Das Augsburger Wunderzeichenbuch ist eine faszinierende historische Quelle, die einzigartige Einblicke in die Vorstellungswelt der Frühen Neuzeit mit wundersamen Ereignissen.
Im Folgenden wird zuerst ein Einblick in die Prodigien und Wunderzeichenbücher allgemein gegeben und im Anschluss auf die Quelle des Augsburger Wunderzeichenbuches genauer eingegangen.
Wunder, Prodigien und Wunderzeichenbücher
Das Interesse an wundersamen Ereignissen und Naturphänomenen wie Kometen, Erdbeben oder Wundergeburten reicht bis in die Antike zurück. Bereits bei Autoren wie Homer, Herodot und Titus Livius wurden solche Ereignisse als Omen oder Vorzeichen für die Zukunft interpretiert. Diese Faszination findet sich in einer Vielzahl von Aufzeichnungen wieder, die von der Antike über das Mittelalter bis in die Neuzeit reichen und zur Textgattung der «Wunderzeichenbücher» oder «Prodigiensammlungen» gezählt werden.1
Zu den bekanntesten Wunderzeichenbüchern zählen Werke wie das «liber prodigiorum» von Iulius Obsequens aus dem 4. Jahrhundert, Sebastian Brandts «varia carmina» (1457/8–1521), Jakob Mennels «de signis, portentis» (1460–1526) und die «Wickiana» von Johann Jakob Wick (1522–1588). Die Verbreitung von Flugschriften in der Frühen Neuzeit trug dazu bei, das Interesse an Wundern und Prodigien zu fördern, insbesondere in protestantischen Kreisen wie denen von Heinrich Bullinger oder Melanchthon.2
Diese Berichte über Wunder hatten oft eine ermahnende Funktion. Sie riefen im Sinne der Eschatologie zur Busse, zur Besserung und zur Vorbereitung auf die Endzeit auf. Durch ihre Darstellung von unerklärlichen Ereignissen trugen sie zur Formung der religiösen und gesellschaftlichen Vorstellungen ihrer Zeit bei.3
Das Augsburger Wunderzeichenbuch
Das Augsburger Wunderzeichenbuch wurde im Jahr 2008 bei einer Auktion (wieder)entdeckt und befindet sich nun im Privatbesitz der Mickey Cartin Collection. Die Kunsthistoriker Till-Holger Borchert und Joshua P. Waterman haben es ermöglicht, eine Faksimile-Edition davon zu erstellen. Auf dieser Edition basiert auch der grösste Teil dieses Projekts (siehe Bibliographie). Das Manuskript, dessen Herstellungsort Augsburg vermutet wird, stammt aus dem 16. Jahrhundert, einer Zeit, die als Blütezeit der Wunderzeichenbücher bekannt ist.
Augsburg war nicht nur ein bedeutendes politisches, religiöses und finanzielles Zentrum, sondern auch ein wichtiger Standort für die Produktion von Flugblättern und Wunderzeichenberichten, neben Städten wie Nürnberg, Strassburg, Frankfurt, Köln und Prag. Die genauen Umstände der Entstehung des Augsburger Wunderzeichenbuches sind jedoch unklar. Es wird vermutet, dass Hans Burkmair der Jüngere, Hans Hohlbein der Jüngere und Hans Sebald Beham möglicherweise an seiner Erstellung beteiligt waren.
Das Augsburger Wunderzeichenbuch unterscheidet sich von anderen Werken seiner Zeit durch seine farbenprächtigen Illustrationen in Gouache und Aquarell, im Gegensatz zu den meist einfarbigen Flugblättern. Der Text des Werkes verzichtet auf eine explizite Deutung und Mahnung, vermutlich um Redundanz zu vermeiden. Die einzelnen Folios folgen dem typischen Aufbau von Überschrift, Darstellung und Beschreibung, wobei die Texte im Vergleich zu anderen Flugblättern oder Wunderzeichenbüchern knapper gehalten sind und auf ein Vorwort oder eine Widmung verzichten. Das Werk ist aber nicht vollständig erhalten, da einige Folia im Laufe des 19. Jahrhunderts aus dem Korpus entfernt wurden und seitdem unauffindbar sind.4
Der chronologische Aufbau des Augsburger Wunderzeichenbuches orientiert sich an dem Ordnungssystem der Weltgeschichte und der biblischen Heilsgeschichte. Es beginnt mit den Wunderzeichen des Alten Testaments, zeigt dann Wunder von 73 v. Chr. bis 1552 n. Chr., wobei meist nur ein Ereignis pro Seite dargestellt wird, und schliesst mit Zeichen aus der Offenbarung des Johannes, die noch in der Zukunft erwartet werden. Die Grundlage für die insgesamt 167 Folia des Werkes sind vermutlich Chroniken, andere Flugblätter, Kupferstiche, Darstellungen und Notizen. Die biblischen Darstellungen im ersten und letzten Teil basieren wahrscheinlich auf der Zürcher Bibel gedruckt bei Christoph Froschauer.
