Vorwort der Herausgeber:innen

Am 28. und 29. September 2023 fand am Romanischen Seminar der Universität Zürich der zwölfte Dies Romanicus Turicensis unter dem Titel «Sprache und Identität» statt. Der Kongress richtete sich an junge Forscherinnen und Forscher der romanistischen Disziplinen (Literatur-, Kultur- und Sprachwissenschaften) und ermöglichte ein Forum für den wissenschaftlichen Austausch in einem internationalen Kontext.

Welches sind die entscheidenden Faktoren für die Identitätsentwicklung? Die hier aufgeworfene Frage hat weit in die Vergangenheit zurückreichende Ursprünge, was jedoch ihren Zusammenhang mit der Dynamik und Entwicklung der Gesellschaft keineswegs mindert. In diesem vielseitigen System, in welchem der Begriff Identität schwer zu definieren und abzugrenzen ist, haben die Sprache und die Literatur eine vorherrschende Rolle inne. Beide tragen sie nämlich zur Herausbildung einer vielfältigen, d.h. individuellen, regionalen, (trans)nationalen, sozialen, kulturellen, gemein­schaftlichen, politischen usw., Identität bei. Die Aufgabe der Forschenden ist es, über die zugrundeliegenden Mechanismen und über die Veränderungen, die in diesem Bereich durch Phänomene wie die Glo­balisierung und die damit einhergehende Neudefinierung der Bezie­hungsnetze (beispielsweise der kommunikativen Kontakte) verursacht werden, nachzudenken. Die Erforschung des Identitätskonzepts bedingt oft die Auseinandersetzung mit dichotomen Tendenzen, wie vom Linguisten Johannes Kabatek im Essay Identidad y alteridad lingüísticas en la aldea global beschrieben:

Lo que podemos afirmar hasta aquí es que parece haber, por un lado, tendencias “naturales” y no dirigidas, de convergencia, y por el otro lado, intentos de frenarlas. La existencia de las dos tendencias parece corresponder a las necesidades contrapuestas de los hablantes de poder comunicarse con todos y de pertenecer al mismo tiempo a una comunidad diferenciada y con límites frente a otras (Kabatek 1998: 4).[1]

Eng mit Identität-Alterität verbunden ist das Wortpaar Inklusion-Exklusion: Inwiefern ist sich ein Individuum seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sprachlichen, literarischen oder kulturellen Gemeinschaft bewusst? Und inwiefern kann diese Zugehörigkeit willentlich beeinflusst werden? Ausgehend von den Schnittpunkten zwischen Sprache, Literatur und Identität vertiefen die Beiträge des vorliegenden Bandes verschiedene der erwähnten Aspekte, wie die Sprache die Identitätsbildung in unterschied­lichen Sprachräumen und Migrationsdynamiken beeinflusst (Flurina Graf und Claudia Cathomas, Adrien Mathy, Nelson Sindze Wembe, Peiyao Xiong, Eugénie Pereira Couttolenc), Frauenliteratur (Tatiana Molina, Chiara Petra Canu) und was für Spuren der historische Kontext in der Literatur vom 12 Jh. bis hin zur Gegenwart hinterlässt (Ariane de Testa, Adriana Abalo Gómez, Amy De Gottardi, Élise Cantiran, Astrid Novat, Bony Flückiger, Sophie Hochuli, Pia Carmela Lombardi).

Abschliessend bedankt sich das Organisationskomitee des XII. Dies Romanicus Turicensis, bestehend aus Bárbara Garrido Sánchez-Andrade, Lisa Gasner, Tamara Guglielmi, Antony Kussmaul, Virginia León Torrez, Chiara Licci, Adriano Salvi, Delia Strebel, bei allen Personen und Institutionen, ohne deren Unterstützung die Durchführung der Tagung und die vorliegende Publikation nicht möglich gewesen wären: UZH-Alumni, VAUZ, Lateinamerika Zentrum Zürich und dem Romanischen Seminar der Universität Zürich. Ein spezieller Dank geht an den Seminarleiter Prof. Dr. Thomas Klinkert und an María Luisa Gago Iglesias. Ausserdem danken wir Rojbaş Feiner und Anita Holdener für ihre Unterstützung bei der Gestaltung der Publikation.

 

Zürich, Mai 2025

Die Herausgeber:innen


  1. Kabatek, Johannes (1998). «Identidad y alteridad lingüísticas en la aldea global», in: Barrera, Andrés (Hrsg.), Las lenguas de España, Vitoria, Universidad del País Vasco. <https://doi.org/10.5167/uzh-85916>.

Lizenz

XII. Dies Romanicus Turicensis Copyright © 2025 Lisa Gasner; Tamara Guglielmi; Antony Kussmaul; Virginia León Torrez; Chiara Licci; Adriano Salvi; und Delia Strebel. Alle Rechte vorbehalten.

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