Joseph Furttenbach, Kupferstich, 1652, aus: Deutsche Fotothek.

Furttenbach, Newes Itinerarium Italiae, Ulm, 1627, Titelblatt, aus: Zentralbibliothek Zürich.

Furttenbach, Architectura civilis, Ulm, 1628, Titelblatt, aus: Zentralbibliothek Zürich.

Furttenbach, Architectura recreationis, Augspurg, 1640, Titelblatt, aus: Zentralbibliothek Zürich.























Joseph Furttenbach


1. Relevante Lebensdaten
2. Arbeit als Architekt
3. Newes Itinerarium Italiae
4. Architectura civilis
5. Architectura recreationis
6. Weitere Werke
7. Einflüsse

1. Relevante Lebensdaten

Joseph Furttenbach wurde am 30. Dezember 1591 in Konstanz oder in Leutkirch geboren und starb am 12. oder 17. Januar 1667 in Ulm. Bereits mit 15 Jahren machte sich der Junge, welcher aus einer gut situierten Familie stammte, auf seine Italienreise, die über ein Jahrzehnt lang dauerte und sein Leben stark beeinflusste. Ausschlaggebend für seine Leidenschaft für Architektur und Theaterdekoration war vor allem sein einjähriges Studium bei Giulio Parigi in Florenz. Nach seinem Auslandaufenthalt trat er in ein Ulmer Handelshaus ein und lernte seine zukünftige Frau Anna Katharina Strauss kennen. Furttenbach wurde 1631 die Leitung des Ulmer Stadtbauamtes anvertraut, er wurde Senator und Ratsherr der Stadt und Verwalter des Stadtholzamtes (Architekturtheorie 2003, S.530).

2. Arbeit als Architekt

Nach seiner Rückreise aus Italien entwarf Furttenbach eine Grottenanlage für seinen Bruder Hieronymus, welcher Bürgermeister von Leutkirch war (Architekturtheorie 2003, S. 530). Leider ist kaum einer der Bauten erhalten, die er während seiner Amtszeit in Ulm betreute. Neben dem bekannt gewordenen Theaterbau im ehemaligen Dominikanerkloster beschäftigte sich Furttenbach auch mit Gelegenheitsarchitekturen wir Trauergerüsten, Ehrenpforten und Theaterdekorationen.

3. Newes Itinerarium Italiae

Im Jahre 1627 veröffentlicht Furttenbach in seinem ersten Buch Newes Itinerarium Italiae unsystematisch seine Erfahrungen, welche er während seiner Italienreise gemacht hat. Sein Interesse an der neueren Architektur wird unter anderem in den Beschreibungen der Strada nuova in Genua widerspiegelt, «...deren zierliche Architectura alla moderna er in Europa für vergleichslos hält.» (Kruft 1991, S. 193). Obwohl Furttenbach selten Quellen angibt, lassen sowohl seine Illustrationsart wie auch sein Text vermuten, dass er sich an Peter Paul Rubens Palazzi di Genova (1622) orientiert hat (Blunt 1977, S.609-621; Botto 1978, S.59-84). Die italienische Renaissance-Architektur wird zeitlich und geographisch auf einem weit gespannten Rahmen aufgenommen (Kruft 1991, S.193).

4. Architectura civilis

Die Architectura civilis aus dem Jahre 1628 gilt als Furttenbachs frühestes architekturtheoretisches Werk. Die Gebäudetypologie folgt der ständischen Hierarchie. Das Werk beginnt mit der Beschreibung eines fürstlichen Palasts. Obwohl der Bau, wie die meisten von Furttenbachs veröffentlichten Bauten, nicht namentlich identifiziert wird, verweist Kruft (1991, S.194) darauf, dass es sich um den Palazzo Pitti in Florenz handelt. Mit der Sciena di Comoedia nach der altgriechischen Komödie gemäss Vitruv beginnt der lustvollere Teil der Herrschaftsarchitektur mit dem Lust- und Tiergarten (Architekturtheorie 2003, S.532). Furttenbachs Darstellung kann mit der «Scena Comico» von Serlio in Bezug gesetzt werden (Serlio 1545, fol. 49v.; Serlio 1609, fol. 26r.). Die Gebäudetypologie wird mit einem Haus für eine Privatperson fortgesetzt (Furttenbach 1628, Tafeln 21, 22, 23, 24, 25, 26). Furttenbach beschreibt, wie er «...die italienische, also nit weniger die teutsche Sitten und Gewohnheiten zusammengetragen...» (Furttenbach 1628, S. 48) hat und gleichzeitig dabei den Nutzen erhalten wollte. Im folgenden Teil ist die Architektur der Kirche lediglich mit dem Aufriss einer Kirchenfassade, dem Grundriss und der Innenraumperspektive vertreten. Zahlreich hingegen sind die Grundrisse von drei Klöstern mit jeweils zwei Stockwerken. Mit einem Spital, einem befestigten Lazarett und einem Gottesacker schliesst die Architectura civilis.

