Exkursion vom 19.04.2018
Die zweite Tagesexkursion der Übung «Tour de Suisse» führte uns am Vormittag ins Kupferstichkabinett des Kunstmuseum Basel, wo wir von der Assistenzkuratorin Géraldine Meyer empfangen wurden. Mit seinen über 300’000 Werke umfassenden Beständen besitzt das Kunstmuseum Basel die schweizweit grösste öffentliche Sammlung künstlerischer Arbeiten auf Papier. Anders als es der Name vermuten lässt, besteht diese nicht nur aus Kupferstichen, sondern beinhaltet gleichermassen verschiedene Drucktechniken wie Radierungen, Holzschnitte oder Monotypien sowie Zeichnungen, Aquarelle bis hin zu ganzen Skizzenbüchern. Das Kupferstichkabinett präsentiert Teile der Sammlung regelmässig in monografisch oder thematisch ausgerichteten Wechselausstellungen. Weil das Material sehr lichtempfindlich ist, können die Werke höchstens vier Monate lang gezeigt werden. Daher wird Interessierten zusätzlich die Möglichkeit geboten, sich einzelne Werke im Studienraum vorlegen zu lassen. Auf diese Weise soll der Zugang zur Sammlung gestärkt sowie die Erforschung auch weniger bekannter Künstler gefördert werden.
Die aktuelle Ausstellung ist dem zeitgenössischen Künstler Walter Dahn gewidmet, dessen sowohl technisch wie auch motivisch abwechslungsreiche Schau wir zu Beginn unseres Besuchs während eines kurzen Rundgangs besichtigen konnten. Im Studienraum bekamen wir anschliessend die Gelegenheit, uns ausgewählte Originale von Arnold Böcklin und Albrecht Dürer aus nächster Nähe anzusehen.
Nachdem wir uns einen ersten visuellen Eindruck von der Vielseitigkeit der Sammlung machen konnten, stellte uns Géraldine Meyer das Kupferstichkabinett im Kunstmuseum Basel genauer vor. Dabei bot sie interessante Einblicke in ihren abwechslungsreichen Arbeitsalltag. Gemeinsam mit zwei Kuratorinnen sowie einer weiteren Assistentin ist sie hauptsächlich für die Pflege, Aufarbeitung und Präsentation der Werke zuständig. Zu ihrem Tätigkeitsgebiet gehören zudem umfangreiche Recherchen zu Künstlern und Techniken, die redaktionelle Arbeit an Katalogen sowie die Beantwortung wissenschaftlicher Anfragen. Um bei einer solch umfangreichen Sammlung den Überblick zu gewährleisten, ist ein klares Ordnungssystem sowie die Einhaltung bestimmter Arbeitsabläufe essenziell. So müssen Neuzugänge in einem Passepartout montiert, beschriftet und digitalisiert sowie ihre Provenienz sichergestellt werden. Anschliessend werden die Werke in säurefreien Schachteln aufbewahrt. Jede Arbeit erhält ausserdem eine eigene Inventarkarte und wird durch einen Eintrag in der digitalen Datenbank in den Bestand aufgenommen. Da noch nicht alle Werke in der Datenbank erschlossen sind, gibt auch das von Hand geführte Inventarbuch wichtige Aufschlüsse über die chronologisch gelisteten Eingänge in die Sammlung. Gleichzeitig wird für jeden Künstler ein eigenes Dossier mit den wichtigsten Informationen geführt und fortlaufend ergänzt. Diese Prozesse sind sehr arbeitsintensiv und erfordern durch die steigende Bedeutung der Online-Präsenz zusätzlichen Aufwand. Da bislang nur ein Bruchteil der Sammlung digitalisiert wurde, bildet das Erstellen von Digitalisaten insbesondere bei geplanten Ausstellungsprojekten einen ersten, wichtigen Schritt für das weitere Vorgehen.
Schätzungsweise 80–90% der Tätigkeit als Assistenzkuratorin bestehen laut Géraldine Meyer aus der Planung und Ausrichtung von Ausstellungen. Diese werden je nach Grösse und Struktur in kleinere Sammlungspräsentationen ohne Katalog, Wechselausstellungen mit oder ohne eine dazugehörige Publikation sowie grosse Sonderausstellungen mit Katalog unterschieden, wobei der Arbeitsumfang deutlich variieren kann. Zentral ist bei jeder Konzeption der sichtbare Zusammenhang mit der Sammlung des Kupferstichkabinetts, wofür die Kenntnis über die Bestände unabdingbar ist. Die Tätigkeit als Assistenzkuratorin erfordert zudem organisatorische Fähigkeiten sowie eine grosse Flexibilität, da die Aufgaben sehr vielseitig sind und jeweils unter hohem Zeitdruck Texte ganz unterschiedlicher Formate verfasst werden müssen. Es ist eine Arbeit, auf die eine Ausbildung an der Universität nur bedingt vorbereiten kann. Daher rät Géraldine Meyer Interessierten, ein Praktikum zu absolvieren oder möglichst bei einer Ausstellungsplanung zu assistieren, um einen eigenen Einblick in die Prozesse und verschiedenen Abläufe zu erhalten.
Autorin: Laura Vuille