Übersicht

Über Kaya

Kaya ist 21 Jahre alt und studiert Filmwissenschaft und Geschichte an der Universität Zürich. Dementsprechend liegen auch ihre Interessen: Wenn du irgendeine Frage zu einem Film hast, fragst du am besten Kaya. Während den Semesterferien findet man sie entweder auf einem Wandertrip, mit Freund*innen oder auch allein, oder trifft sie im Kaffee, in dem sie arbeitet und den besten Kaffee mit Hafermilch in ganz Zürich serviert.

Der Laptopdeckel

Im Vergleich zu anderen Laptopdeckeln der Ausstellung erscheint Kayas Laptop eher leer. Die Anordnung wirkt organisch, als wären die Sticker zufällig dort gelandet, wo sie jetzt eben sind. Genauso beschreibt Kaya auch ihren Prozess des Aufklebens und wie dieser überhaupt begonnen hat: „Erst wollte ich eigentlich gar keine Kleber aufkleben. Ich hatte auf meinem alten Laptop mega viele. Und ich dachte mir so: Ja, voll schade, wenn es dann so Kleber drauf hat. Aber … keine Ahnung. Irgendwie habe ich dann halt doch mal was drauf geklebt. Es hat nicht wirklich einen Grund. Es gibt dem Computer halt irgendwie eine Personality.“ Spontanität und Personality, diese beiden Wörter beschreiben den Laptop ziemlich gut.

Die Sticker

Tattoo Sticker

Dieser Sticker wurde Kaya von einem Tattoo-Artist zusammen mit einer Zeichnung geschenkt. Einerseits gefällt ihr der Sticker, weil er cool aussieht, andererseits erinnert er Kaya an ihre eigenen Tattoos und ihre Erfahrungen im Tattoo-Studio.

https://www.instagram.com/untuneall/?hl=en

Ehe für Alle Sticker

Diese beiden Sticker wurden Kaya von einer Freundin geschenkt. Die Sticker wurden ursprünglich im Rahmen der Abstimmung zur Ehe für Alle 2021 verteilt und zeigen die politische Unterstützung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Kaya hat sich die Sticker aber erst kürzlich auf den Laptop geklebt, also eine ganze Weile nach dem Entscheid der Abstimmung. Die Botschaft der Sticker ist für Kaya eine, die ihr immer am Herzen liegt.

Mehr Bass Sticker

Dieser Sticker stammt aus dem Musikklub Mehrspur der Zürcher Hochschule der Künste. Bei einem Konzert im Mehrspur hat Kaya diesen Sticker eingesteckt und ihn als Erinnerung an den Abend auf ihren Laptop geklebt.

https://www.zhdk.ch/departemente/dmu/musikklub-mehrspur-6627

Biennale 2022 Sticker

Auch wenn Kaya tatsächlich 2022 an der Biennale in Venedig war, ist der Sticker erst auf Umwegen auf ihrem Laptopdeckel gelandet. Eine Freundin hat ihr den Sticker nämlich mitgebracht, weil sie wusste, dass er Kaya gefallen würde. Per Zufall fungiert er also gleich zweifach als Erinnerung, einerseits an Kayas Besuch der Biennale und andererseits an Kayas Freundin, die ihr den Sticker mitgebracht hat.

Ünique Sticker

„Ünique: Unikate im Gemüse- und Früchteregal“ – So lautet der Slogan für die Coop-Aktion, die der Essensverschwendung durch den Weiterverkauf von nicht den üblichen Normvorgaben entsprechenden Früchten und Gemüse den Kampf ansagt. Dieser Sticker klebte ursprünglich auf einem Apfel. Nachdem der Apfel verspeist wurde, landete der Sticker dann auf dem Apple-Logo von Kayas Laptop. Auf die Frage, weshalb sie sich entschieden hat, den Sticker genau dort aufzukleben, antwortet Kaya ganz einfach: „Ich fand ’s irgendwie lustig.“ Dieser Sticker war der erste, den Kaya auf ihren Laptop geklebt hat.

