Dieses studentische Projekt entstand im Rahmen einer BA-Seminararbeit des HS23/FS24. Ein besonderer Dank gilt Dr. Christine Grundig und der Digitalen Lehre und Forschung der Philosophischen Fakultät (DLF), namentlich Anita Holdener und Rojbaş Feiner, die dieses Projekt unterstützten.
Als eine Kombination aus digitaler Edition und Mapping hat sich dieses Projekt der Quelle des Augsburger Wunderzeichenbuches verschrieben. Ziel des Projektes besteht einerseits darin, im Rahmen der Seminararbeit digitale Tools für Historiker:innen auszuprobieren, und andererseits darin, im Rahmen dieser Website anderen Historiker:innen, Studierenden und Interessierten das Augsburger Wunderzeichenbuch nicht klassisch in einer analogen Edition, sondern interaktiv in Form einer Karte zu präsentieren.
Ich lade Sie herzlich ein, diese Website und die interaktive GIS-Karte auf der Homepage zu erkunden und mehr über das Augsburger Wunderzeichenbuch zu erfahren. In den nachfolgenden Rubriken finden sich Erläuterungen zur Ausgangslage, aus der dieses Projekt entstanden ist, sowie Vertiefungen zu Digital History und den GIS-Tools.
Vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Unterstützung!
Valerija Vlasic
Studentin an der Universität Zürich, Historisches Seminar – Mai 2024
Ausgangslage des studentischen Projektes: Seminar der Digital History
Im Methoden- und Theorieseminar «Digital History» des Historischen Seminars im HS23/FS24 hatte ich die Gelegenheit, verschiedene Aspekte, Methoden und Tools zur Analyse historischer Quellen kennenzulernen und einige davon auch auszuprobieren. Obwohl ich bereits seit einiger Zeit ein Interesse an der Erstellung einer eigenen Website hegte, ergab sich dieses Projekt eher zufällig. Auf der Suche nach Quellen für die Seminararbeit stiess ich bei einer Online-Recherche auf das Augsburger Wunderzeichenbuch bzw. dessen Wikipedia-Artikel, das mir für ein GIS-Projekt besonders geeignet erschien, da es mit seinen 170 Folia und den kurzen Beschreibungen, meist jeweils mit Orts- und Zeitangabe, eine überschaubare und dennoch inhaltsreiche Grundlage bietet.
Obgleich sich im Rahmen der Realisierung des Projekts unerwartete Herausforderungen manifestierten, stellt dieses Projekt einen wertvollen Kompetenzerwerb dar. Durch dieses Projekt erwarb ich grundlegende Kenntnisse über digitale Methoden im Bereich der Geschichtswissenschaften, darunter GIS-Karten und digitale Publikationsformate. Zudem erlernte ich den Umgang mit Spatial Data, die durch historische Quellen generiert wurden.
Digital (Public) History
In den letzten Jahren hat die Digitalisierung sowohl die Gesellschaft als auch die Geschichtswissenschaften massgeblich beeinflusst. Unter dem Begriff «Digital History»1 werden verschiedene Methoden und Forschungsbereiche subsumiert, darunter digitale Analysewerkzeuge für Text- und Bildquellen, die Digitalisierung und Archivierung von Quellen sowie die historische Analyse von «digital born sources», also Websites, E-Mails oder Social Media Posts. In diesem Zusammenhang ist auch die «Digital Public History»2 zu erwähnen. Die Schnittstelle der Bereiche «Digital History» und «Public History» fördert die Zusammenarbeit von Historiker:innen und einer breiteren Öffentlichkeit, von Laien bis hin zu Fachkreisen, bei der Bearbeitung historischer Quellen.3
Trotz der zahlreichen Vorteile, stellen die digitale Transformationen auch Herausforderungen dar, mit denen sich insbesondere die neue Generation von Historiker:innen auseinandersetzen und neue Kompetenzen erwerben muss. In diesem Sinne kann auch dieses Projekt als Beispiel für die Anwendung digitaler Methoden betrachtet werden. Dies betrifft sowohl die Quellenanalyse, bei der die Daten aus der Quelle extrahiert wurden und in einer interaktiven Karte visualisiert sind, als auch die Publikationsform einer Website, die weitere Forschung inspirieren und anstossen kann.
