Nach dem, in mehreren Hinsichten, sehr aufschlussreichem Besuch in der Abegg-Stiftung und der Stunde mit der Färberdistel. Ging es nun daran, etwas mehr über die Färber herauszufinden. Wer färbte? Wer waren diese Färber und wurde in der Schweiz gefärbt? Wo könnte ich eine Recherche ansetzen? Wie ich inzwischen vermehrt gehört hatte, ist der erste Schritt in einer Recherche meist: “Schau das doch mal im Historischen Lexikon der Schweiz (HLS) nach”. Die Konsultation des HLS zusammen mit dem Vortrag von Alexander Engel haben mich dann tatsächlich in meinem Bestreben bestärkt, auf einer interessanten Spurt zu sein. Mehr dazu in diesem Beitrag.
Die Färber – Infos aus dem HLS
Was bei der Suche gleich auffällt, ist dass unter ‘Färber’ nichts zu finden ist, bis auf ein paar Einträge zu Personen, die Färber gewesen waren. Unter ‘Färberei’ wurde ich fündiger. Der folgende Absatz basiert auf den Informationen aus dem HLS.
“Die Färberei ist seit dem Altertum bekannt”. Unterschiedliche Färbetechniken benötigen unterschiedliche Sachkenntnisse und diese waren gross. Bereits im Mittelalter wurden Rezeptbücher [Blogeinträge zum Thema verlinken] Farbbüchlein verfasst, in denen man diese Sachkenntnisse niederschrieb. Das Färben mit natürlichen Farbstoffen war demnach also aufwändig und mit viel Fachwissen verbunden. Die Entdeckung von synthetischen Farbstoffen, ab 1856, mit der die Expansion der Textilindustrie einhergeht liess die Färberei vom Handwerksbetrieb in einen Fabrikbetrieb übergehen. Davor aber galt die Färbereien als Handwerksbetriebe, aber als eine “[…] konzessionspflichtige, besonders privilegierte Ehaften.”((Anne-Marie Dubler: “Färberei”, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.03.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013970/2015–03-05/, konsultiert am 06.05.2022.)) Zudem waren die Färber nicht in eigenen Zünften organisiert, zumindest in der Schweiz, aber sie hatten einflussreiche Meisterschaften. Färber waren also an sich freigestellt in ihrem Handwerk und konnten, wenn sie wollten, einer Textilzunft beitreten. Die Färber konnten dieses Handwerk in einer Lehre erlernen. Somit konnte jeder Färben, doch wurde die Qualität streng überwacht und nach HLS “[…] sollten [die Monopolstellungen der Färber und Bleicher] auf Städte und Marktflecken beschränkt bleiben. Um diese galten Bannmeilen und Berufsverbot; ländliche Stümper wurden von den Meistern handgreiflich bekämpft.[…] Färber wie Bleicher zählten daher mehrheitlich zu den gut situierten Berufsleuten.”((Anne-Marie Dubler: “Färberei”, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.03.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013970/2015–03-05/, konsultiert am 06.05.2022.)) (Für alle Interessierten geht’s hier zum HLS Beitrag: Färberei)
Gerade der letzte Teil der Kurzzusammenfassung zeigt einen Interessanten Aspekt, dem ich näher nachgehen wollte. Zum einen wird geschrieben, dass man den Beruf schützte, dies durch strenge Kontrolle, und die Stellung der Färber auch durch Handgreiflichkeiten verteidigt wurden. Zum anderen schützte man das ‘ungeschützte’ Berufsfeld also durch Monopole und Kontrollen, aber auch in dem man die ‘Stümper’ am ’stümpern’ hinderte. Man hatte also ein Interesse daran, das Berufsfeld vor jenen zu schützen, die keine gute Arbeit leisten würden. Die Arbeit als Färber als eine Ressource, die man schützen wollte, ist also eine Definition, die nach HLS Informationen zu stützen ist.
Eine Quelle, die die Theorie zu einer Forschungsfrage machte
Experts may not agree that indigotin made synthetically is inferior to natural indigo but no one will argue that it is identical with indigo. It may be better, worse or just as good but it is a chemically different substance.
