Unter Grundbegriffe werden wichtige Grundbegriffe der allgemeinen Linguistik aufgeführt und einige weitere Begriffe, die v.a. relevant sind, wenn man sich mit der germanistischen Linguistik beschäftigt. Die germanistische Linguistik beschäftigt sich mit Prinzipien und Theorien der allgemeinen Linguistik und wendet diese auf das Deutsche an bzw. erprobt diese am Deutschen (und seinen Ausprägungen in Synchronie und Diachronie).

Nach der Definition von Ferdinand de Saussure handelt es sich um die Entwicklungsphasen einer Sprache, dass heisst um die Aufeinanderfolge verschiedener Sprachzustände.

Nach: Glück/Rödel (2016: 144). Weiteres zu diesem Begriff in Saussure (1916/2014).

Die germanischen Sprachen bilden einen Zweig der indogermanischen Sprachfamilie. Dieser kann nochmals in Ost-, Nord- und Westgermanisch unterteilt werden. In der ostgermanischen Gruppe finden sich Sprachen wie Gotisch oder Vandalisch, die Stand heute keine aktiv gesprochenen Tochtersprachen besitzen. Sprachen des westgermanischen Zweigs sind beispielsweise Englisch oder Deutsch, während die geographisch in Skandinavien angesiedelten Sprachen in die nordgermanische Kategorie fallen.

(Ur-)Germanischer Sprachzweig

Mit dem Begriff „Urgermanisch“ wird die rekonstruierte Sprachstufe eines Zeitabschnittes bezeichnet, der zwischen der Ausgliederung des (Prä-)Germanischen aus dem indogermanischen Verband und der Ausbildung deutlicher dialektaler Unterschiede innerhalb dieser Varietät liegt. Diese Differenzierung führte später zu den einzelnen germanischen Stammesdialekten und ist vielfach in den heutigen germanischen Sprachen noch erkennbar. Die Übergänge zu späteren Phasen wie Urnordisch oder Urwestgermanisch sind fliessend und nicht scharf festzulegen.

Nach: Schmidt (2013: 40). Abbildung aus dem Vorlesungsskript (HS22) von Guido Seiler (UZH).

Etwas sinnlich Wahrnehmbares wird zum ikonischen Zeichen, wenn in ihm das Bezeichnete als Abgebildetes (wieder)erkennbar ist. Mit anderen Worten basiert ein Ikon auf einem Ähnlichkeitsverhältnis. Diese Verhältnis kann auf dem Aussehen (optische Ähnlichkeit) oder dem Klang (akustische Ähnlichkeit) eines Objektes beruhen. Mittels eines Ikons kann auch über ein Objekt, das von einer Person nie in Realität gesehen wurden, eine Vorstellung über das Objekt gewonnen werden; respektive ist es möglich dieses Objekt in Realität als das vom Ikon Bezeichnete wiederzuerkennen.

Ikone spielten in den Anfängen der Schrift – beispielsweise in der Entwicklung der Hieroglyphenschrift und der chinesischen Schrift – eine grosse Rolle. Die meisten dieser Schriftzeichen haben aber im Lauf der Zeit ihre Form und manchmal auch ihre Bedeutung geändert, weshalb sie ihren Abbildcharakter verloren haben.

Beispiele für Ikone sind die meisten Piktogramme oder Onomatopoetika.

Nach: Linke et al. (2004: 19-21).

Etwas sinnlich Wahrnehmbares wird zum indexikalischen Zeichen, wenn es als Folgeglied in einem Wenn-Dann-Verhältnis aufgefasst werden kann und aus dem Vorliegen dieser Folge auf deren Ursache geschlossen werden kann. Der Index verweist entsprechend auf einen Sachverhalt, ohne dass dieser direkt dargestellt wird. Voraussetzung für diesen Schluss bildet immer das individuelle Erfahrungswissen über die (aussersprachliche) Welt. Die Verwendung eines Indexes ist immer situativ bedingt.

Beispiele sind Rauch, der auf ein Feuer verweist, oder die Lautstärke in einem Sprechakt, die auf einen bestimmten emotionalen Zustand wie Freude oder Trauer verweisen kann.