Weitere Folia des Augsburger Wunderzeichenbuches
Die folgenden Folia sind auf der Karte nicht auffindbar, da sie keine (explizite) geografische Verortung haben. Um der Vollständigkeit wegen, sind hier diese Folia in einem Tabellenformat ersichtlich.
Folia mit Wunderzeichen aus dem Alten Testament
Die Sintflut | Genesis 7,11-14 | In den sechshundertsten Lebensjahr Noahs am siebziehnten Tag des zweiten Monats, an diesem Tag brachen alle Brunnen der großen Tiefe auf und taten sich die Fenster des Himmes auf, und ein Regen kam auf Erden vierzig Tage und vierzig Nächte. An eben diesem Tage ging Noah in die Arche mit Sem, Ham und Jafet, seinen Söhnen, und mit seiner Frau und den drei Frauen seiner Söhne; dazu alles wilde Getier nach seiner Art, alles Vieh nach seiner Art, Gewürm, das auf Erden kriecht, nach seiner Art und Vögel nach ihrer Art, alles, was fliegen konnte, alles was […]. | Folio 1 | |
Das Zeichen des Bundes | Genesis 9,12-15 | Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich geschlossen habe zwischen mir und euch und allem lebendigen Getier bei euch auf ewig: Meinen Bogen habe ich in die Wolken gesetzt; der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde. Und wenn es kommt, dass ich Wetterwolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolken. Als dann will ich gedenken an meinen Bund […]. | Folio 2 | |
Mannaregen | Exodus 16,14-16 | Und als der Tau weg war, siehe, da lag s in der Wüste rund und klein wie Reif auf der Erde. Und als es die Israeliten sahen, sprachen sie untereinander: Man hu? Denn sie wussten nicht, was es war. Mose aber sprach zu ihnen: Es ist das Brot, das euch der HERR zu essen gegeben hat. Das ist’s aber, was der HERR geboten hat: Ein jeder sammle, soviel er zum Essen braucht, einen Krug voll für jeden nach der Zahl der Leute in seinem Zelte. | Folio 6 | |
Moses und die Söhne Levis | Numeri 16,4-7 | Als Mose das hörte, fiel er auf sein Angesicht und sprach zu Korach und zu seiner ganzen Rotte: Morgen wird der HERR kundtun, wer ihm gehört, wer heilig ist und zu ihm nahen soll; wen er erwählt, der soll zu ihm nahen. Dies tut morgen: Nehmt euch Pfannen, Korach und seine ganze Rotte, und legt Feuer hinein und tut Räucherwerk darauf vor dem HERRN. Wen dann der HERR erwählt, der ist heilig. Ihr geht zu weit, ihr Söhne Levi! | Folio 7 | |
Elija und Elischa | 2. Könige 2,11-12 | Und als sie miteinander gingen und redeten, siehe, da kam ein feuriger Wagen mit feurigen Rossen, die schieden die beiden voneinander. Und Elia fuhr im Wetter gen Himmel. Elisa aber sah es und schrie. Mein Vater, mein Vater, du Wagen Israels […]. | Folio 8 | |
Jesaja und die Sonnenuhr | Jesaja 38,4-8 | Da geschah das Wort des HERRN zu Jesaja: Geh hin und sage Hiskia: So spricht der HERR, der Gott deines Vaters David: Ich habe dein Gebet gehört und deine Tränengesehen. Siehe, ich will deinen Tagen noch fünfzehn Jahre zulegen und will dich samt dieser Stadt erretten aus der Hand des Königs von Assyrien und will diese Stadt beschirmen. Und dies sei dir das Zeichen von dem HERRN, dass der HERR tun wird, was er zugesagt hat: Siehe, ich will den Schatten an der Sonnenuhr des Ahas zehn Striche zurückziehen, über die er gelaufen ist. Und die Sonne lief zehn Striche zurück an der Sonnenuhr, über die sie gelaufen war. | Folio 10 | |
Vision des Jeremia | Jeremia 1,11-14 | Und es geschah des HERRN Wort zu mir: Jeremia, was siehst du? Ich sprach: Ich sehe einen erwachenden Zweig. Und der HERR sprach zu mir: Du hast recht gesehen; denn ich will wachen über meinem Wort, dass ich’s tue. Und es geschah des HERRN Wort zum zweiten Mal zu mir: Was siehst du? Ich sprach: Ich sehe einen siedenden Kessel überkochen von Norden her. Und der HERR sprach zu mir: Von Norden her wird das Unheil losbrechen über alle, die im Lande wohnen. | Folio 11 | |
