestellten jeglicher Firmen und finden zusammen.

Die Kantine ist auch für externe Gäste aus der näheren Umgebung sehr attraktiv. «Es gibt Leute, die kriegen die eigene Mensa vom Arbeitgeber subventioniert und kommen trotzdem zu uns Mittag essen», sagt Julia. Darüber ist sie froh, das Team nimmt dies als Bestätigung der guten Qualität des Angebots wahr. Als ich sie darauf anspreche, wie man als potentielle*r Besucher*in von der Existenz und der Lage der Kantine erfährt, reagiert sie gelassen: Das funktioniere sehr gut durch Mund-zu- Mund-Propaganda. Häufig sei es so, dass jemand von Auswärts mal von einem Nœrd zu Mittagessenmitgebracht wird, und diese Person dann mit eigenen Bekannten wieder mal in die Kantine kommt.

Diese Nähe zu ihren Besucher*innen stellt diegrösste Stärke der Nœrdkantine dar. Sie schafft eine einzigartige Atmosphäre. Julia erzählt mir, dass sie teilweise von Stammgästen an der Kasse gefragt wird, welches der drei Menüs sie ihnen empfehle. Das Vertrauen zu Julia und dem ganzen Nœrdkantine-Team scheint definitiv zu bestehen.

Julia sagt, es sei ihnen sehr wichtig, dass sich auch möglichst alle wohlfühlen – das Nœrdkantine-Team inbegriffen. Im Team besteht ein lockerer, freundschaftlicher Umgang. Die Mitarbeitenden kennen und mögen sich.

Auch möchten sie allen Besucher*innen ein angenehmes, sich willkommen fühlendes Gefühl vermitteln. Julia findet, es sei so ziemlich egal, wie jemand gekleidet sei oder aussehe. Wer hier ist, gehört auch hierher. Wenn es auf ihrer Seite mal irgendetwas am Verhalten eines Gastes auszusetzen gäbe, dann spreche sie das direkt an, damit daraus keine grosse Sache werde.

Auch sonst ist der Umgang in der Nœrdkantine direkt und persönlich. So kommt es oft vor – wie ich auch schon selber miterleben durfte – dass einige Gäste beim Verlassen der Kantine noch schnell in die Küche rufen «Hey, isch imfall wieder super gsi hüt!». So funktioniert das Feedback in der Kantine, die Besucher*innen melden gleich am Mittag noch zurück was ihnen gefallen hat.

Zur Geschichte

Die Nœrdkantine wurde im Jahr 2011 gegründet. Sie ist eine eigene AG, die Inhaber sind Aroma und Freitag. Als die Kantine eröffnet wurde hatte sie bloss einen Geschäftsführer. Als Julia im Jahr 2018 anfing, übernahm sie die Ko-Leitung zusammen mit dem Küchenchef, da die Aufgaben der Geschäftsführung für eine Person einfach nicht meisterbar waren. Seit Beginn waren die Ziele der Kantine eine frische und abwechslungsreiche Küche aus möglichst lokalen Bio-Zutaten anzubieten, und Food-Waste zu verhindern.

Fazit

Bei meinen Besuchen in der Kantine herrschte immer eine sehr angenehme Stimmung. Die Location, wie auch die Personen (seien dies das Team oder die Besucher*innen) machen einen coolen und entspannten Eindruck. Der positive und offene Umgang wirkt ansteckend, so fühlt man sich fast unverzüglich als Teil der «Gruppe» aufgenommen.

Als ich da war hat mir das Essen geschmeckt. Ob ich Lust hatte auf etwas Ausgefalleneres oder etwas Alt-Bekanntes, ich konnte bei meinen Besuchen immer ein Gericht finden, welches mich angesprochen hat.
Auch wenn sich die Preislage für eine Kantine eher im höheren Bereich befindet, lohnt es sich diesen zu zahlen. Die Frische der Zutaten schmeckt man nicht nur, ebenso braucht man wegen ihrer Herkunft keine Gewissensbisse zu haben.

An dieser Stelle kann ich euch eigentlich nur noch raten einfach mal vorbeizuschauen und das ganze selbst zu erfahren, denn wie es so schön heisst: Von Worten wird der Bauch nicht voll.

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