Nach: Linke et al. (2004: 19-20).

Sprachen werden in verschiedene Sprachfamilien eingeteilt. Eine dieser Sprachfamilien ist die sogenannte „indogermanische (oder auch: indoeuropäische) Sprachfamilie“. Die indogermanische Sprachfamilie ist sehr gross und umfasst fast alle Sprachen, die in Europa gesprochen werden. Unter anderem zählt auch das Schweizerdeutsche zu dieser Sprachfamilie. Nicht zu den indogermanischen Sprachen gehörig, aber dennoch in Europa angesiedelt, sind beispielsweise Finnisch, Ungarisch, Estnisch oder Maltesisch.

(Ur-)Indogermanische/Indoeuropäische Sprachfamilie

Mit dem Begriff „(Ur-)Indogermanisch“ (auch Indoeuropäisch genannt) wird eine Gruppe bezeichnet, die ursprünglich zwischen Indien und Europa (inklusive Irland und Island) gesprochene Sprachen umfasst. Die lexikalischen und grammatischen Gemeinsamkeiten dieser Gruppe wurden durch die vergleichende Sprachwissenschaft als Verwandtschaft erwiesen und auf eine gemeinsame Ausgangssprache, das rekonstruierte Indogermanisch, zurückgeführt.

Nach: Schmidt (2013: 25). Abbildung aus dem Vorlesungsskript (HS22) von Guido Seiler (UZH).

In der kognitiven Linguistik, insbesondere der Semantik, handelt es sich bei einem Konzept um eine mentale Informationseinheit im Langzeitgedächtnis. Diese Einheit ermöglicht das Wissen über die Welt abzuspeichern, zu organisieren und zu kategorisieren (virtuelle Vorstellungskategorie). Die reale Welt wird in mental repräsentierte Konzepte („Vorstellungen“) übersetzt. Dies geschieht basierend auf der Abstraktion von individuellen Objektmerkmalen und dem Hervorheben von gemeinsamen Merkmalen. Dadurch wird eine effiziente Speicherung aller zu bezeichnenden Objekte ermöglicht.

Die Konzepte sind virtuelle Kategorien, da sie lediglich als Informationseinheit im Gedächtnis eines Individuums existieren. In einer Sprechsituation, in der auf ein spezifisches Objekt (ein Referent) verwiesen wird, erfolgt eine konkrete Aktualisierung. Abgespeichert ist deshalb jedes Zeichen virtuell, wird es aktiv verwendet, ist es aktuell.

Nach: Glück/Rödel (2016: 369) und Busch/Stenschke (2018: 23).

Während unter dem Begriff „Sprachvermögen“ (langage) die allgemeine Fähigkeit zur menschlichen Sprache und unter „Rede“ (parole) die Gliederung und der Ausdruck eines bestimmten Gedankens mittels sprachlicher Mittel verstanden wird, verwendet man langue als Bezeichnung für eine strukturierte Menge von parole-Prozessen. Bei diesen Prozessen wird jeweils ein Gedanke (eine Bedeutung) und ein sprachliches Ausdrucksmittel (ein Lautgebilde) sprachspezifisch und den Gesetzen des Sprachvermögens gehorchend in einen Gliederungszusammenhang gesetzt. In verschiedenen Sprachen unterscheiden sich diese Gebilde.

Nach: Glück/Rödel (2016: 387). Weiteres zu diesem Begriff in Saussure (1916/2014).

Sprachliche Elemente, die sich, bezogen auf eine Position im Syntagma, gegenseitig austauschen lassen (Substitution), stehen in einer paradigmatischen Beziehung zueinander. Die Beziehungen innerhalb eines Paradigmas (einer Austauschklasse) können konträr zur horizontalen Verkettung des Syntagmas als vertikal betrachtet werden.

Zur Bildung eines Paradigmas dienen unterschiedliche Kriterien, die semantisch oder morphosyntaktisch motiviert sein können.