Analyse

Subtile Auflehnung

Einige der Sticker auf Kayas Laptop kommunizieren auf subtile Art und Weise, Kayas (politische) Wertevorstellungen. Als besonders gutes Beispiel dient dabei der «Ünique»-Sticker über dem Apple-Logo. Der Sticker, der normalerweise auf verformten Äpfeln im Coop gefunden werden kann, wird auf Kayas Laptop provokativ über das Apple-Logo geklebt. Auf den ersten Blick ist der Sticker nicht als selbst-ironische Kritik des Kapitalismus zu verstehen, erst wenn man sich den Laptop näher anschaut, fällt die Bedeutung der Positionierung des kleinen, unschuldigen Stickers auf. Auch die Sticker mit der Aufschrift «meh Liebi für Alli» und «sind lieb mitenand» fallen bei genauerem Hinblicken als Sticker mit politischem Inhalt auf, weil sie sich für die Ehe für Alle einsetzen. Der weitere Kontext ist, dass die Sticker im Rahmen der Schweizer Abstimmung zur Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehe, die 2021 vor das Volk kam, gedruckt wurden. Die Sticker beziehen sich für Kaya nicht direkt auf die Abstimmung, da sie als jüngste Ergänzung des Laptopdeckels knapp zwei Jahre nach dem positiven Entscheid der Abstimmung aufgeklebt wurden. Weder bei diesen beiden Stickern noch bei dem «Ünique»-Sticker wurde der Akt des Aufklebens von Kaya als bewusste politische Positionierung benannt. Stattdessen handelt es sich bei allen drei Stickern für Kaya primär um Prinzipien und Werte, die sie in ihrem alltäglichen Leben vertritt. Beim Aufkleben macht sich Kaya keine Gedanken darüber, was für politische Statements sie mit diesen Stickern setzt und wie andere darauf reagieren könnten. Die Sticker, die für sie passen, werden einfach spontan aufgeklebt. Die Sticker sind eben einfach Kaya, wie sie leibt und (k)lebt.

Mehr Erinnerungen, mehr Spontanität

«Ich kleb’ die Sticker dahin, wo es so … wo es halt vom Gefühl her passt. Aber nicht so: Da muss noch ein Sticker hin und da noch. Das mach’ ich nicht.»

Interview mit kaya

Viele der Sticker, die auf dem Laptop kleben, hat Kaya geschenkt bekommen oder von irgendwo mitgenommen. Kaya betont, dass diese dann sehr spontan auf den Laptop geklebt wurden, entweder direkt in dem Moment, wo sie sie in die Hände bekommen hat, oder wenn sie sie nachher in ihrer Jackentasche findet und das Gefühl gerade stimmt. Die Sticker sind aber auch immer mit der Erinnerung an ein bestimmtes Erlebnis oder eine spezifische Person verbunden und geben so einen Einblick in Kayas Leben. Wenn man Kaya nicht kennt, kann man durch die Sticker zwar ein unscharfes Bild der Person hinter dem Laptop erahnen – wenn Kaya dann aber die Geschichten hinter den Stickern erzählt, wird dieses Bild plötzlich schärfer. Einerseits sind die Sticker auf Kayas Laptop also als Ausdruck einer spontanen Aktion des Aufklebens und andererseits als nostalgische Geste der Erinnerung an einen Moment oder eine Person aus Kayas Leben zu verstehen. Vielleicht liefert dieser Ansatz auch einen neuen Blickwinkel auf die noch leeren Stellen des Laptops, nämlich als Platz für mehr Erinnerungen und vor allem mehr Spontanität.

Über die Autorin

Ich kenne Kaya schon sehr lange, da wir zusammen zur Schule gegangen sind und nun auch ein Nebenfach gemeinsam haben. Dadurch habe ich schon viele von Kayas Laptops miterlebt und alle von ihnen hatten Sticker auf ihrem Deckel. Dadurch erschien mir Kaya als spannende Kandidatin für die nähere Auseinandersetzung mit Laptopstickern. Die Themen der Spontanität und gleichzeitigen Repräsentation Erinnerungen, die sich im Interview mit Kaya als zentral herausgestellt haben, erscheinen ein wiederauftauchendes Motiv bei der Praktik des Stickeraufklebens zu sein.

*Die Besitzerin des Laptops möchte gerne anonym bleiben, weshalb der Name für diesen Text geändert wurde.