Geoinformationssysteme (GIS)
Geographische Informationssysteme (GIS) werden in vielen wissenschaftlichen Disziplinen, einschliesslich der Geschichtswissenschaften, zunehmend genutzt, um komplexe Phänomene und Zusammenhänge räumlich quantitativ oder qualitativ zu analysieren, zu verstehen und zu visualisieren.4 GIS umfassen sowohl Software-Tools5 als auch Methoden, welche die Erfassung, Speicherung, Verwaltung, Darstellung und Analyse räumlicher Daten ermöglichen.6 GIS basieren auf geografischen Informationen, welche die Positionen auf der Erdoberfläche beschreiben und durch Koordinatensysteme mit Längen- und Breitengraden bestimmt werden.7 Diese Daten können mit attributiven Informationen verknüpft werden und historische Ereignisse beschreiben, indem sie Orte, Zeitpunkte und beteiligte Personen oder Aktivitäten angeben.8
Die Veröffentlichung von interaktiven GIS-Karten auf Websites ermöglicht eine breitere Verbreitung und bietet Historiker:innen eine neue Perspektive auf historische Quellen. Diese digitale Methode erlaubt nicht nur die Visualisierung von Daten, sondern auch deren Erfassung, Verwaltung und Weitergabe sowie die Nutzung interaktiver Funktionen zur Filterung von Informationen und zur schnellen Wissensvermittlung im Vergleich zur analogen Kartografie. GIS bieten Historiker:innen somit die Möglichkeit, räumliche und zeitliche Dimensionen historischer Daten zu erforschen und die Wechselwirkungen zwischen Raum und Zeit sowie die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Datensätzen zu verstehen.9
Im Rahmen dieses Projektes wurden 207 Datensätze aus der Quelle des Augsburger Wunderzeichenbuches erstellt, in eine Datenbank eingefügt und mit verschiedenen attributiven Daten verknüpft. Dabei handelt es sich einerseits um Quellenbezeichnungen und andererseits um nachträglich hierfür erstellte Kategorien. Die interaktive Karte wurde mit mit einem WordPress-Karten-Plugin (WP Go Maps) erstellt.
- Vgl. König 2024, S. 20, 24, 31, 33 und 35; Lässig 2021, S. 20, 24 und 26. ↩︎
- Für einen grösseren Einblick in die Digital Public History siehe: Noiret et. al. 2022. ↩︎
- Vgl. König 2024, S. 34; Lässig 2021, S. 12 und 29; Lücke et. al. 2018, S. 26. ↩︎
- Danthine et. al. 2024, S. 165; Gregory et. al. 2007, S. 1. ↩︎
- Unter anderem sind dies ArcGIS, QGIS und Leaflet. ↩︎
- Danthine et. al. 2024, S. 176 und 188. ↩︎
- Ebd., S. 173; Gregory et. al. 2007, S. 3. ↩︎
- Danthine et. al. 2024, S. 169 und 173. ↩︎
- Ebd., S. 165, 177 und 179; Mogorovich et. al. 2022, S. 421. ↩︎
Bibliographie
Quellenverzeichnis
- Augsburger Wunderbuch, hg. von Till-Holger Borchert; Joshua Waterman: The Book of Miracles/ Das Wunderzeichenbuch / Le Livre des miracles. Facsimile of the Augsburg manuscript from the collection of Mickey Cartin, Köln 2013.
Sekundärliteratur
- Berns, Jörg Jochen: Wunderzeichen am Himmel und auf Erden. Der frühneuzeitliche Prodigiendiskurs und dessen medientechnische Bedingungen, in: Neue Diskurse der Gelehrtenkultur in der Frühen Neuzeit, Berlin/Boston 2016, S. 99–162.
- Beyer, Jürgen: Prodigien, in: Enzyklopädie des Märchens, Bd. 10 (Nibelungenlied – Prozeßmotive), Berlin/Boston 2002, Sp. 1378-1388.
- Danthine, Brigit; Hiebel, Gerald; Rampl, Gerhard: Geoinformationssysteme (GIS) in den Geschichtswissenschaften, in: Antenhofer, Christina; Kühberger, Christoph; Strohmeyer, Arno (Hg.): Digital Humanities in den Geschichtswissenschaften, Wien 2024 (UTB 6116), S. 165-190.
- Gregory, Ian; Ell, Paul: Historical GIS. Technologies, Methodologies and Scholarship, Cambridge 2007 (Cambridge Studies in Historical Geography 39).
- König, Mareike: Die digitale Transformation der Geschichtswissenschaften, in: Antenhofer, Christina; Kühberger, Christoph; Strohmeyer, Arno (Hg.): Digital Humanities in den Geschichtswissenschaften, Wien 2024 (UTB 6116), S. 29-42.
- Lässig, Simone: Digital History. Challenges and Opportunities for the Profession, in: Geschichte und Gesellschaft, Heft 1/2021, Nr. 47.1 (H20754), Göttingen 2021, S. 5-34.
- Lücke, Martin; Zündorf, Irmgard: Einführung in die Public History, Stuttgart 20181 (UTB 4909).
- Mogorovich, Paolo; Salvatori, Enrica: Historical GIS, in: Noiret, Serge; Tebeau, Mark; Zaagsma, Gerben (Hg.): Handbook of Digital Public History, Berlin/Boston 2022, S. 419-430.
- Noiret, Serge; Tebeau, Mark; Zaagsma, Gerben: Introduction, in: Noiret, Serge; Tebeau, Mark; Zaagsma, Gerben (Hg.): Handbook of Digital Public History, Berlin/Boston 2022, S. 1-15.