Vision des Daniel | Daniel 7,1-4 | Im ersten Jahr Belsazars, des Königs von Babel, hatte Daniel einen Traum und Gesichte auf seinem Bett; und er schrieb den Traum auf und dies ist sein Inhalt: Ich, Daniel, sah ein Gesicht in der Nacht, und siehe, die vier Winde unter dem Himmel wühlten das große Meer auf. Und vier große Tiere stiegen herauf aus dem Meer, ein jedes anders als das andere. Das erste war wie ein Löwe und hatte Flügel wie ein Adler. Ich sah, wie ihm die Flügel genommen wurden. Und es wurde von der Erde aufgehoben und auf zwei Füße gestellt wie ein Mensch, und es wurde ihm ein menschliches Herz gegeben. | Folio 12 | |
Jona und der Wal | Jona 1,15-17 | Und sie nahmen Jona und warfen ihn ins Meer. Da wurde das Meer still und ließ ab von seinem Wüten. Und die Leute fürchteten den HERRN sehr und brachten dem HERRN Opfer dar und taten Gelübde. Aber der HERR ließ einen großen Fisch kommen, Jona zu verschlingen. Und Jona war im Leibe des Fisches drei Tage und drei Nächte. | Folio 14 |
Folia mit Wunderzeichen von der Antike bis in das 16. Jahrhundert
Blutendes Brot und Hagel | 73 v. Chr. | Im Jahr 73 vor Christi Geburt floss dort, wo man miteinander zechte und Brot aß, Blut aus dem Brot wie aus einer Wunde. Auch gab es einen so grausamen Hagel, dass es sieben Tage hintereinander Steine schlug und Bruchstücke von richtigen Steinen darin gefunden wurden und recht spitze Steine, sodass davon das Erdreich zerstört wurde. | Folio 21 | |
Nachtszene mit ungewöhnlichem Stern, zwei Monden und Lichtbalken | 1103 | Im 1103. Jahr n. Chr. erschien am Freitag in der ersten Fastenwoche ein ungewöhnlicher Stern um den Abend herum. Der stand in Richtung Süden und Westen. Er leuchtete fünfundzwanzig Tage immer zu der gleichen Stunde. Im Süden kam ein großer Lichtbalken entgegen. Danach, am Gründonnerstag, wurden zwei Monde gesehen, einer im Osten. | Folio 37 | |
Feurige Pfeile | 1119 | Im 1119. Jahr n. Chr. erschienen feurige Pfeile oder Spieße am Himmel, überall am ganzen Himmel. Und es fielen Sterne vom Himmel, und wenn man Wasser darauf goss, dann gaben sie einen Laut oder Schrei von sich. | Folio 41 | |
Erfrorene Vögel | 1126 | Im 1126. Jahr n. Chr. ereignete sich so ein harter und kalter Winter, dass die Vögel in der Luft erfroren. Darauf folgte eine solche Hungersnot, dass Vieh und Leute starben und die Vögel sich gegenseitig in der Luft töteten. | Folio 42 | |
Nebensonnen | 1173 | Im 1173. Jahr n. Chr. sind im Monat September im Westen, als die Sonne untergehen wollte, drei Sonnen gesehen worden. Und nach zwei Stunden verschwanden die äußersten beiden, und die andere ging danach unter. | Folio 45 | |
Blutschnee | 1229 | Im 1229. Jahr n. Chr., um den Martinstag, fiel Schnee und wurde sogleich in Blut verwandelt und wurde überall als Blut erkannt. | Folio 54 | |
Komet | 1293 | Im 1293. Jahr n. Chr. erschien ein beachtlicher, großer Komet während drei Monaten, von Osten bis zur Mitte des Himmels steigend, und seine Strahlen im Westen. Und als der Papst Urban starb, verschwand er wieder. | Folio 58 | |
Komet | 1300 | Im 1300. Jahr n. Chr. erschien ein furchtbarer Komet am Himmel. Und in diesem Jahr, am Sankt-Andreas-Tag, wurde das Erdreich durch ein Erdbeben erschüttert, sodass viele Gebäude zerstört wurden. Zu der Zeit wurde das erste Jubeljahr von Papst Bonifatius VIII. eingeführt. | Folio 61 | |
Komet und feuriger Balken | 1351 | Im 1351. Jahr nach Christi Geburt, im Monat Dezember, wurde gegen Mitternacht ein Komet am Himmel gesehen. Danach kamen starke Winde auf und man sah einen feurigen Balken vom Himmel fallen, was dann große Uneinigkeit zwischen dem Papst und dem Kaiser angezeigt hat. | Folio 67 | |
Sonnenfinsternis | 1360 | Im 1360. Jahr nach Christi Geburt ereignete sich eine solch große Finsternis der Sonne, dass es am helllichten Tag Nacht war und völlig finster. Zu der Zeit starb der Papst Innozenz. | Folio 69 | |
