Am Anfang der Untersuchung standen viele Fragen. Am Ende der Untersuchungen stehen davon noch viele und mehr. In meinem Portfolio bin ich frühneuzeitlichen Handelsketten oder der Distribution von Farbstoffen auf die Spur gegangen. Konnte ich dieser folgen? Oder bin ich immer in Sackgassen eingebogen? Dieser Frage widme ich mich in diesem abschliessenden Fazit zum Projekt. Und dann noch die Frage der Nachhaltigkeit.
Die Fragen
Als Erinnerung stelle ich hier nochmals meine Fragen vor und versuche aufzuzeigen, ob ich dazu Antworten gefunden habe und wie man den noch offenen Fragen nachgehen könnte. Ich wiederhole: 1.) Wo konnten die Farbstoffe besorgt werden? 2.)Wer handelte die Farbstoffe in der Schweiz? 3.) Kann nachvollzogen werden, über wieviele Instanzen der Farbstoff in die Färbereien gelangte? 4.) Was waren die Preise der Farbstoffe (bei welcher Station der Handelskette)? 5.) Gab es evtl. auch Konflikte in diesem Bereich?
Die Ergebnisse
1.) Auf diese Frage haben mir sowohl Intelligenzblätter als auch das Gespräch mit Alexander Engel Einblicke geliefert. In den Intelligenzblätter werden Farbstoffe inseriert. Sie werden in Spezereiläden verkauft, an Ganten oder Messen in grösseren oder kleineren Mengen versteigert. Wie Engel in Bezug auf das Handelshaus Amann aufzeigt, gab es zum Teil auch direkte Belieferungsverträge. Die Frage von den verschiedenen lokalen Besorgungsstellen für Farbstoffe und wer welche nutzte, bleibt aber noch immer offen.
Vielleicht ein Thema für Deine nächste Seminararbeit? Um der Frage nachzugehen müsste wahrscheinlich von Quellen von Färbereien ausgegangen werden sowie von Farbstoffhändler*innen. Auch Kaufmannschafts-Vereinigungen (für ZH z.B. das kaufmännische Direktorium) in den Städten könnten dafür konsultiert werden.
2.) Die Antwort auf diese Frage ist eher repetitiv. Denn auf diese Frage muss wieder auf die selben beiden Instanzen verwiesen werden, die unter 1. bereits besprochen wurden. Ich bin aber überzeugt, dass es noch mehr zu nennende Instanzen gäbe, welchen ich in dieser Untersuchung jedoch nicht auf die Spur gekommen bin. Nichtsdestotrotz wäre es spannend herauszufinden, wer die Farbstoffe in der Schweiz z.B. an die Spezereiläden handelte.
3.) Genau konnte nicht rekonstruiert werden, über welche Instanzen die Farbstoffe in die Schweiz gelangten und eine eindeutige Antwort dazu ist offensichtlich auch nicht möglich. Im Gespräch mit Alexander Engel und im dazugehörigen Eintrag werden einigen Handelswegen ersichtlich. Er erklärt beispielsweise, wie das Handelshaus Amman seine Handelskette — zumindest ab der französischen Atlantikküste — regelte. Ausserdem ist dem Beitrag eine Karte angefügt, die Handelswege in die Schweiz illustriert.
Auch in den Intelligenzblättern gibt es Hinweise: So wurde zum Beispiel inseriert, dass Indigo an der Messe in Frankfurt am Main erhältlich ist, oder direkt in Bordeaux versteigert würde.
Die Untersuchung einer detaillierten Handelskette — beispielsweise von Indigo — wäre ein spannendes Unterfangen. Vor allem liessen sich daran auch gut Fragen der kolonialen Verstrickung der Schweiz untersuchen. Diese sind handkehrum auch sehr gut mir Fragen der Nachhaltigkeit in Verbindung zu bringen. Dazu würde ich einsteigend die Lektüre des Berichts des Historischen Seminars der Universität Zürich “Die Beteiligung der Stadt Zürich sowie der Zürcherinnen und Zürcher an Sklaverei und Sklavenhandel vom 17. bis ins 19. Jahrhundert” empfehlen.
4.) Da keine genauen Stationen herausgearbeitet wurden und die, auf die gestossen wurde nicht en Detail erforscht wurden, muss diese Frage so gut wie ganz unbeantwortet bleiben. Nur in den Intelligenzblättern fanden sich höchst selten Hinweise auf die Preise. Dabei beleuchten sie aber nur lokale Preise. Daher kann hier keine Aussage über die Verteuerung der Ware in der Handelskette gemacht werden.
5.) Zu dieser Frage habe ich während meiner Recherche gar nichts gefunden.
Und das Farbbüechlin? Wie auch schon im dazugehörigen Eintrag erläutert, war diese Quelle in Bezug auf meine Fragen nicht ergiebig. Falls Du aber mein Projekt rückwärts — also vom Fazit ausgehend anschauen solltest — empfehle ich aber trotzdem ein Blick auf meinen Eintrag zu dieser spannenden Quelle.
Und die Nachhaltigkeit?
Wie ich auch in meiner Beschreibung des Kolloquiums festgehalten habe, ist mir trotz meiner Auseinandersetzung mit einigen Titel aus der Historiografie der Nachhaltigkeit, noch immer nicht abschliessend klar, was Nachhaltigkeitsgeschichte überhaupt sein soll. Jeremy L. Cardonna schreibt in “Sustainability. A History”, dass die Geschichte der Nachhaltigkeit genauso Geschichte des Sozialen, Politischen und Wirtschaftlichen ist, wie sie Umweltsgeschichte ist.(( S.19)) Diese Definition finde ich aber passend. Es könnte also gesagt werden, dass auf mein Projekt bezogen, die sozialen, politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte, die Handelsketten tangieren, untersucht werden können.
Doch nun zu meinen Erkenntnissen, wie lassen sich diese mit dieser Definition in Verbindung bringen?
Es liesse sich zum Beispiel fragen, wieviel ein Färber oder eine Färberin für die Besorgung ihrer Farbstoffe aufwenden musste und inwiefern diese Preise politisch reguliert wurden. Anhand dieser Frage liesse sich dann ergründen, inwiefern die Färber*innen als Endabnehmer*innen der Farbstoffe unter der Preissetzung der Farbstoffen betroffen waren, was eine soziale und wirtschaftliche Frage wäre.
Anhand der Stationen, die ein Farbstoff während der Handelskette durchläuft, kann auch nach der ökologischen Nachhaltigkeit am Ursprungsort gefragt werden — sowohl als auch nach sozial-politischen auf dem Weg in die Färberei.
Dabei muss schlussendlich vielleicht auch noch auf die Abnehmer*innen von den Produkten der Färberei gedacht werden und inwiefern die Handelskette und der daraus resultierende Endpreis eines gefärbten Produkts auf diese eine Auswirkung hatten.