Exkursion vom 14.06.2016
Lage: Der Pavillon of Reflections bildet den zentralen Treffpunkt der Manifesta 11, sowohl für die Besucher, wie auch für die Künstler und andere Akteure. Gelegen ist das ausschliesslich aus Holz bestehende, schwimmende, Kunstwerk auf dem Zürichsee nahe beim Bellevue. Dass sich der Pavillon etwas abgelegen befindet, war eine wichtige Vorgabe von Kurator Christian Jankowski und den Manifesta Verantwortlichen, sowie auch, dass sich der Pavillon an einem neutralen Ort befindet, wo man möglichst wenig beeinflusst werden kann, und sich somit mit der bisher gesehenen Kunst auseinanderzusetzen. Wichtig war auch, dass es sich um einen Ort handelt, mit dem man keine Erinnerungen in Verbindung bringen konnte, um die Neutralität zu gewährleisten und die eigenen Gedanken nicht zu beeinflussen. Der Pavillon bietet Platz für ca. 200-400 Personen.
Funktionen: Der Pavillon of Reflections dient als Informationsplattform aber auch als Badi, Bar und Openair-Kino. Wie der Name schon verrät, ist er als Raum für Dialoge bzw. Reflexionen über die Manifesta gedacht. Nimmt man auf der Tribüne Platz, kann man sich auf dem grossen LED Screen Dokumentarfilme über die Entstehung der Kunstwerke der Manifesta anschauen. Dabei wurde der ganze Prozess dokumentiert, also vom ersten Treffen mit dem Künstler bis hin zur Präsentation des fertiggestellten Kunstwerk.
Diese Serie von Kurzfilmen wurde von SchülerInnen und StudentInnen geschaffen und moderiert, die sogenannten „Kunstdetektive“ der Manifesta. Für das Filmen waren Studierende der Zürcher Hochschule der Künste verantwortlich. Sie mussten einer Reihe von Regeln des Kurators der Manifesta, Christian Jankowski, befolgen. Diese lauten wie folgt:
- Jeder Film begleitet die Entwicklung eines Joint Ventures.
- Alle Filme starten mit dem moderierenden Schüler, der mit dem Mikrofon in der Hand eine Einführung gibt.
- Alle Interviews werden vom Art Detective geführt.
- Wenn ein im Prozess befindliches oder fertiges Kunstwerk ins Bild kommt, sollte an dieser Stelle experimentelle Musik zu hören sein und experimentelle Kameratechnicken oder visuelle Effekte verwendet werden (5).
- Die Previews der Satelliten werden gefilmt und der Art Detecitve sammelt Kommentare der Anwesenden.
- Alle Filme enden mit dem Art Detective, der ein Mikrofon hält und die Zusammenarbeit, sowie das Kunstwerk kommentiert, während er sich langsam von der Preview entfernt.
Diese Regeln gehören zum kuratorischen Konzept. Wird eine Regel gebrochen, so sollte dies bewusst durch den Filmmacher geschehen und den Film aufwerten, wie es im Ausstellungskatalog der Manifesta 11 festgehalten ist. Ob sich diese Regeln nicht eher kontraproduktiv auf die Filme auswirken haben wir ebenfalls angesprochen und sind dabei auf den Entschluss gekommen, dass dies so ist.
Bau: Gebaut wurde der Pavillon of Refelctions von 30 ETH Studenten unter der Leitung des Studios von Tom Emerson der ETH Zürich. Vorbereitet wurde er in einer Halle in Wollishofen und dann ab dem Frühling auf dem Zürichsee zusammengebaut. Eine der grössten Herausforderungen war, nach Aussagen der Verantwortlichen der Manifesta und Christian Jankowski, die Umsetzung des Entwurfes. Weder das Studio von Tom Emerson, noch die Studenten hatten sich bisher mit einem derart grossen Projekt auseinandergesetzt. Nicht nur die Grösse, sondern auch die Komplexität des Baus und das Material forderten die Studierenden und das Studio heraus. Umso grösser war dann aber die Freude, als man den Bau erfolgreich eröffnen konnte.
Besuch des Pavillons of Reflection und daraus entstandenen Diskussionen und Fragen:
Wie es das kuratorische Konzept theoretisch vorsieht, besuchten wir den Pavillon als letzte Etappe unserer Tour an diesem Tag. Bevor wir den Pavillon betraten, machte ich eine kurze Einführung, in der ich mich zur Lage und Funktion des Bau äusserte. Schon nach dieser Einführung kamen erste Fragen auf: Inwiefern ist eine neutrale Reflexion über die Manifesta möglich, wenn wir uns im Pavillon of Reflections mitten in einem Kunstwerk befinden? Inwiefern ermöglicht dieser Ort eine neutrale Reflexion?
So ist die Funktion des Pavillons als ‚neutraler Ort’, wie er von Jankowski charakterisiert wird, als widersprüchlich zu bezeichnen. Ebenso die 7 Regeln für die Herstellung des Filmes regten einige interessante Diskussionen an. Wir sprachen die „Einschränkung“ vor allem in Bezug auf die Studierenden, welchen Regeln vorgeschrieben wurden für die Entwicklung der Filme an. ihrer Filme aus? Es kam auch die Bemerkung auf, dass die Kurzfilme durch diese Regeln nicht nur all zu fest eingegrenzt werden, sondern auch nicht mehr natürlich, sondern inszeniert seien. Nach diesen interessanten Anregungen beschlossen wir den Pavillon zu besuchen. Wir durften uns auf der Tribüne hinsetzten und uns zwei Dokumentarfilme anschauen. Nach diesen zwei Filmen, die ca. 30 Minuten dauerten, hielten wir eine kurze Diskussion. Stark erinnert er an einen Expo-Pavillon, also einem Kunstwerk. Der Pavillon of Reflections ist ja auch ein Kunstwerk, inwiefern aber die neutrale Reflexion über die Manifesta gewährleistet werden kann, ist fraglich. Jankowski schafft durch die Regeln, wie auch durch den Aufbau und die Form der Filme eben kein ’neutraler Ort‘, sondern ein von Jankowski geprägten Refflexions-Raum.
Dass es sich beim Pavillon of Reflections jedoch um ein äusserst kreatives und einzigartiges Kunstwerk handelt, steht nicht zur Rede und ein Besuch kann nur empfohlen werden.
Literatur
Kat. Zürich 2016: What People do for Money: Manifesta 11. Christian Jankowski, Ausst.-Kat. Manifesta 11, Lars Müller Publishers, Zürich, 2016.
Autorin: Annerlisa Ferrara
Manifesta 11: http://manifesta11.org
Pavilion of Reflections: http://manifesta11.org/de/venue/der-pavillon-reflections