Handschrift mit den Evangelienlesungen (=Perikopen) bei der Messfeier. Im Unterschied zum Evangeliar enthält das Evangelistar nur Auszüge aus den vier Evangelien, die in der Abfolge der Festtage und Sonntage des liturgischen Jahres angeordnet sind. Am Anfang steht Weihnachten mit der Feier von Christi Geburt.
Evangelistare sind liturgische Handschriften, aus denen der Diakon im ersten Teil der Messe (dem Wortgottesdienst) die Evangelienlesung vortrug. Sie waren vor allem im Früh- und Hochmittelalter in Klosterkirchen, Kathedralen, Stiftskirchen und Pfarrkirchen in Gebrauch. In der Rangfolge der liturgischen Bücher standen sie mit den Evangeliaren an der Spitze. Wie die Evangeliare wurden Evangelistare als sakramentale Verkörperungen Christi betrachtet. Seit dem 13. Jahrhundert werden die Evangelistare vom neuen Buchtypus des Missales abgelöst.
Wiederkehrende Elemente sind die Autorenbilder der Evangelisten, die typischerweise am Anfang der Handschrift zu einer Gruppe versammelt werden (Godescalc-Evangelistar). Seit ottonischer Zeit wird die Folge der Perikopen wiederholt mit teilweise sehr ausführlichen Bilderzyklen zum Leben Jesu versehen (Codex Egberti, Speyerer Evangelistar). Der sakramentale Status der Evangelistare als Verkörperung Christi manifestiert sich am deutlichsten in Prachteinbänden, die das Buch mit dreidimensionalen Bildern aus Gold, Elfenbein und Edelsteinen umgeben (Evangelium longum, Uta-Buchkasten).
Literatur: Jakobi-Mirwald 1997, S. 135 und Palazzo 1998, S. 99-106.
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