Zur Verfügung gestellt von Alexander Engel: British Library, India Office Records L/E/7/522, Nr. 2662, Memorandum des Sirsiah Research Committee, Sirsiah Research Station, 07.11.1906
In indigo there are substances other than indigotin which some experts describe as worthless impurities while others maintain are most valuable components all of which in combination make up the article of commerce known as indigo.
It is therefore our business to make the most of this. Let us procure such experts as are convinced of the value of these so called impurities, send them round to all consumers to demonstrate the truth of their statements and induce as many consumers as they can to use natural indigo i.e. real indigo only.«
Aus dieser Quelle ist zu lesen, dass Indigo, natürliches Indigo, eine Farbe ist, die Expertise erfordert. Expertise, weil die Quelle die Interpretation zulässt, das gerade weil man mit einer Färbung durch natürlichen Indigo Imperfektionen haben wird, diese aber zu minimieren eben jene Expertise ist, die das Färben mit einem natürlichen Farbstoff eben zu einer Expertensache macht. Eine Expertise, auf die man stolz sei konnte und die Kund:innen schätzen und mit ihrem Kaufverhalten unterstützten. Das zumindest ist ein Schluss, den ich aus dieser Quelle ziehe. Das unterstützt auch meine Erfahrung von der Stunde mit der Färberdistel und den Videos zu verschiedenen Färbetechniken. Ja das Färben mag nicht nahhaltig sein, aber Färben ist eine Kunst, die viel Expertise erfordert. Wer sich gerne die Zeit nehmen möchte von dieser Expertise zu überzeugen, dem lege ich die den Sub-Beitrag Färbetechniken aus aller Welt, in dem einige Färbetechniken aus verschiedenen Ecken der Welt verlinkt sind. Keine Sorge, es geht nicht darum den Inhalt vollständig zu verstehen, die Bilder sprechen für sich selbst und sie sind ziemlich beeindruckend.
Ich bin also auf einer warmen Spur… Und jetzt? Wie weiter?
Die Färber hatten also laut HLS ein Interesse daran, ihre Arbeitsstellen zu schützen und zu sichern, dass gut gefärbt wird. In der Quelle und im Vortrag von Alexander Engel ist der Gedanke, die Expertise der Färber als eine Ressource zu sehen und diese schützen zu wollen, ebenfalls zu erkennen. Färben ist damit also nicht nur aufwändig und mit viel Expertise, sondern offenbar auch mit einem grossen Berufsstolz verbunden. Auf dies weist zumindest die Sekundärliteratur und mein eigener kurzer Einblick in die Färberarbeit hin. Auch die kleine Quelle, die uns im Seminar mit Alexander Engel gezeigt wurde, zeigt, dass das Färben mit natürlichen und damit unberechenbaren Farbstoffen eine Expertise ist, die den Käufer überzeugen soll, sich für das natürlich Gefärbte zu entscheiden, das dem Synthetischen nicht unterlegen ist. Doch ist dieser Gedanke aus der Quelle auch in der Schweiz zu finden? Muss fast, wenn im HLS von Handgreiflichkeiten geschrieben wird. Damit müsste man eigentlich durch eine intensive Auseinandersetzung mit Quellen, Dokumenten oder Ähnlichem diesen, in der Sekundärliteratur angedeuteten, Stolz und Schutzgedanke der Ressource Arbeit finden? Wo würde ich mit dieser Recherche überhaupt beginnen? Wo findet man diese Quellen, mit denen ich meine These auch methodisch belegen könnten? Wie weiter? Bei dieser Frage half der Input, den man uns im Staatsarchiv Zürich gegeben hat. Doch mehr dazu im nächsten Beitrag!
Quelle Bild:
Bild aus einer Reihe von Darstellungen der St. Galler Textilindustrie, um 1680 (Historisches und Völkerkundemuseum St. Gallen; Fotografie A. & G. Zimmermann, Genf). Garne und Leintücher werden zum Färber gebracht. Gefärbte Stoffe hängen zum Trocknen an der Traufe. https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013970/2015–03-05/ (Ende Quelle Bild)