Was überhaupt ist ein Intelligenzblatt?
Intelligenzblätter können als Anzeigeblätter verstanden werden. Sie dienten zum einen, wie der Titel es schon sagt, als Plattform für Anzeigen. Diese konnten gewerblicher als auch privater Natur sein. So findet man Anzeigen à la «Lost and Found», wo verlorene Gegenstände gesucht werden oder auf gefundene Objekte aufmerksam gemacht wurde. Noch prominenter war jedoch das Anpreisen von Waren und Dienstleistungen, die gegen Bezahlung angeboten wurden und meist über ein sogenanntes Berichtshaus – auch Bureau d’Adresse genannt — geregelt wurden.
Zum anderen wurde in den Intelligenzblättern auch amtliche Bekanntmachungen annonciert. Öffentliche Versteigerungen – auch Ganten genannt – sind z.B. regelmässig unter den Anzeigen der hier besprochenen Schweizer Intelligenzblätter zu finden. Ausserdem waren auch unterhaltende und belehrende Beiträge zu finden. Hier muss aber angefügt werden, dass sich die Kategorien der verschiedenen Intelligenzblätter je nach Region unterscheiden und auch die staatlichen Autoritäten zum Teil mehr und zum Teil weniger Einfluss nahmen.
Die Intelligenzblätter im deutschsprachigen Raum entwickelten sich nach französischem und englischem Vorbild. Die entstanden bereits im 17. Jahrhundert. Die deutschen Versionen entstanden erst in den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts.((siehe Brill, “Intelligenzblätter” , Brockhaus, “Intelligenzblätter”, Avisblatt und Zürcher Wochenblatt))
Basler Avisblatt
Das Basler Avisblatt erschien in den Jahren 1729–1845 wöchentlich. Es war somit eines der ersten Intelligenzblätter im deutschen Raum überhaupt. Es wurde im so genannten Berichtshaus gedruckt. Dieses diente handkehrum auch als «Treffpunkt» für Inserierende und deren Interessent*innen.
Das Avisblatt wird vom Projekt Printed Markets in Kooperation mit der Universitätsbibliotheke Basel digitalisiert. Das Quellenkorpus beinhaltet alle 6391 Ausgaben der oben benannten Erscheinungszeitspanne.
Ich habe dank dem Projektmitarbeiter PD Dr. Alexander Engel Zugriff auf die von mir gewünschten Suchstränge erhalten.
Das Zürcherische Wochenblatt
Das Zürcherische Pendant der Intelligenzblätter wurde ab 1730 publiziert. Zuerst kam es unter dem Titel «Donnerstags-Nachrichten», dann ab 1780 als «Donnerstags-Blatt» und schlussendlich ab 1801 als das hier durchforstete «Zürcherische Wochenblatt» zweimal wöchentlich in die Zürcher Haushalte.1 Die «Donnerstags-Nachrichten» sind auf e‑rara zu finden und das Zürcherische Wochenblatt auf E‑Newspaperarchives.ch.
Recherche
Die Intelligenzblätter wurden dank ihrer digitalisierten Verfügbarkeit anhand von Stichwörtern durchsucht. Die Stichwörter bestanden aus den im Färberkurs in der Abegg Stiftung kennengelernten Farbstoffen: Chochenille, Blauholz, Krapp, Färberwau, Brasilholz, Safflor, Safran und Indigo.((siehe Materialarchiv.ch für mehr Infos zu Farbstoffen.))
Die Intelligenzblätter wurden nach folgenden Unterfragen zu der Forschungsfrage nach Distribution untersucht:
- Lässt sich etwas über die Preise der Farbstoffe herausfinden?
- Wo und wie wurde Farbstoff verkauft?
- Sagen die Annoncen etwas über die Herkunft der Farbstoffe aus?
Ergebnisse
Generell fällt in beiden Intelligenzblättern auf, dass die «Farbwaar» — wie die Farbstoffe genannt werden – oft im Kontext von Ganten zusammen mit anderen Färber*innenuntensilien versteigert wurden. Das heisst, dass diese entweder von Färberein oder Farbhändler*innen stammen mussten, die Konkurs gegangen waren. Nebst den Ganten wurden die Farbstoffe auch im Kontext von Spezereihandlungen, individuellen Verkäufern und Messen erwähnt. Meistens werden über Preis und Menge keine Angaben gemacht. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass die Ware an die höchstbietende Person ging (bei Versteigerungen) oder die Interessierten dazu aufgefordert wurden, sich beim Berichtshaus zu erkunden.
Avisblatt
Wie in der Grafik zu sehen ist, sind nur wenige der Inserate für die hier untersuchte Fragestellung von Relevanz. Nichtsdestotrotz sollen hier einige davon besprochen werden.
Cochenille
“Ich zeige den Herren Färbern an, dass ich eine Parthie sehr schöne Cochenille in billigem Preis auf gewohnte Condition zu verkaufen habe.”((Avisblatt, 16.7.1813))
Die Inserate, die Cochenille anbieten, priesen es mit Einheit und Qualität an. Es wurd à Zentnern und Pfund inseriert. Es handelt sich um “extra gut und approbierte”, gute und schöne Cochenille. Es wurde entweder “vergantet” oder nach Anfrage im Berichtshaus verkauft. Bei einigen Inseraten wird noch eine Mindestkaufmenge genannt (25 bzw. 50 Pfund).
Krapp
Wird im Avisblatt in Fässern versteigert. So heisst es im einen Inserat z.B.: “in 150 Fässern oder 1600 Centner bestehende Parthie Krapp […] versteigert.“2 Ein Zentner kann als 50 kg verstanden werden. Es handelt sich also um eine grosse Menge Krapp. Auch bei einer anderen gerichtlichen Versteigerung wird das Krapp in 10 Fässern versteigert.((Avisblatt, 25.8.1836)) Die Inserate lassen auch einen Einblick in die Herkunft und Qualität zu. So handelt es sich um “Avignoneser Krapp”, “holländischen Krapp” und “Krapp von verschiedener Gattung und Jahrgängen.”
Zürcher Wochenblatt
Blauholz
Blauholz wird in Zürich vor allem in Spezereiläden angeboten. So wie dies teils auch für Indigo und Galläpfel gilt.
Indigo
Das Produkt aus Übersee wird in zwei Annoncen zur Versteigerung im Ausland erwähnt: an der Messe in Frankfurt am Main (50 Kisten)(( Zürcherisches Wochenblatt, 16.3.1815)) und der Hafenstadt Bordeaux (727 Kisten)((Zürcherisches Wochenblatt, 16.5.1836)). Ansonsten ist es auch an öffentlichen Versteigerungen und Geschäften erhältlich. Als Einheit werden im Ausland Kisten genannt. In Frankfurt am Main bestehend aus ca. 100 Seronen Indigo je.((Zürcherisches Wochenblatt, 16.3.1815)) Seronen sind Packhüllen aus Ochsenhaut.
Weitere Beiträge
Von Handschriften und Transkribus
Weshalb die Verdrängung?
Zeitstrahl zum natürlichen und künstlichen Alizarin
- siehe auch: Brugger, Eva: Baumwollballen und Brottrager, in: Materialized Histories. [↩]
- Avisblatt, 3.7.1811 [↩]