In den Räumen des Neubaus präsentiert das Basler Kunstmuseum von 10.02.2018–21.05.2018 seine neue Ausstellung unter dem Titel Basler Short Stories. Durch ein Umdenken des Kanons sollen die anerkannten Schätze der Kunstgeschichte in einem neuem Licht und Kontext gesehen werden. Weltbekannte Meisterwerke sind mit weniger bekannten Bildern in einem durch Kuratoren inszenierten Dialog ausgestellt. Alle thematischen Zufallsbegegnungen haben einen gemeinsamen Bezugspunkt; die Stadt Basel.
Der Student aus Zürich, Mike Bill, hat uns durch die ersten zwei Stories begleitet und das Bild Hans Holbeins Der Leichnam Christi im Grabe näher vorgestellt.
Im ersten Ausstellungsraum tauchen die Besucher in eine Welt der beginnenden Internationalisierung und steigenden Mobilität ein. Weltkarten und Portraits von bedeutenden Persönlichkeiten, wie zum Beispiel von Erasmus von Rotterdam, vermitteln das Weltbild des 16. Jahrhunderts. Im zweiten Raum haben wir uns näher mit dem Bild Der Leichnam Christi im Grabe auseinandergesetzt. Das Werk wurde 1521–1522 in Basel von Hans Holbein dem Jüngeren gefertigt. Dieses aussergewöhnliche Gemälde lässt sich nicht eindeutig interpretieren und einordnen, weil seine Provenienz einige Lücken aufweist. Der/die AuftraggeberIn sowie der genaue Zweck des Bildes sind nicht bekannt, auch wenn diesbezüglich fundierte Theorien existieren. So fokussierte sich der Referent auf die formalen Aspekte und auf die vermutete Zweckbestimmung und Herkunft des Bildes. Beim genaueren Betrachten fällt auf, dass das Bild in Format, Masse und Darstellungsweise ungewöhnlich ist und sich von anderen Darstellungen Christi unterscheidet. Das Bild stellt Christus liegend dar, wobei ein Fokus auf dem Anatomischen liegt. Holbein malt mit einer sorgfältigen Genauigkeit jeden Knochen und Muskel des toten Körpers. Durch eine überrealistische Darstellung fällt die Aufmerksamkeit auf die betonte Körperlichkeit, die den Christus im Grabe als verstorbene Person, einen realen, vergänglichen Menschen zeigt. In diesem Sinne kann die Darstellung auch als Andachtsbild verstanden werden, das zum Nachdenken über die Vergänglichkeit des Lebens anregen soll.
Zur Herkunft des Bildes hat Christian Müller die These vertreten, dass dieses als Teil eines Epitaphs gefertigt wurde. Bonifacius Amerbach wollte das Epitaph für seine Eltern und seinen Bruder, die an der Pest gestorben sind, in der Familienkapelle der Amerbachs im kleinen Kreuzgang errichten. Darauf könnte eine Steinplatte mit Innschrift hinweisen, die zwar unabhängig vom Bild gefunden wurde, jedoch mit der Länge und dem Thema des Gemäldes korrespondiert. Die räumliche Darstellung des Christus im Grab deutet auf eine bestimmte Lage im Kreuzgang der Kapelle hin. So ist das Bild auf einen seitlich nach Links verschobenen idealen Betrachterstandpunkt ausgerichtet.
Unsere nächste Station war die Toteninsel von Arnold Böcklin, wo uns ebenfalls eine Studentin aus Zürich, Kirsten Steidle, durch die traumvolle Welt eines Schweizer Malers begleitet hat.
Die Toteninsel ist eines der wirkungsvollsten Gemälde Böcklins, auf das in der Literatur und bildenden Kunst zahlreich Bezug genommen wird. Das Bild wurde 1880 gemalt und blieb unvollendet. Bis 1886 fertigte Böcklin fünf weitere Fassungen der Toteninsel, bei denen abgesehen von kleinen Variationen, die insbesondere die Farbwahl und die Darstellung von Licht betreffen, das Motiv mit den Zypressen und den Grabkammern auf der Felseninsel ähnlich bleibt. Der Maler selber bezeichnete sein Gemälde als ein „Bild zum Träumen“ und die Komposition als „einen stillen Ort“ oder „Gräberinsel“. Den Titel Die Toteninsel bekam das Gemälde durch den Kunsthandler Fritz Gurlitt. Aus der Idee, ein Bild zum Träumen zu kreieren, entwickelte Böcklin nun sein erfolgreichstes Motiv: die Vision einer Insel. Dramatische Lichtführung versetzt den Betrachter in eine mystische Stimmung. Die Komposition weist wenige Elemente auf und kann in drei Ebenen aufgeteilt werden: Man sieht den Vordergrund mit dem stillen und dunklen Meer, das Zentrum des Bildes nimmt die kleine Insel mit den Zypressen und auffallend hellen Grabkammern ein, und abschliessend sieht man einen dunklen Himmel, der fast so ruhig wie das Meer wirkt. Im Vordergrund sieht man zwei Gestalten sich in einem Boot von der Insel entfernend; einem Ruderer und einer anderen Person, von der man nur eine weisse Silhouette in Rückenansicht erkennt. Die Insel ist ein Fantasiegebilde Böcklins mit Anklängen an die antike Mythologie, deren Bedeutung sich dem Betrachter jedoch nie ganz erschliesst, sondern immer mehr zu Fragen und Gedanken anregt,als Antworten liefert.
Autorin: Anna Protsenko