Meteroid und Sonnenfinsternis | 1362 [tatsächlich: 862] | Im 862. Jahr nach der Geburt Christi, zu der Zeit Ottos [912-973], Herzog von Sachsen, fiel ein Stein – wunderbar und groß – in starkem Wind und Regen vom Himmel. Und an vielen Menschen erschienen kleine blutfarbene Kreuze und an der Sonne eine große Finsternis. | Folio 70 | |
Nebensonnen | 1519 | Im 1519. Jahr, am in. Januar, dem Tag vor Kai[ser] Ma[ximilians] Hinscheiden gesehen worden, zu seinem ruhmvollen Gedenken. | Folio 99 | |
Komet | 1527 | Im Jahr 1527 sind neben dem Kometen viele Streifen wie lange Spieße gesehen worden, dazwischen viele Gesichter und kleine Schwerter vermischt in blassroter Farbe. Zwischen diesen sah man viele große Flammen, die ganz hell und feurig leuchteten. Und die Gesichter – hier und da, mit Haaren und Bärten von einer Farbe wie graue Wolken – sah man durcheinanderflimmern, als lägen sie in fließendem Wasser aus Blutstreifen und als ob alles durcheinanderstrebte, was schreckenerregend ausgesehen hat, sodass viele, die es gesehen haben, gestorben sind. | Folio 111 | |
Komet | 1542 | Im 1542. Jahr, am Tag Ruperti, dem siebenundzwanzigsten September, ist ein Komet nicht weit vom Mond viele Tage am Himmel gesehen worden, wie hier gemalt ist. | Folio 142 | |
Mondfinsternis | 1544 | Im 1544. Jahr, am achten Januar, ist bei Nacht eine Finsternis des Mondes gewesen, sodass der Mond ganz blutig aussah, und hat etwa sechs Stunden und einige Minuten gedauert. | Folio 147 | |
Engel auf Regenbogen | 1545 | Und an dem zuvor genannten Tag, da ist eine grausame Finsternis gekommen, dass der Himmel ganz schwarz gewesen ist, sodass man einander nicht sehen konnte. Die Finsternis hat bis zum nächsten Tag gedauert – das ist der dreißigste März -, bis um neun Uhr vor Mittag. Dann ist der Tag zurückgekommen und drei schöne Regenbogen wurden gesehen, auf denen ein schöner Engel saß. Den hat man wohl anderthalb Stunden gesehen. Danach ist er wieder verschwunden, und dann ist schönes Wetter gefolgt. | Folio 151 | |
Sterne | 1546 | Im 1546. Jahr, am Anfang des Dezembers, sind zwei gewaltige Sterne hier am Himmel einen großen Schritt voneinander entfernt gesehen worden, der kleinere Richtung Westen und der größere folgte ihm nach. Der kleinere Stern ist dreimal so groß gewesen wie sonst ein anderer Stern am Himmel, aber der größere wohl achtmal so groß. Der brannte wie eine Fackel am Himmel. Und von Tag zu Tag gingen sie weiter auseinander, aber der größere stieg hinauf in die Höhe über den anderen. | Folio 156 | |
Nebensonnen und Schwert | 1549 | Im 1549. Jahr, am achtundzwanzigsten Oktober, am Sankt-Simon-und-Judas-Tag, hat man diese Erscheinung hier am Himmel gesehen, nämlich drei Sonnen und einen Regenbogen, die jeder gesehen hat. Auch haben etliche ein Schwert dabei gesehen über der Sonne. | Folio 164 |
Folia mit den Wunderzeichen aus der Offenbarung von Johannes
Die Vision des Johannes von Christus und den sieben Leuchtern | Offenbarung 1,12-18 | […] Und als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter und mitten unter den Leuchtern einen, der war einem Menschensohn gleich, angetan mit einem langen Gewand und gegürtet um die Brust mit einem goldenen Gürtel. Sein Haupt aber und sein Haar war weiß wie weiße Wolle, wie der Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme und seine Füße wie Golderz, das im Ofen glüht, und seine Stimme wie großes Wasserrauschen; und er hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem Munde ging ein scharfes, zweischneidiges Schwert[.] Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot; und er […] sprach zu mir: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit […]. | Folio 172 | |
Johannes und die vierundzwanzig Ältesten im Himmel | Offenbarung 4,2-4 | […] ein Thron stand im Himmel und auf dem Thron saß einer. Und der da saß, war anzusehen wie der Stein Jaspis und Sarder; und ein Regenbogen war um den Thron, anzusehen wie ein Smaragd. Und um den Thron waren vierundzwanzig Throne und auf den Thronen saßen vierundzwanzig Älteste, mit weißen Kleidern angetan, und hatten auf ihren Häuptern goldene Kronen. | Folio 173 | |
