Zwischen Kunst und Projektion

Immer mehr verwandelt sich die Welt der Kunst von Öl auf Leinwand zu Bildschirm und Technik. Diese technische Renaissance verändert nicht nur die Art und Weise wie Kunst in Museen ausgestellt und erlebt werden kann, sondern beeinflusst auch ihre online Präsenz und wie über sie berichtet werden kann.

Alessia Heim

Ausgangslage
Die digitale Renaissance ist eine rapide Entwicklung, die wir in allen Teilbereichen unserer Gesellschaft in den letzten Jahren miterlebt haben, und so fasst sie nun auch Fuss in der Welt der Kunst. Der neuste Trend: komplett digitalisierte Kunstaustellungen in Form von Projektionen wie die Lichtausstellung der MAAG-Halle. Dabei werden Öl auf Leinwand mit Bildschirmen und Projektoren ersetzt und die ganze Werksammlung eines Künstlers virtuell zusammengebracht, losgelöst von ihren geographischen und materiellen Grenzen. Sei es die Ausstellung selbst, oder wie daraufhin online darüber berichtet wird in Form von Blogs & Social Media – die Kunstwelt geht online.

Als Selbstversuch, um die Kompetenzen zu üben, die Kunsthistoriker:innen im heutigen Zeitalter brauchen, schrieb ich einen Blog über meine Erfahrung in der Ausstellung «Klimts Kuss» der MAAG-Halle. Es war mir wichtig, mein Projekt über eine Ausstellung zu gestalten, die selbst mit dem Weltenbruch, den die Technologie ermöglicht, spielt.

Die Lichtausstellung in der MAAG-Halle digitalisiert ihre gesamte Ausstellung und löst sich komplett von der Materialität der originalen Werke und besteht nur noch aus Technik. So besteht ihre Ausstellung aus einem grossen leeren Raum mit mehreren Holzbühnen und Wänden, an welche Bilder bekannter Künstler wie Gustav Klimt projiziert werden. Die Bilder werden nicht nur projiziert, sondern auch als Animationen, Videos mit Musik und Schauspielern ergänzt und als eine performative Show abgespielt. Dadurch entsteht jedoch die Diskussion, ob der wahre Wert der Gemälde in diesen Lichtausstellungen verloren geht, da man eigentlich nur projizierte Fotos anschaut und «keine Kunst». Zwischen «einem visuellen Eintauchen» und «eine billige Abzocke» hört man viele Meinungen. Diese neue Beziehung zur Technologie und die daraus entstehende Debatte sollten den Inhalt meines Blogs ausmachen. Doch auch die Grenzen eines Ausstellungsblogs konnten symbolisch, parallel zu der Lichtausstellung, durch technische Entwicklungen und multimediale Software-Kompetenzen erweitert werden. Die Veränderung durch die Technologie, in der Art wie Kunst ausgestellt wird und darüber berichtet wird, bildet den Inhalt dieser Arbeit.

Ziel des Projektes
Anhand eines Blogs sollte das Erlebnis der Lichtausstellung einem möglichen Besuchenden erklärt werden. Dabei war es zentral, eine Balance zwischen dem Inhalt der Ausstellung und einer Beschreibung des neuartigen Erlebniskonzepts der Lichtausstellungen zu finden. Ein weiterer Balanceakt bestand darin, Wissen und Verständnis zu vermitteln, ohne der Person den Ansporn zu nehmen, die Ausstellung selbst besuchen zu wollen. Da die MAAG-Halle eine eher unkonventionelle Art der «Museumerfahrung» bietet, sollten insbesondere auf diese exklusiven Charakteristiken eingegangen werden und welche Angebote sie dem Besuchenden bietet. Dabei kommt auch das wichtige soziale Thema auf, wie es die Inklusion und Exklusion bestimmter Menschen beeinflusst und wer die Zielgruppen sind.

Das Ziel des Blogs bestand darin, das Besuchererlebnis von Anfang bis Ende anzusprechen. Er sollte auch die Diskussion aufgreifen, mit welcher sich die Besucher:innen der Ausstellung befassen: nämlich die Debatte darüber, wie das Erlebnis im Vergleich zu einem klassischen Kunstmuseum funktioniert. Die Abwesenheit der originalen Werke, die durch Technologie ersetzt werden, stellt einen Austausch dar – funktioniert er oder bedeutet er einen Verlust der Integrität?

Projektbeschrieb
Mithilfe der Shorthand-Website wollte ich ein multimediales und visuell ansprechendes Blogdesign umsetzen, das den inhaltlichen Teil des Textes mit passenden Bildern ergänzte. Dadurch sollte einerseits die Aufmerksamkeit der Leser:innen geweckt werden und andererseits ein möglichst übersichtliches Verständnis der Ausstellung ermöglicht werden. Die Textabsätze sollten dabei durch verschiedene Bilder von Gustav Klimts Werken und den Ausstellungsräumen unterstützt werden. Wenn der Text beispielsweise ornamentale Symbole der Werke erwähnt, sollten diese im Hintergrund des Blogs widergespiegelt sein. Diese narrative Vielfältigkeit hatte ein grosses Potenzial, aber auch ihre Herausforderungen.

Reflexion
Das Schreiben des Blogs selbst und die Gestaltung der Darstellung waren einzeln machbare Prozesse. Die Schwierigkeit lag darin, diese beiden Aspekte so zu verbinden, dass ein fliessendes inhaltliches und benutzerfreundliches Leseerlebnis entstand. Der Text musste nicht nur mit den Bildern abgestimmt sein, sondern auch mit der Scroll-Bewegung der Leserschaft. Dies erwies sich als die größte Herausforderung.

Dieses Stadium der Arbeit war jedoch auch paradox, denn das Shorthand Programm ermöglichte einem Blog das gleiche technische Potenzial, von welchem auch die Lichtausstellungen profitiert. Durch die unbegrenzten inhaltlichen Möglichkeiten, konnten nicht nur ein paar Werke eines Künstlers ausgestellt werden, sondern seine gesamte Werksammlung. Diese Werksammlung konnte zudem durch die Multimedialität der Technologie ergänzt werden und eine Abhängigkeit von Platz und Raum auflösen. Genau diese Möglichkeit bot auch das Shorthand-Programm an. Ein konkretes Beispiel wäre, wenn im Text über die vielen Porträts von Frauen gesprochen wird, konnten diese simultan neben dem Text bewegt gezeigt werden. Dadurch konnte eine ganze Werksammlung innerhalb von Sekunden abgebildet werden, ohne seitenweise Platz aufnehmen. Eine Selbstkritik wäre, dass mehr fliessende und technisch avanciertere Effekte noch eingefügt hätten werden können. Der Text darf aber auch nicht unter den vielen Bildern verloren gehen oder in seiner Lesbarkeit gestört werden. Als Fazit können die technischen Kenntnisse in der Reflexion schnell zur Achillesferse werden.

Hier geht es zum Blog

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert