, Andrea Palladio, RIBA, Palladio and Britain.



, Il quattro libri dell'architettura (1570), e-rara.



Rekonstruktion des Vespasiantempel, Holzschnitt von Palladio in Il quattro libri dell'architettura (1570), s. "Palladio's Rome" S. 46 .



Rom, Santa Maria in Aracoeli , s. "Palladio's Rome" S. 138













Andrea Palladios Reiseführer


1. Andrea Palladio und il quattro libri
2. l'antichità
3. le chiese

1. Andrea Palladio und il quattro libri

Die folgenden Ausführungen stützen sich auf den im Jahre 1554 veröffentlichten Reiseführer von Andrea Palladio zu den antiken Monumenten und Kirchen der Stadt Rom bzw. auf die in 2006 im Yale University Press Verlag publizierte englische Übersetzung von Vaughan Hart und Peter Hicks mit dem Titel Palladio's Rome.

Andrea Palladio, der 1508 als Sohn eines Müllers mit dem Namen Andrea Piero della Gondola in Padua geboren wurde, war der bedeutendste Architekt der Renaissance in Oberitalien. Sein Name Palladio ist ein von Pallas Athene, der Göttin der Kunst und Weisheit, abgeleiteter Humanistenname. Seine Karriere als Architekt beginnt Ende der dreiβiger Jahre, als er mit der Pedemuro-Werkstatt in Vincenza arbeitet. Als Fachmann für Steinverarbeitung kommt er nach Venedig. In den Jahren 1545, 1546-1547, 1549 und 1554 kehrt er immer wieder nach Rom zurück, um die Ruinen des klassischen Altertums zu studieren. 1554 publiziert er einen archäologischen Führer in Taschenbuchgrösse mit dem Titel L' antichità [di Roma raccolta brevemente de gli auttori antichi e moderni].

Im Jahr 1570 veröffentlichte Palladio das von ihm selbst illustrierte Werk I Quattro libri dell'architettura mit eigenen Entwürfen und zahlreichen Abbildungen antiker Architektur. Diese Veröffentlichung machte ihn zum einflussreichsten Architekturtheoretiker der frühen Neuzeit. Zudem begründete es dank seiner englischen Übersetzung im Jahr 1715 durch den Architekten Giacomo Leoni den sogenannten Palladianismus, der sich daraufhin weltweit verbreitete. Im ersten Buch bespricht Palladio alle Grundelemente, die bei der Errichtung eines Gebäudes zu beachten sind. Das zweite Buch ist dem privaten Wohnungsbau in Stadt und Land gewidmet. Die öffentlichen Profanbauten und die Stadtbaukunst sind Themen des dritten Buches. Das vierte und umfangreichste Buch schlieβlich befasst sich mit dem antiken Sakralbau.

2. L' antichità

Der erste Band L' antichità beginnt mit einer kurzen Rede an den Leser. Palladio spricht darin die Berühmtheit der Stadt Rom an. Besonders wie die antiken Römer unzählige Schlachten gewonnen haben und wunderbare Gebäude errichteten. Von jenen Gebäuden sei nicht mehr viel zu sehen, aber dennoch überstanden sie Kriege, Feuer und strukturelle Zusammenbrüche. Über diese grossartige Tatsache nachdenkend, sei ihm das Werk Le cose maravigliose di Roma zugekommen, welches aber seiner Meinung nach voller Lügen wäre. Daraus entsprang die Idee, aus Eigeninitiative dieses Buch zu machen, welches die Altertümer nach Programm behandelt. Er stützte sich auf antike und zeitgenössische Autoren, die sich ebenfalls mit dieser Thematik auseinandersetzten. Palladio erweiterte das Wissen jedoch um eigene Studien und Vermessungen. Daraus soll sich für den Leser ein vertieftes und detailliertes Verständnis ergeben, welches den grossen Gefallen und Verwunderung über die gefeierte Stadt Rom erklärt.