5. Architectura recreationis

In Architectura recreationis präsentiert Furttenbach Haus- und Schlossprojekte. Dabei legt er den Fokus hauptsächlich auf Gartenanlagen, aber auch auf Paläste. Auch hier verweist er darauf, dass er «italienische Termini genommen hat, welche auch von der deutschen Nation gebraucht werden können» (Furttenbach 1640, S. 48). Er stellt unter anderem vor, wie man veraltete Schlossanlagen mit wenig Aufwand den aktuellen Bedürfnissen und Vorlieben anpassen kann und wie man «mit geringster impens und doch fein zierlich...das Hauss mit wol accomodierten Zimmern» renovieren kann (Furttenbach 1640, S. 21).

6. Weitere Werke

Architectura navalis... (1629)
Architectura martialis... (1630)
Architectura universalis... (1635)
Architectura Privata... (1641)
Mannhaffter Kunst-Spiegel oder Continuatio... (1663)

7. Einflüsse

Furttenbach will den Menschen hauptsächlich Landgebäude und Gartenanlagen nahe bringen. Nichts deutet in den Schriften auf den damals herrschenden Dreissigjährigen Krieg hin. Deswegen ist die Architectura civilis auch als «Friedensarchitektur» charakterisiert worden (Architekturtheorie 2003, S.532). Im Gegensatz zu anderen Architekturtheoretikern seiner Zeit entwickelt Furttenbach kein architekturtheoretisches System. Er stellt die von anderen behandelten «principia Architecturae» (Furttenbach 1628, Vorrede) und die Säulenlehre nicht dar, verweist jedoch auf die Regola von Vignola. Furttenbachs Werke stehen in der Serlio-Tradition , da sie einerseits Architekten, andererseits auch Bauherren als Vorbilder und Anregungen dienen sollen (Kruft 1991, S. 195).


Bibliographie
Architekturtheorie von der Renaissance bis zur Gegenwart, Köln [etc.]: Taschen, 2003.
Blunt, Anthony, Rubens and Architecture, in: The Burlington Magazine CXIX, 1977, S. 609-621.
Botto, Ida Maria, P.P. Rubens e il volume i "Palazzi di Genova", in: Katalog "Rubens a Genova", Genua 1978, S. 59-84.
Furttenbach, Joseph, Newes Itinerarium Italiae, Ulm: Jonam Saurn, 1627.
Furttenbach, Joseph, Architectura civilis, Ulm: Jonam Saurn, 1628.
Furttenbach, Joseph, Architectura recreationis, Augsburg: Johann Schultes, 1640.
Gorse, George L., A Classical Stage for the Old Nobility: The Strada Nuova and Sixteenth-Century Genoa, in: The Art Bulletin, 79 (2), Juni 1997, S. 301-327.
Kruft, Hanno Walter, Geschichte der Architekturtheorie. Von der Antike bis zur Gegenwart, 3., durchges. u. ergänzte Aufl., München: Beck, 1991.
Rubens, Peter Paul, Palazzi di Genova, Antwerpen, 1622.
Satkowski, Leon, The Palazzo Pitti: Planning and Use in the Grand-Ducal Era, in: Journal of the Society of Architectural Historians, 42 (4), Dez. 1983, S. 336-349.
Serlio, Sebastiano, Le premier livre d’architecture... Le second livre de perspective..., Paris: J. Barbé, 1545.
Serlio, Sebastiano, Secondo libro di prospettiva, Venedig: Francesco de'Franceschi, 1560.
Serlio, Sebastiano, Von der Architectur das ander Buch, Basel: Francesco de'Franceschi, 1609.


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