Nebst Kessel und Kelle war eines Färbers wichtigstes Instrument wohl auch sein Rezeptbuch. Ein solches ist aus dem 16. Jahrhundert erhalten geblieben und zeigt wie rot, blau, gelb und so weiter gefärbt werden konnte. So enthält es beispielsweise auch ein Rezept für Indigo. Doch: steht nebst dem Beschriebs des Färbens auch etwas über die Besorgung und/oder Herkunft des Farbstoffs selbst?
Mit dieser Frage trat ich an die Lektüre des von Renate Woudhuysen-Keller editierten “Farbbüechlin. Codex 431 aus dem Kloster Engelberg”. Aber vorab eine knappe Schilderung der Quelle: Das “Farbbüechlin” wurde in der Stiftsbibliothek Engelberg entdeckt. Es besteht aus 175 von Hand beschrifteten Blätter und ist in ein Lederband gefasst (s. Titelbild).((Bd. I, S.15)) Das Büchlein wurde mutmasslich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts angelegt und danach immer wieder ergänzt. Seine Geschichte lässt Spekulationen zu, ist aber nicht mit Sicherheit belegbar. Einzig: es kam vermutlich aus Rapperswil.
Das Farbbüechlin – die Quelle
Die Vermutung stand nahe, dass im Rezeptbuch allenfalls auch etwas über die Besorgung der Farbstoffe zu erfahren sei. Wie in der Einleitung zu diesem Blog erwähnt wird, kamen die Farbstoffe nämlich allesamt nicht aus dem Gebiet der heutigen Schweiz. Sprich die Besorgung scheint nicht über den nachbarlichen Bauernhof oder Garten möglich. Obwohl sich darüber auch spekulieren liesse, da in den Quellen des Staatsarchivs Zürich doch auch Verweise auf “Färbereigärtchen” zu finden sind.
Ab Seite 125 des editieren Rezeptbuchs finden sich Rezepte mit Indigo. Oder wie es im Original steht, für “blaw Endichfarb”. Geschildert werden darin verschiedene Möglichkeiten, um mit Indigo blau zu färben. Aber die Frage der Herkunft der Farbstoffe blieb leider verborgen. Dieses Rezeptbuch hat sich für die Frage der Handelskette als Sackgasse entpuppt.
Die wissenschaftliche Ergänzung: Band II
Der zweite Band von Woudhuysen-Keller ist eine historisch und naturwissenschaftliche Ergänzung zu Band I. Er geht ergänzend zu den Rezepten auf Produktion und Herkunft der Farbstoffe ein. Dabei ergänzte er das Wissen im Farbbüechlin mit anderen Rezeptbüchern.
Daraus entnimmt die Autorin beispielsweise, dass unter dem verwendeten Indigo im Farbbüechlin sowohl Waid als auch Indigo aus Indien gemeint waren. Dies wird daraus geschlossen, dass im einten Rezept der Indigo von Sand befreit werden musste, was ein typisches Merkmal für Waid war.((Bd. II, S.142)) In einem anderen Rezept hingegen wird das Indigo gerieben oder geschabt. Dies sei ein Hinweis auf Indigo von der Indigopflanze. Dieses wurde nämlich als Brocken oder Würfel gehandelt.
Lässt die Sackgasse trotzdem Aussagen zu?
Da uns mit dem Farbbüechlin nur ein Rezeptbuch vorliegt, lässt sich nicht abschliessend sagen, ob es nicht auch Rezeptbücher gäbe, die Hinweise über die Besorgung von Farbstoffe zuliessen. Eine breitere Untersuchung von frühneuzeitlichen Rezeptbücher könnte sich daher in Bezug auf die Frage der Distribution schon lohnen. Oder eine sich aus der Betrachtung ergebende Frage könnte sein: Wieso ist die Beschaffung kein Thema der Rezeptbücher? Gibt es evtl. andere Ressourcen, die den Färber*innen solche Auskünfte gaben? Oder war das Wissen so alltagspräsent, dass es nicht schriftlich festgehalten werden musste?
Das Studieren des Farbbüechlins öffnet also in Bezug auf meine Fragestellung weitere Unterfragen. Es ist eine sehr spannende Quelle, die es sich vor allem in Bezug auf Färbeprozeduren (und deren Nachhaltigkeit) zu untersuchen lohnt.
Bildnachweis:
Titelbild: Aus Band I.
Färber bei der Arbeit: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:F%C3%A4rbewerkstatt1.jpg
Indigo-Würfel: