Eine Handschrift, die Werke der Romanliteratur enthält. Literaturwissenschaftlich versteht man darunter eine im mittleren 12. Jahrhundert in England entstehende Gattung volkssprachiger Literatur, die zunächst eng an die Tradition des antiken Epos anknüpft und dessen Themenkreise (Troja) aufgreift, aber bald schon nachantike Stoffe wie die Artus- oder Tristansage behandelt und sich im Laufe des 13. Jahrhunderts für unterschiedlichste Themen öffnet. Wichtige Gattungsmerkmale sind der Fokus auf das Schicksal einer einzelnen Person, deren Abenteuer und/oder Liebesgeschichte erzählt wird, die Situierung in einem aristokratischen Milieu, das Interesse an der inneren Entwicklung der Hauptperson und der fiktive Charakter der Handlung. Formal überwiegen zunächst gereimte Versromane, neben die je nach Sprache und Region seit dem 13. Jahrhundert auch Prosaromane treten.
Die Entstehung der Romanliteratur ist eng an die Ausbildung einer adligen Hofkultur im europäischen Hochmittelalter geknüpft. Die Abfassung der Werke wird von einzelnen Höfen gezielt gefördert, die Texte richten sich exklusiv an ein höfisches Publikum, dessen Verhaltensideale die Texte reflektieren bzw. überhöhen. Im Laufe des 13. Jahrhunderts adressieren Romane zunehmend ein weiteres städtisches Publikum.
Wie die meisten anderen Buchgattungen sind auch Romanhandschriften nur in seltenen Fällen bebildert. Im 13. Jahrhundert entwickelt sich vor allem in Frankreich und Deutschland eine eigene Praxis der Bildausstattung überwiegend in kleineren Kolumnenbildern, denen teilweise grössere Eingangsminiaturen vorangestellt werden. Die grosszügige Bebilderung des Berliner Eneasromans stellt demgegenüber eine Ausnahme dar. Erst im 14. und 15. Jahrhundert entstehen Romanhandschriften in reicherer künstlerischer Ausstattung mit Streifenbildern oder ganzseitigen Miniaturen.
Literatur: Art. „Roman“, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 7, Sp. 981-984
Helen Cooper, Art. „Romance“, in: Encyclopedia of Medieval Literature in Britain (2017)
Henrike Manuwald, Volkssprachige Handschriften des Hoch- und Spätmittelalters. ‚Höfische Literatur‘, in: Geschichte der Buchkultur, Bd. 5: Gotik, hg. von Christine Beier, Graz 2016, S. 159-186.
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