Elfenbeinschnitzerei

Das aus den Stosszähnen von Elefanten bzw. Mammuts gewonnene Elfenbein ist einer der ältesten Werkstoffe plastischer Bildkunst und wurde schon in der Steinzeit verwendet. In der Spätantike erreichte die Elfenbeinschnitzerei eine bemerkenswerte Blüte in Rom und Konstantinopel, zu deren Zeugnissen die Maximianskathedra in Ravenna gehört. Die mittelalterliche Elfenbeinschnitzerei des Westens war sehr stark durch eine Auseinandersetzung mit der antiken Tradition bestimmt. Der Import von neuem Elfenbein war hier unterbrochen und Elfenbeinschnitzerei grundsätzlich Neubearbeitung von antiken Artefakten. Die meisten Elfenbeinschnitzereien waren für Prachteinbände von liturgischen Büchern bestimmt, wie die von Tuotilo geschaffenen Platten des Evangelium longum. Dagegen etablierte sich in Byzanz, das Elfenbein weiterhin direkt importierte, eine von antiken Modellen unabhängige Praxis der Elfenbeinschnitzerei: ein sehr verbreitetes Format war das kleinformatige Triptychon mit beweglichen Flügeln zur privaten Andacht. Seit dem späten 10. Jahrhundert gelangten viele dieser Triptychen als Geschenke in den Westen, wo sie häufig auseinandergenommen und in Prachteinbände integriert wurden. Wegen ihrer leichten Transportfähigkeit waren Kunstwerke aus Elfenbein die wichtigsten Übermittler byzantinischer Formen und Ikonografie ins Abendland. Nach einer längeren Zeit der Knappheit war Elfenbein im 13. Jahrhundert wieder über Direktimporte verfügbar. In Paris und anderen Orten Frankreichs stellten Elfenbeinwerkstätten grosse Mengen an Diptychen und Triptychen her, die der privaten Andacht dienten, aber auch Luxusgüter für den weltlichen Bereich wie Minnekästchen oder Spiegelkapseln.

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