Fazit

Fazit

Fär­berei im Europa des 19. Jh. erscheint vielle­icht zu Beginn wie ein Nis­chen­the­ma. Mit der Zeit wird (bzw. wurde mir zumin­d­est) klar, dass es alles andere ist. Der Fär­berei – und speziell dem Über­gang der Fär­berei mit Natur­farb­stof­fen zu syn­thetis­chen Farb­stof­fen – kommt eine riesige wirtschaftliche Bedeu­tung in der Schweiz im 19. Jh. zu: Die chemis­che Indus­trie wie wir sie heute ken­nen, schlägt in dieser Zeit ihre Wurzeln, die Arbeit­er­schaft der Türkischrot­fär­bereien machen ein grossen Teil des Pro­le­tari­ats im 19. Jh. aus, die Fär­berei wirkt sich auf die Land­wirtschaft und Tex­tilin­dus­trie aus. Was mir zu Beginn also wie ein Nis­chen­the­ma vorkam, ent­pup­pte sich mit der Zeit als bedeu­ten­der Teil der Frühin­dus­tri­al­isierung in der Schweiz.

Zudem real­isierte ich, dass mein lim­i­tiertes chemis­che und tech­nis­che Wis­sen mir Gren­zen oder Hür­den set­zt, um mich his­torisch mit dem The­ma auseinan­der zu set­zen. Diese chemis­chen und tech­nis­chen Hür­den bes­timmten somit auch den Ver­lauf mein­er Forschung und die Def­i­n­i­tion mein­er Forschungsfragen.

Mein Forschungsweg:

Um eine Fragestel­lung zu find­en, stöberte ich zuallererst ein­mal im his­torischen Lexikon der Schweiz (HLS) herum. Da fand ich mehrere Arten der Ver­drän­gung in der Fär­berei und in der Tex­tilin­dus­trie, von denen mich aber die Ver­drän­gung natür­lich­er Farb­stoffe durch syn­thetis­che am meis­ten inter­essierte. Da wir im Kol­lo­qui­um generell der Frage der Nach­haltigkeit in der Fär­berei nachge­hen woll­ten, kam ich dann auf meine erste Fragestellung:

Fragestel­lung 1.0: Aus welchen Grün­den haben syn­thetis­che Farb­stoffe die natür­lichen ver­drängt? Ist darunter auch ein Argu­ment zu Nach­haltigkeit oder sind im Gegen­teil Natur­farb­stoffe nachhaltiger?

Nach weit­eren Recherchen kam ich zu eini­gen, nicht abschliessenden Ergeb­nis­sen. Die Geschichte der syn­thetis­chen Farb­stoffe ist jedoch riesig und vor allem SEHR chemisch (was man eigentlich von Anfang an hätte ver­muten kön­nen). Daher for­mulierte ich eine zweite, «his­torischere» Fragestellung:

Fragestel­lung 2.0: Wie sah diese Ver­drän­gung der Natur­farb­stoff-Indus­trie konkret aus? Was wurde aus den Fär­berkrapp-Fir­men und ‑Bauern? Was passierte mit den Rot­far­ben und anderen Gebäu­den der Indus­trie? Was wurde aus den Han­del­swe­gen und ‑Beziehun­gen des Fär­berkrap­phan­dels? Was geschah mit den Gebi­eten, die berühmt für ihren Fär­berkrapp Anbau waren?

Auch darauf fand ich einige Antworten. Lei­der aber mehr zur Verän­derung des Mark­tes und der Fir­men und weniger zu den Bauern, Gebi­eten und Gebäu­den. Mich würde da sehr inter­essieren, was aus den Indi­viduen wurde, die im alten Krapp­markt tätig waren und mit ihrer Tätigkeit (z.B. Krap­pan­bau), die keinen Platz mehr im neuen «Türkischrot»-Markt mehr hat­ten. Sind sie z.B. scharen­weise auf eine andere Land­wirtschaft umgestiegen? Kon­nten sie ihre Werkzeuge dann weit­er­brauchen oder mussten sich alle völ­lig umstellen?

Um diese zwei Fragestel­lun­gen über­haupt beant­worten zu kön­nen, brauchte ich zuerst ein­mal eine solide Wis­sens­grund­lage über Krapp und Alizarin. Deshalb ging auch viel mein­er Recherche auf den Auf­bau von Grund­la­gen­wis­sen (s. die ersten 3 Blo­gein­träge: Grund­la­gen, Einord­nung, Zeit­strahl). Schon etwas stolz bin ich, zu diesem Grund­la­gen­wis­sen nicht nur abstrak­tes, the­o­retis­ches Wis­sen zählen zu kön­nen, son­dern auch ganz prak­tis­ches «Wis­sen»: Im Färbe-Work­shop färbten wir u.a. auch mit Krapp.

Neben klas­sis­ch­er Lit­er­atur­recherche kon­nte ich für die Blo­gein­träge auch auf unter­schiedliche tech­nis­che Ein­führun­gen zurück­greifen. Beispiel­sweise wie ger­ade erwäh­nt auf den Fär­be­work­shop, wo wir mit Natur­far­ben gefärbt haben oder auch den Druck­work­shop in der Hochschule Luzern. Zudem führte ich ein Inter­view mit der Exper­tin Agniesz­ka Woś Juck­er, das ich mit einem Audio­gerät vom DLF aufnehmen kon­nte. Lei­der kommt Nach­haltigkeit in meinen Blo­gein­trä­gen etwas kurz. Trotz­dem haben wir im Rah­men des Kol­lo­qui­ums viele Grund­satzdiskus­sio­nen zu nach­haltiger Wirtschaft geführt und beim Besuch von Chris­t­ian Kae­gi von Qwstion auch ein ganz konkretes Beispiel für eine poten­tiell nach­haltigere Kreis­laufwirtschaft gesehen. 

Diese unter­schiedlichen Meth­o­d­en, v.a. auch die prak­tis­chen, tech­nis­chen Ein­blicke ins The­ma erlaubten mir einen ganz anderen Zugang zum The­ma zu kriegen, als dies in einem kon­ven­tionellen Sem­i­nar möglich wäre.

Weitere Beiträge