
Hat Platon manche Überlegungen in seinen Schriften nur «zwischen den Zeilen» angestellt? Untenstehend findest du einen Auszug aus Platons Das Gastmahl. In diesem Dialog wird eigentlich das Wesen der Liebe ergründet, wofür sechs Charaktere (Phaidros, Pausanias, Eryximachos, Aristophanes, Agathon, Sokrates) jeweils eine Lobrede auf den Gott Eros halten. Am Ende gesellt sich noch der volltrunkene Alkibiades dazu, lobpreist aber nicht den Gott Eros, sondern das Objekt seiner sexuellen Begierde: Sokrates. Im abgedruckten Auszug wird gerade das Wort an den fünften Redner, Agathon, übergeben. Dieser ziert sich zunächst ein wenig, woraufhin Sokrates ihn in ein Gespräch über ein ganz anderes Thema verwickelt. Gerade als es spannend wird, ruft sie Phaidros (der Inbegriff des konventionellen Denkens) zur Ordnung und fordert Agathon auf, nun endlich seine Lobrede auf Eros zu halten. Agathon folgt der Aufforderung. Das Thema des unterbrochenen Zwiegesprächs zwischen Agathon und Sokrates wird im Gastmahl nicht wieder aufgegriffen.
Aufgabenstellung
Schreibe das von Sokrates mit Agathon angefangene und durch Phaidros jäh abgewürgte Zwiegespräch fertig. Und zwar so, wie Sokrates es zu Ende hätte führen müssen. (D.h. zwingend: bediene dich dabei der Mäeutik — frag Leo!)
Diese Aufgabe ist Teil des Leistungsnachweises! Deadline: 29.11.2021
Unten findest du zwei Eingabefelder. Im ersten («Übungs-Tool») kannst du deine Lösung probehalber sowie beliebig oft eingeben und erhältst ein computergeneriertes Live-Feedback. Alles hier Geschriebene ist unverbindlich. Im zweiten («Eingabeformular») kannst du eine Lösung verbindlich an mich zur Korrektur abschicken. Verwende Deine UZH E‑mail-Adresse, dann erhältst Du eine Kopie der Nachricht. (Die Übermittlung der Daten erfolgt in jedem Fall über den DLF-UZH-Server.)
Bitte beachte: Es kann (insbesondere bei dieser Beta-Version) nicht ausgeschlossen werden, dass das Übungs-Tool dir ein enttäuschendes Feedback gibt, obwohl deine Lösung einwandfrei ist. Deshalb bewerte verbindlich ich und nicht der Computer.
(PS: Auch wenn der Fokus auf der Logik und nicht dem Stil liegt, sollte nicht versäumt werden, dem Gesprächspartner des Sokrates kreative Zustimmungsbekundungen in den Mund zu legen, z.B. «wohl gesprochen, Sokrates!», «ganz recht», «mitnichten, mein Teuerster!», etc.)
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Platon, Das Gastmahl (Auszug 194 a‑d)
Agathon: Willst du mich beschreien, Sokrates, mit deinem Lobe? Du willst wohl nur, dass die Vorstellung einer recht großen Erwartung, die das Theater von mir habe, mich aus der Fassung bringen soll.
Sokrates: Habe ich dich etwa nicht neulich gesehen, wie du so ganz unerschrocken und freimütig mit den Schauspielern die Bühne betratst, wie du im Angesicht einer solchen Menge von Zuschauern, vor welchen eines deiner Stücke gespielt werden sollte, ohne die mindeste Verlegenheit erschienest? Glaubst du denn, dass ich das ein paar Tage darauf schon so ganz vergessen habe, dass ich mir einbilden könnte, so eine Handvoll Leute werde dich aus der Fassung bringen?
Agathon: Warum nicht, Sokrates? So ganz hat mir das Parterre doch den Kopf noch nicht verdreht, dass ich nicht wüsste, dass für einen Verständigen wenige Einsichtige mehr zu fürchten sind als ein ganzer Haufen von unkundigen Gaffern.
Sokrates: Es wäre auch sehr unverzeihlich, dir einen solchen Stumpfsinn zuzutrauen. Wenn du freilich Leute antriffst, die du für Kundige halten kannst, so glaube ich dir gerne, dass du diesen grössere Beachtung schenken würdest als der grossen Menge. Ich weiss nur nicht, ob wir solche sind; denn auch wir waren ja damals zugegen und gehörten zum grossen Haufen! Gesetzt aber, du träfest wirkliche Kundige an, sag mir doch, würdest du dich wohl vor ihnen schämen, wenn du etwas Tadelnswertes gemacht zu haben glaubtest?
Agathon: Allerdings.
Sokrates:Vor dem großen Haufen würdest du dich hingegen nicht schämen, wenn du glaubtest, etwas Tadelnswertes gemacht zu haben?
Phaidros: O, ich bitte, lieber Agathon, lass dich doch mit Sokrates nicht ein. Er wird sich viel darum bekümmern, was aus unsrer Verabredung wird, wenn er nur jemand hat, mit dem er sprechen kann, zumal einen so schönen Mann. Ich höre zwar immer Sokrates Unterredungen mit Vergnügen, jetzt aber habe ich die Verpflichtung, für die Lobreden auf den Eros Sorge zu tragen. Ich muss also auch euren Betrag noch eintreiben.
Eingabeformular (verbindlich)
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