Vier Reiter | Offenbarung 6,3-6 | Und als es das zweite Siegel auftat, hörte ich die zweite Gestalt sagen: Komm! Und es kam heraus ein zweites Pferd, das war feuerrot. Und dem, der darauf saß, wurde Macht gegeben, den Frieden von der Erde zu nehmen, dass sie sich untereinander umbrächten, und ihm wurde ein großes Schwert gegeben. Und als es das dritte Siegel auftat, hörte ich die dritte Gestalt sagen: Komm! Und ich sah, und siehe, ein schwarzes Pferd. Und der darauf saß, hatte eine Waage in seiner Hand. Und ich hörte eine Stimme mitten unter den vier Gestalten sagen: Ein Maß Weizen für einen Silbergroschen und drei Maß Gerste für […]. | Folio 174 | |
Öffnung des fünften Siegels | Offenbarung 6,9-11 | Und als es das fünfte Siegel auftat, sah ich unten am Altar die Seelen derer, die umgebracht worden waren um des Wortes Gottes und um ihres Zeugnisses willen. Und sie schrien mit lauter Stimme: Herr, du Heiliger und Wahrhaftiger, wie lange richtest du nicht und rächst nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen? Und ihnen wurde gegeben einem jeden ein weißes Gewand, und ihnen wurde gesagt, dass sie ruhen müssten noch eine kleine Zeit, bis vollzählig dazukämen ihre Mitknechte und Brüder, die auch noch getötet werden sollten wie sie. | Folio 175 | |
Öffnung des sechsten Siegels | Offenbarung 6,12-14 | Und ich sah: Als es das sechste Siegel auftat, da geschah ein großes Erdbeben, und die Sonne wurde finster wie ein schwarzer Sack, und der ganze Mond wurde wie Blut, und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, wie ein Feigenbaum seine Feigen abwirft, wenn er von starkem Wind bewegt wird. Und der Himmel wich wie eine Schriftrolle, die zusammengerollt wird, und alle Berge und Inseln wurden wegbewegt von ihrem Ort. | Folio 176 | |
Vier Engel halten die Winde fest und kennzeichnen die Auserwählten | Offenbarung 7,1-3 | Danach sah ich vier Engel stehen an den vier Ecken der Erde, die hielten die vier Winde der Erde fest, damit kein Wind über die Erde blase noch über das Meer noch über irgendeinen Baum. Und ich sah einen andern Engel aufsteigen vom Aufgang der Sonne her, der hatte das Siegel des lebendigen Gottes und rief mit großer Stimme zu den vier Engeln, denen Macht gegeben war, der Erde und dem Meer Schaden zu tun: Tut der Erde und dem Meer und den Bäumen keinen Schaden, bis wir versiegeln die Knechte unseres Gottes an ihren Stirnen. | Folio 177 | |
Die sieben Posaunen werden den Engeln übergeben | Offenbarung 8,1-5 | Und als das Lamm das siebte Siegel auftat, entstand eine Stille im Himmel […] Und ich sah die sieben Engel, die vor Gott stehen, ihnen wurden sieben Posaunen gegeben. Und ein anderer Engel kam, trat an den Altar und hatte ein goldenes Räuchergefäß; ihm wurde viel Räucherwerk gegeben, dass er es darbringe mit den Gebeten aller Heiligen auf dem goldenen Altar. Und der Rauch des Räucherwerks stieg mit den Gebeten der Heiligen von der Hand des Engels hinauf vor Gott. Und der Engel nahm das Räuchergefäß und füllte es mit Feuer vom Altar und schüttete es auf die Erde. Und da geschahen Donner und Stimmen und Blitze und Erdbeben. | Folio 178 | |
Der erste Engel bläst seine Posaune | Offenbarung 8,6-7 | Und die sieben Engel mit den sieben Posaunen hatten sich gerüstet zu blasen. Und der erste blies seine Posaune; und es kam Hagel und Feuer, mit Blut vermengt, und fiel auf die Erde; und der dritte Teil der Erde verbrannte, und der dritte Teil der Bäume verbrannte, und alles grüne Gras verbrannte. | Folio 179 | |
Der dritte Engel bläst seine Posaune | Offenbarung 8,10-11 | Und der dritte Engel blies seine Posaune; und es fiel ein großer Stern vom Himmel, der brannte wie eine Fackel und fiel auf den dritten Teil der Wasserströme und auf die Wasserquellen. Und der Name des Sterns heißt Wermut. Und der dritte Teil der Wasser wurde zu Wermut, und viele Menschen starben von den Wassern, weil sie bitter geworden waren. | Folio 180 | |