Beispiel: semantisches Paradigma

der Hund        bellt
                         knurrt
                         winselt
                         *schläft

Beispiel: morphosyntaktisches Paradigma

der Hund        bellt
                         bellte
                         hat gebellt
                         *bellten

Nach: Linke et al. (2004: 37-38).

Unter dem Begriff „parole“ wird die Gliederung und der Ausdruck eines bestimmten Gedankens mit sprachlichen Mitteln verstanden. Die Parole basiert auf dem allgemeinen menschlichen Sprachvermögen (langage), erfolgt aber basierend auf der jeweiligen langue sprachspezifisch .

Nach: Glück/Rödel (2016: 497). Weiteres zu diesem Begriff in Saussure (1916/2014).

Das signifié (Inhaltsseite, Bedeutung, Zeicheninhalt, Bezeichnetes, concept) ist eine Grösse, die zwischen der beliebig realisierbaren Zeichenform und den im Zeichengebrauch aktualisierten Referenzbezügen vermittelt. Sie ist eine Voraussetzung dafür, dass Zeichen ihre Stellvertreterfunktion erfüllen können, bleibt dabei aber immer innerlich und schwer greifbar. Stark vereinfacht ausgedrückt handelt es sich um die virtuell vorhandene „Vorstellung“ eines Objekts.

Konzept von Signifié und Signifiant im Kontext von Langue und Parole.

Das signifiant (Ausdruckseite, Zeichenform, Bezeichnendes, image acoustique) ist eine abstrakte Grösse. Gemeint ist damit nicht eine einzelne, spezifische Realisierung der Ausdrucksseite des Zeichens, sondern das, was allen Realisierungen dieser Ausdrucksseite als gemeinsames Muster zugrunde liegt. In schriftkundigen Gesellschaften werden zwei materielle Realisationsformen von Sprache unterschieden: die mündliche (Lautbild) und die schriftliche (Schriftbild).

Ein sprachliches Zeichen besteht aus der untrennbaren Kombination beider Elemente, wobei diese Verknüpfung in der Regel arbiträr ist und auf Konventionalität beruht.

Nach: Linke et al. (2004: 31-32). Weiteres zu diesem Begriff in Saussure (1916/2014).

Basierend auf F. de Saussures Strukturalismus existiert jedes sprachliche Element nur in Relation zu anderen sprachlichen Grössen. Bedingt durch diese Beziehungen eines spezifischen sprachlichen Elements erhält das Element eine Position im System, die dessen sprachlichen Wert (valeur linguistique) bestimmt.

Die Beziehungen eines Elements entstehen durch die partielle Übereinstimmung und die eindeutige Abgrenzung zu anderen Elementen desselben Systems. Zusätzlich kann zwischen paradigmatischen und syntagmatischen Relationen unterschieden werden. Aus einer strukturalistischen Perspektive ist es nicht möglich, ein einzelnes sprachliches Element isoliert zu erfassen. Es muss deshalb stets im Kontext mit den anderen Elementen betrachtet werden.

Nach: Linke et al. (2004: 36-37).

Die folgenden Bezeichnungen von Sprachstufen sind als grössere, sich überlappende und intern heterogene Perioden zu verstehen:

    • *Urindogermanisch (*Indoeuropäisch)
    • *Urgermanisch
    • Althochdeutsch (ca. 700-1050)
    • Mittelhochdeutsch (ca. 1050-1350/1400)
    • Frühneuhochdeutsch (ca. 1350/1400-1650)
    • Neuhochdeutsch (ca. 1650-)

Der Asterisk (*) markiert die  rekonstruierten Sprachstufen.

Nach: Schmid (2017: 3-4). Für weitere Informationen ist das gesamte Kapitel 2 zu empfehlen.

Eine sehr bedeutende Strömung in der Linguistik war oder ist der sog. „Strukturalismus“, als dessen Begründer – zumindest in Europa – der Schweizer Linguist Ferdinand de Saussure (1857–1913) gelten kann. Einer strukturellen Linguistik oder Strukturlinguistik liegt die Auffassung zugrunde, dass Sprache ein System ist, dessen Bestandteile sich gegenseitig bedingen. Diese Teile können nur in ihrem Zusammenspiel, in ihren Beziehungen untereinander (und damit zum Systemganzen) verstanden werden. Letztlich ist also „Struktur“ (in „Strukturlinguistik“) als Metapher zu verstehen, im Sinne von Ganzheit oder Gefüge.

