Staden unter Elefanten und Sultanen

ElefantMyn rymen sint vil abgeschnitten
Den synn verlürt man jn der mitten
Jeder rym hat sich műssen schmucken
Noch dem man jn hatt wellen drucken
Vnd sich die form geschicket hat
Dar vmb manch rym so übel stat
Das es mir jn mym hertzen we
Geton hat tusent mol / […]

Der Schmerz, den Sebastian Brant, der Autor dieser Zeilen aus „Das Narrenschiff“ verspürte, gründete in den Folgen des Buchdrucks, wie uns Simona heute nachmittag nachvollziehbar in ihrem Referat veranschaulichen konnte. Bücher entwickelten sich nämlich im 16. Jahrhundert zu einem Massenartikel und stellten ein markfähiges Produkt dar, weshalb findige Verleger zunehmend auch unautorisierte Nachdrucke zur Gewinnsteigerung veröffentlichten. Einer von ihnen war Weigand Han, der ohne Hans Stadens Einwilligung dessen warhaftige historia abermals druckte und verkaufte. Allerdings verzichtete er darauf, neue Holzschnitte anfertigen zu lassen und fügte jene eines Asien-Reiseberichts hinzu, so dass Staden in den bildlichen Darstellungen des Nachdrucks auf Elefanten ritt oder Sultanen gegenübersass. Die Bilder entsprachen infolgedessen nicht mehr der Intention des Textes und lösten Assoziationen aus, welche der Autor ursprünglich nicht beabsichtigt hatte. Dasselbe Dilemma galt für „Verbesserungen“ am Text durch den Verleger. Dieser Wandel schärfte das Bewusstsein für unlauteren Wettbewerb und so führte dieser Umstand auch im Seminar zu einer Diskussion über das Urheberrecht von damals im Vergleich zu heute. Blieb der Schutzbrief eines Fürsten zu Gunsten eines Werks im 16. Jahrhundert beinahe wirkungslos,  schützt die heutige Rechtslage das Geistige Eigentum – zumindest sollte sie.

Das komplette Referat, inklusive Diskussion, kann zusätzlich im Audiopodcast nochmals gehört werden:

by Andreas

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