Der vierte Engel bläst seine Posaune | Offenbarung 8,12-13 | Und der vierte Engel blies seine Posaune; und es wurde geschlagen der dritte Teil der Sonne und der dritte Teil des Mondes und der dritte Teil der Sterne, sodass ihr dritter Teil verfinstert wurde und den dritten Teil des Tages das Licht nicht schien und in der Nacht desgleichen. Und ich sah, und ich hörte, wie ein Adler mitten durch den Himmel flog und sagte mit großer Stimme: Weh, weh, weh denen, die auf Erden wohnen wegen der anderen Posaunen […]. | Folio 181 | |
Der fünfte Engel bläst seine Posaune | Offenbarung 9,1-4 | Und der fünfte Engel blies seine Posaune; und ich sah einen Stern, gefallen auf die Erde; und ihm wurde der Schlüssel zum Brunnen des Abgrunds gegeben. Und er tat den Brunnen auf, und es stieg auf ein Rauch aus dem Brunnen […], und es wurden verfinstert die Sonne und die Luft von dem Rauch des Brunnens. Und aus dem Rauch kamen Heuschrecken auf die Erde, und ihnen wurde Macht gegeben, wie die Skorpione auf Erden Macht haben. Und es wurde ihnen gesagt, sie sollten nicht Schaden tun dem Gras auf Erden noch allem Grünen noch irgendeinem Baum, sondern allein den Menschen, die nicht das Siegel Gottes haben an ihren Stirnen. | Folio 182 | |
Der Kampf der Engel | Offenbarung 9,13-17 | Und der sechste Engel blies seine Posaune, und ich hörte eine Stimme aus dem vier Ecken des goldenen Altars vor Gott; die sprach zu dem sechsten Engel, der die Posaune hatte: Lass los die vier Engel, die gebunden sind an dem großen Strom Euphrat. Und es wurden losgelassen die vier Engel, die bereit waren für die Stunde und den Tag und den Monat und das Jahr, zu töten den dritten Teil der Menschen. Und die Zahl des reitenden Heeres war vieltausendmal tausend; ich hörte ihre Zahl. Und so sah ich in dieser Erscheinung die Rosse und die darauf saßen: [-] die Häupter der Rosse waren wie die Häupter der Löwen. | Folio 183 | |
Johannes und der Engel | Offenbarung 10,1-4 | Und ich sah einen andern starken Engel vom Himmel herabkommen, mit einer Wolke bekleidet, und der Regenbogen auf seinem Haupt und sein Antlitz wie die Sonne und seine Füße wie Feuersäulen. Und er hatte in seiner Hand ein Büchlein, das war aufgetan. Und er setzte seinen rechten Fuß auf das Meer und den linken auf die Erde, und er schrie mit großer Stimme, wie ein Löwe brüllt. Und als er schrie, erhoben die sieben Donner ihre Stimme. Und als die sieben Donner geredet hatten, wollte ich es aufschreiben. Da hörte ich eine Stimme vom Himmel zu mir sagen: Versiegle, was die sieben Donner geredet haben, und schreib es nicht auf? | Folio 184 | |
Die Bestie aus dem Abgrund | Offenbarung 1,5-8 | Und wenn ihnen jemand Schaden tun will, so kommt Feuer aus ihrem Mund und verzehrt ihre Feinde; und wenn ihnen jemand Schaden tun will, muss er so getötet werden. Diese haben Macht, den Himmel zu verschließen, damit es nicht regne in den Tagen ihrer Weissagung, und haben Macht über die Wasser, sie in Blut zu verwandeln und die Erde zu schlagen mit Plagen aller Art, sooft sie wollen. Und wenn sie ihr Zeugnis vollendet haben, so wird das Tier, das aus dem Abgrund aufsteigt, mit ihnen kämpfen und wird sie überwinden und wird sie töten. Und ihre Leichname werden liegen auf dem Marktplatz der großen Stadt. | Folio 185 | |
Die mit der Sonne bekleidete Frau und der siebenköpfige Drache | Offenbarung 12,1-4 | Und es erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen. Und sie war schwanger und schrie in Kindsnöten und hatte große Qual bei der Geburt. Und es erschien ein anderes Zeichen am Himmel, und siehe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen, und sein Schwanz fegte den dritten Teil der Sterne des Himmels hinweg und warf sie auf die Erde […]. | Folio 186 | |