Palladio gliedert den Antikenführer nach einem Index. Es wird demzufolge keine Route den Altertümern entlang beschrieben, sondern eine detaillierte Darstellung der Bauten in Zusammenhang mit ihrer historischen Bedeutung gegeben. Palladio beginnt beispielsweise bei der Legende der Gründung Roms und weist so auf ihre physische und symbolische Bedeutung als erste Stadt hin. Weiter beschreibt er die Stadtmauer und ihre Tore, die Brücken, die Thermen, die Foren, die Senatshäuser, den Campidoglio, die Tempel, die Opfer, die Heirat und die Scheidung, um nur einige Beispiele zu nennen. Er versucht mit seinem Führer übergreifend alle kulturell relevanten Themen der Antike abzudecken. In den Beschreibungen steht die Architektur im Hintergrund. Wichtiger scheint ihm zu erwähnen, wer der Erbauer oder Stifter des Werks war und in welchem Nutzen es stand. Zur Veranschaulichung fügte er einzelne Druckgrafiken seine Ausführungen an, die er jedoch aus anderen Quellen bezog (zum Beispiel von Sebastiano Serlio).

In der Zusammenfassung nimmt er nochmals Bezug auf die Funktion der Altertümer. Sie waren mehrheitlich zu einem repräsentativen Zweck erbaut, der die Besucher von ihrer Einzigartigkeit überzeugen soll. Abschliessend zählt er auf, wie viele Male Rom erobert wurde und trotzdem ihre Pracht und Majestät nie verloren hatte und des weiteren zum Hauptsitz des Christentum wurde.

3. Le chiese

Im zweiten Band seines Reiseführers beschreibt Palladio die Sakralbauten Roms. Dabei nimmt er Bezug auf Mirabilia urbis Romae (s. oben Le cose maravigliose di Roma), von welchen das erste Manuskript aus dem zwölften Jahrhundert stammt. Besonders die älteren Ausgaben der "Mirabilia", die sich mit Ablassschriften für Pilger befassen "Libri indulgentiarum" und insgesamt 84 Kirchen beschreiben, dienten ihm als Quelle.

Le chiese ist in vier Kapitel gegliedert und folgt vier beliebten Pilgerrouten durch die Stadt, deswegen verfügt es auch nicht über einen Index wie L' antichità. In seinem Vorwort unterstreicht Palladio die wichtige Neuerung im Aufbau seines Führers und die Mühe, die ihm das Einordnen von 121 Kirchen bereitete. Beginnend mit Roms sieben wichtigsten Kirchen, verbindet die erste Route die zwei Kirchen auf der Tiberinsel zu den neun in Trastevere und den neun im Vatikan (er endet mit Santa Maria in Traspontina). Die zweite und längste Sequenz beginnt bei der Porta del Popolo, das Nordtor Roms, und führt über 52 Kirchen bis zum Kapitolhügel. Die dritte und vierte Route haben auch das Kapitol als Ausgangspunkt: Eine verläuft nach Norden zu den Bergen und die andere nach Süden zur Altstadt. Im Gegensatz zu den verwirrenden mittelalterlichen Reiseführern bietet Palladio hier Touristen vier logische Sequenzen, die auch eher dem rationalen Zeitalter entsprechen.

Beide Reiseführer geben einen Eindruck der persönlichen und in diesem Zusammenhang recht untypischen Interessen, die Palladio mit Architektur verbindet. In L'antichità beschäftigt er sich beispielsweise mit den Ritualen und dem Priestertum der Römer. In Le chiese erzählt er enthusiastisch Fabeln von magischen Phänomenen nach, die einen Bezug zu den Kirchen haben. Dies zeugt nicht nur von seinem starken christlichen Glauben, sondern auch von seiner Vorliebe für das Übernatürliche.

Im Anhang der englischen Übersetzung findet sich zudem ein Brief von Raffael an den Papst Leo X. Es wird angenommen, dass der Brief 1519 durch die Hand Raphaels entstand, in Zusammenarbeit mit Baldassare Castiglione und möglicherweise Antonio da Sangallo dem Jüngeren. Laut Vaughan Hart und Peter Hicks beleuchtet er das in der Renaissance bestehende Interesse für die antiken Monumente Roms.


Bibliographie
Hart, Vaughan/Hicks, Peter, Palladio's Rome, London 2006.
Andrea Palladio, Die vier Bücher zur Architektur, (Übertragung aus dem Italienischen: Andreas Beyer, Ulrich Schütte; nach der Ausgabe I Quattro libri dell’Architettura, Venedig 1570), Zürich/München 1988.
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