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Helmhaus, Manifesta 11

Exkursion vom 14.06.2016

Direkt am rechten Ufer der Limmat gelegen befindet sich das Helmhaus in der Altstadt von Zürich. Nebst dem eindrücklichen Bau der Wasserkirche sind im Rahmen der Manifesta 11 zusätzlich diverse Kunstwerke zu sehen, die auf dem Programm unserer Tour de Suisse mit dabei waren. Der gepflasterte öffentliche Weg entlang der Limmat führt unter eine Arkade hindurch in einen Portikus. Kaum am Treffpunkt angekommen, beginnt auch schon eine interessante Diskussion über den Künstler Santiago Sierra, der den Aussenbereich des Helmhauses für sein Kunstwerk Protected Building nutzt. Herumliegende Paletten, Sandsäcke, Abfallcontainer oder auch an der Wand angelehnte Fahrränder stechen einem im Einfangsbereich besonders ins Auge. Was von diesen Objekten ist nun jedoch das eigentliche Kunstwerk?

Zusammen mit dem Sicherheitsberater Marcel Hirschi aus Zürich, der mit seiner Firma Sicherheitskonzepte für Events erstellt, konzipierte Sierra ein Konzept, das das Helmhaus in ein abgeriegeltes und hermetisches Gebäude verwandeln soll. Dem spanischen Künstler wurde für die Umsetzung seines Kunstwerkes den Ort des Helmhauses zugeteilt, das zugleich ein zentral gelegenes, freistehendes und öffentliches Gebäude ist. Während der Planungsphase wurden die Schwachstellen des Hauses ermittelt und verschiedene Szenarien durchgespielt, als wäre Zürich in einem Kriegszustand. „Stellen wir uns vor, das Haus stünde nicht in Zürich, sondern in Syrien oder im Irak“, gab Sierra an. Personen im Gebäude sollen beispielsweise gegen Scharfschützen, Autobomben und Ähnliches gesichert werden. So sind bis auf zwei Arkaden die Eingänge und Fenster mit Sandsäcken – ein universell verständliches Zeichen für Not- und Krisensituationen – und Spanplatten verbarrikadiert. Dadurch entsteht ein vorgelagerter Sicherheitsring vor dem eigentlichen Eingang und die Besucher haben keine andere Wahl, als durch die offengelassenen Sicherheitsschleusen einzutreten. Zusätzlich wurde die Fassade auf Seiten der Limmat mit Stacheldraht versehen. Was das Gebäude nach seiner Umwandlung jedoch ausstrahlt, ist alles andere als Sicherheit. So beginnen die Besucher angesichts dieses Bollwerks die vermeintlich vorhandene Sicherheit erst recht zu hinterfragen.Als stünde man einer Bedrohung gegenüber, dessen Ausmass schwer einzuschätzen ist, da man nicht genau weiss, wovor man sich überhaupt zu schützen hat. Mit diesem Werk kann gut aufgezeigt werden, dass Sierra seine Werke vor Ort entwickelt und den lokalen Umständen anpasst. Die Interpretation fällt an unterschiedlichen Lokalitäten unterschiedlich aus, da diese einen entscheidenden Einfluss auf die Auffassung des Werkes haben. So erzielt das Werk in der Schweiz eine ganz andere Wirkung, als wenn es beispielsweise in Frankreich stünde, wo man das verbarrikadierte Gebäude sofort mit den kürzlich ereigneten Anschlägen in Paris in Verbindung bringen würde. In der vermeintlich sicheren Schweiz hingegen wird eher auf eine potentielle, latente Gefahr hingewiesen. Sierra ist also eine Künstler, welche nicht bloss ein Werk schafft, sondern soziale Zustände ergründet und analysiert. Ein weiteres Diskussionsthema war, dass Sierra bis zur Umsetzung des Werkes viele Kompromisse eingehen musste. Er hatte ursprünglich eine viel romantischere Variation der Gebäude-Verbarrikadierung geplant. Diese konnte jedoch wegen Sicherheitsgründen nicht umgesetzt werden.

Auch sind Ausweis- und Taschenkontrollen der BesucherInnen in Planung, jedoch müssen diese rechtlich erst bewilligt werden. Es ergibt sich also ein interessantes Wechselspiel von sicherheitstechnisch und rechtlich Umsetzbarem und künstlerischer Einschränkung, wobei die Kunst an ihre Grenzen kommt. Der Satellit[1] zum Werk befindet sich im Schaufenster der Safety and Security AG, wo ein Video installiert ist, dass zeigt, wie sich das Helmhaus in das Protected Building verwandelt.

Geht man vom verbarrikadierten Eingang weiter in die Kapelle, wo es Werke von anderen Künstlern zu sehen gibt, sticht einem sofort ein überlebensgrosser indigoblauer Schmetterling ins Auge – da wo normalerweise ein Kruzifix hängt. Bei der Errichtung des Werkes tauschte der Künstler Evgeny Antufiev sich mit dem Pastor des Zürcher Grossmünster Martin Rüsch aus. Dabei stand vor allem die Vorstellung des ewigen Lebens und Gedenkrituale im Zentrum. Im ersten und zweiten Stock des Gebäudes sind noch weitere Werke von diversen KünstlerInnen zu betrachte. Auffallend ist dabei, dass verschiedenste Medien verwendet wurden. Von Gemälden und Plastiken, über Fotografien und Tonaufnahmen, bis hin zu Videoaufzeichnungen ist alles anzutreffen, was ein extrem abwechslungsreiches Ausstellungsdisplay mit sich bringt.

Autorin: Naemi Meier

[1] Zu einzelnen Werken der Manifesta 11, sind sogenannte Satelliten in der Stadt verteilt, welche sich jeweils auf das Hauptwerk beziehen.

Cabaret Voltaire: http://www.cabaretvoltaire.ch

 

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