Das Meerungeheuer und die Bestie mit zwei Hörnern wie ein Lamm | Offenbarung 13,1-4 | Und ich sah ein Tier aus dem Meer steigen, das hatte zehn Hörner und sieben Häupter und auf seinen Hörnern zehn Kronen […] Und das Tier, das ich sah, war gleich einem Panther und seine Füße wie Bärenfüße und sein Rachen wie ein Löwenrachen. Und der Drache gab ihm seine Kraft und seinen Thron und große Macht. Und ich sah eines seiner Häupter, als wäre es tödlich verwundet, und seine tödliche Wunde wurde heil. Und die ganze Erde wunderte sich über das Tier, und sie beteten den Drachen an, weil er dem Tier die Macht gab, und beteten das Tier an und sprachen: Wer ist dem Tier gleich und wer kann mit ihm kämpfen? | Folio 187 | |
Die Anbetung des Lammes und das Lied der Auserwählten | Offenbarung 14,6-8 | Und ich sah einen andern Engel fliegen mitten durch den Himmel, der hatte ein ewiges Evangelium zu verkündigen denen, die auf Erden wohnen, allen Nationen und Stämmen und Sprachen und Völkern. – Und er sprach mit großer Stimme: Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre; denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen! Und betet an den, der gemacht hat Himmel und Erde und Meer und die Wasserquellen! Und ein zweiter Engel folgte, der sprach: Sie ist gefallen, sie ist gefallen, Babylon, die große Stadt; denn sie hat mit dem Zorneswein ihrer Hurerei getränkt alle Völker. | Folio 188 | |
Die sieben Plagen | Offenbarung 15,1-3 | Und ich sah ein andres Zeichen am Himmel, das war groß und wunder-bar: sieben Engel, die hatten die letzten sieben Plagen; denn mit ihnen ist vollendet der Zorn Gottes. Und ich sah, und es war wie ein gläsernes Meer, mit Feuer vermengt; und die den Sieg behalten hatten über das Tier und sein Bild und über die Zahl seines Namens, die standen an dem gläsernen Meer und hatten Gottes Harfen und sangen das Lied des Mose, des Knechtes Gottes […]. | Folio 189 | |
Die himmlische Ernte | Offenbarung 14,14-15 | Und ich sah, und siehe, eine weiße Wolke. Und auf der Wolke saß einer, der gleich war einem Menschensohn; der hatte eine goldene Krone auf seinem Haupt und in seiner Hand eine scharfe Sichel. Und ein andrer Engel kam aus dem Tempel und rief dem, der auf der Wolke saß, mit großer Stimme zu: Setze deine Sichel an und ernte; denn die Zeit zu ernten ist gekommen, denn die Ernte der Erde ist reif geworden. | Folio 190 | |
Das neue Jerusalem | Offenbarung 21,9 -12 | Und es kam zu mir einer von den sieben Engeln, die die sieben Schalen mit den letzten sieben Plagen hatten, und redete mit mir und sprach: Komm, ich will dir die Frau zeigen, die Braut des Lammes. Und er führte mich hin im Geist auf einen großen und hohen Berg und zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem herniederkommen aus dem Himmel von Gott, in die hatte die Herrlichkeit Gottes; ihr Licht war gleich dem aller edelsten Stein, einem Jaspis, klar wie Kristall; sie hatte eine große und hohe Mauer […]. | Folio 191 | |
Der Untergang Babylons | Offenbarung 18,1-3 | Danach sah ich einen andern Engel herniederfahren vom Himmel, der hatte große Macht, die Erde wurde erleuchtet von seinem Glanz. Und er rief mit mächtiger Stimme: Sie ist gefallen, sie ist gefallen, Babylon, die Große, und ist eine Behausung der Teufel geworden, ein Gefängnis aller unreinen Geister und ein Gefängnis aller unreinen Vögel und ein Gefängnis aller unreinen und verhassten Tiere. Denn von dem Zorneswein ihrer Hurerei haben alle Völker getrunken, und die Könige auf Erden haben mit ihr Hurerei […]. | Folio 192 |
Ein anderer Einblick in das Augsburger Wunderzeichenbuch
Anbei ist noch ein Video des YouTube-Kanals hochelaga, welches sich mit obskuren historischen Ereignissen, besonderen Darstellungen in christlichen Kontexten sowie hierbei speziell mit den Wunderzeichen des Augsburger Wunderzeichenbuches (hier «The Little Book of Comic Horros» genannt) befasst.