Eine wichtige Errungenschaft des Strukturalismus ist zum Beispiel die Etablierung des Phonembegriffs in der Phonologie oder des Morphembegriffs in der Morphologie. Dabei handelt es sich um zwei Konzepte/Begriffe, ohne die wir uns die heutige Linguistik nicht mehr vorstellen könnten und die ein elementares Beschreibungsinstrument darstellen.

Nach: Glück/Michael (2016: 677-678); Saussure (1916/2014); Seiler (2021).

Etwas sinnlich Wahrnehmbares wird zum symbolischen Zeichen, wenn ihm eine Bedeutung lediglich basierend auf Konventionen zugesprochen wird. Der Zusammenhang zwischen dem Symbol und seiner Bedeutung ist arbiträr und unmotiviert. Es gibt keine äusseren Gründe, warum ein bestimmtes Symbol gerade diese und keine andere Bedeutung trägt oder eine Bedeutung durch dieses und kein anderes Symbol ausgedrückt wird.

Beispiele sind die meisten sprachlichen Zeichen oder eine Rose als Symbol für Liebe.

Nach: Linke et al. (2004: 22).

Nach Ferdinand de Saussure wird mit dem Begriff der Zustand einer Sprache während eines spezifisch definierten Zeitraums bezeichnet.

Nach: Glück/Rödel (2016: 694). Weiteres zu diesem Begriff in Saussure (1916/2014).

Die Beziehungen, die bei der linearen (horizontalen) Verkettung sprachlicher Einzelzeichen zu komplexeren Einheiten entstehen, werden als syntagmatische Beziehungen bezeichnet. Jede Einheit wird durch diese Verkettung in Beziehung mit den Nachbareinheiten links und rechts gesetzt. Ein Beispiel für eine syntagmatische Verkettung ist der Satz.

Unterschieden werden semantische und grammatische Relationen, welche sprachspezifisch die Kombination gewisser Elemente erlauben und die anderer unterbinden. In den Beispielen markiert der Asterisk (*), dass das Syntagma nicht weitergeführt werden kann, weil eine Beziehungsregularität verletzt ist.

Beispiel: semantische Beziehung

  • der Hund           bellt
  • der Schakal      bellt
  • der Fisch          *bellt

Beispiel: grammatische Beziehung

a) Kongruenz

  • der Hund        bellt
  • die Hunde     *bellt

b) Satzbauplan

  • der Hund        erwartet          das Herrchen
  • der Hund        bellt                *das Herrchen

Nach: Linke et al. (2004: 37).

Literaturnachweis:

  • Busch, Albert/Stenschke, Oliver (2018): Germanistische Linguistik. Eine Einführung. Tübingen: Narr.
  • Glück, Helmut/Rödel, Michael (Hrsg.) (2016): Metzler Lexikon Sprache. 5., aktualisierte und überarbeitete Auflage. Stuttgart: Metzler.
  • Linke, Angelika/Nussbaumer, Markus/Portmann, Paul R. (2004): Studienbuch Linguistik. 5., erw. Auflage. Tübingen: Niemeyer (= Reihe germanistische Linguistik 121).
  • Saussure, Ferdinand de (1916/2014): Cours de linguistique générale. Studienausgabe in deutscher Sprache. Hg. von Peter Wunderli. Tübingen: Narr.
  • Schmid, Hans Ulrich (2017): Einführung in die deutsche Sprachgeschichte. 3. Auflage. Stuttgart: Metzler.
  • Schmidt, Wilhelm (2013): Geschichte der deutschen Sprache. Ein Lehrbuch für das germanische Studium. Stuttgart: Hirzel.
  • Seiler, Guido: Einführung in die Linguistik, Herbstsemester 2021, Universität Zürich.