[hochelaga]: The Little Book of Cosmic Horrors, YouTube, 19.05.2022, Online: <https://www.youtube.com/watch?v=lZWAX5L_t9k> (Abgerufen: 15.02.2024).
Fussnoten:
- Vgl. Augsburger Wunderzeichenbuch 2013, S. 7 . ↩︎
- Ebd., S. 7, 9 und 27; Für ein kompiliertes Quellenverzeichnis von Wunderzeichenbüchern siehe: Berns 2016, S. 150-161. ↩︎
- Augsburger Wunderzeichenbuch 2013, S. 17, 21 und 27; Beyer 2002, Sp. 1378-1388. ↩︎
- Die folgenden Folia wurden entfernt: Fol. 3, 17, 22, 25, 31, 33. 40, 43. 53, 80, 89. 93, 96, 105, 108. 111, 130, 132, 140, 143, 148, 152, 162. Vgl. Augsburger Wunderzeichenbuch 2013, Fussnote S. 106 ↩︎
Bibliographie
Quellenverzeichnis
- Augsburger Wunderbuch, hg. von Till-Holger Borchert; Joshua Waterman: The Book of Miracles/ Das Wunderzeichenbuch / Le Livre des miracles. Facsimile of the Augsburg manuscript from the collection of Mickey Cartin, Köln 2013.
Sekundärliteratur
- Berns, Jörg Jochen: Wunderzeichen am Himmel und auf Erden. Der frühneuzeitliche Prodigiendiskurs und dessen medientechnische Bedingungen, in: Neue Diskurse der Gelehrtenkultur in der Frühen Neuzeit, Berlin/Boston 2016, S. 99–162.
- Beyer, Jürgen: Prodigien, in: Enzyklopädie des Märchens, Bd. 10 (Nibelungenlied – Prozeßmotive), Berlin/Boston 2002, Sp. 1378-1388.
- Danthine, Brigit; Hiebel, Gerald; Rampl, Gerhard: Geoinformationssysteme (GIS) in den Geschichtswissenschaften, in: Antenhofer, Christina; Kühberger, Christoph; Strohmeyer, Arno (Hg.): Digital Humanities in den Geschichtswissenschaften, Wien 2024 (UTB 6116), S. 165-190.
- Gregory, Ian; Ell, Paul: Historical GIS. Technologies, Methodologies and Scholarship, Cambridge 2007 (Cambridge Studies in Historical Geography 39).
- König, Mareike: Die digitale Transformation der Geschichtswissenschaften, in: Antenhofer, Christina; Kühberger, Christoph; Strohmeyer, Arno (Hg.): Digital Humanities in den Geschichtswissenschaften, Wien 2024 (UTB 6116), S. 29-42.
- Lässig, Simone: Digital History. Challenges and Opportunities for the Profession, in: Geschichte und Gesellschaft, Heft 1/2021, Nr. 47.1 (H20754), Göttingen 2021, S. 5-34.
- Lücke, Martin; Zündorf, Irmgard: Einführung in die Public History, Stuttgart 20181 (UTB 4909).
- Mogorovich, Paolo; Salvatori, Enrica: Historical GIS, in: Noiret, Serge; Tebeau, Mark; Zaagsma, Gerben (Hg.): Handbook of Digital Public History, Berlin/Boston 2022, S. 419-430.
- Noiret, Serge; Tebeau, Mark; Zaagsma, Gerben: Introduction, in: Noiret, Serge; Tebeau, Mark; Zaagsma, Gerben (Hg.): Handbook of Digital Public History, Berlin/Boston 2022, S. 1-15.