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Mit Make-Up Pickel und soziale Strukturen verdecken – Eine überblickende Arbeit zur alltäglichen Benutzung von Make-Up bei Schweizer Frauen

So wie viele Mädchen, habe auch ich meine Mutter beobachtet, wie sie sich für verschiedenste Anlässe schminkte. Damals schon griff ich zu ihren Lippenstiften und Pudern und versuchte mich auch daran. Wenige Jahre später schminkte ich mich alltäglich. Zugegeben, zu Beginn sah das nicht so ästhetisch aus wie heute (hoffentlich). Im Alter lernt man die Techniken besser und stimmt alles mit den eigenen Merkmalen und Vorstellungen ab. Eine weitere Erfahrung, die sicher auch viele Frauen mit mir teilen, ist das Feedback vom Umfeld bezüglich ihres Aussehens. War ich mal ungeschminkt, wurde ich gefragt, ob ich krank sei. War ich mal «zu viel» geschminkt, wurde ich gefragt, wieso ich mich so mit Make-Up «zuklatsche». Aber auch ich habe mir diese Frage etliche mal gestellt. Wenn ich in den Spiegel schaue während dem Abschminken, beginne ich manchmal zuerst mit der einen Gesichtshälfte und betrachte den Unterschied. Wieso schminke ich mich? Genau wie mit dem Abschminken, wollte ich durch diese Arbeit sehen und verstehen, was unter dem Make-Up, beziehungsweise hinter dem Phänomen Schminken steckt.

Ziel dieser Arbeit war es, einen Blick in die Schönheitspraktiken von Frauen in der Schweiz und deren gesellschaftlichen Aspekte zu gewährleisten. Dafür wurden vier Frauen mit leitfadenorientierten Interviews zu ihren Schönheitspraktiken und den eigenen Ansichten, Erfahrungen und Empfindungen am Beispiel ihrer alltäglichen Benutzung von Make-Up befragt. Um die Aussagen der Befragten einzuordnen und zu untersuchen, wurde ein überblickender Theorieteil präsentiert, der bestehende Forschung zur Thematik des Körpers in der Gesellschaft in Bezug zu der Vergeschlechtlichung des Körpers und den Schönheitspraktiken aufführt. Aus der Analyse in Bezug zu den Theorien liess sich die gesellschaftliche und subjektive Relevanz des Schminkens erkennen, welche in verschiedenen Formen vorkommen kann. Die Ergebnisse der Forschung zeigen, dass es sich bei der Verwendung von Make-Up um einen Balanceakt handelt, bei dem man versucht gesellschaftlichen Erwartungen und Verantwortungen gerecht zu werden und sich dabei treu bleibt und versucht selbst zu verwirklichen.

Bei Interesse bitte Mischa Gallati (gallati@isek.uzh.ch) kontaktieren.

Auf der Spur gesellschaftlicher Triggerpunkte und medialer Polarisierung

Eine Analyse des medialen Diskurses zur Einführung von Menstruationsurlaub in der Schweiz

Die Arbeit untersucht den aktuellen medialen Diskurs über die Einführung eines Menstruationsurlaubes in der Schweiz. In der Debatte über die Einführung von bezahlten freien Tagen für menstruierende Personen, die unter starken Schmerzen leiden, lässt sich eine klare Polarisierung zwischen Befürwortern und Skeptikern beobachten. Kritiker*innen wollen keinen Menstruationsurlaub und sehen darin einen Rückschritt für die Gleichberechtigung zwischen Frauen* und Männern*. Demgegenüber stehen die Verfechter*innen, welche die Einführung eines Menstruationsurlaubes für nötig halten, damit gegen die anhaltende Tabuisierung der Periode am Arbeitsplatz vorgegangen werden kann und Menstruierende, die unter enormen Schmerzen leiden, zu entlasten.

Ziel dieser Arbeit ist es, die gesellschaftlichen Triggerpunkte in medialen News-Beiträgen zu identifizieren und ihre Auswirkungen zu veranschaulichen. Dazu wird das theoretische Konzept der Triggerpunkte von Steffen Mau, Thomas Lux und Linus Westhauser detailliert dargestellt. Die drei Forschenden haben sich mit dem Narrativ einer gespaltenen Gesellschaft auseinandergesetzt und stellten fest, dass es gewisse Punkte gibt, die die Atmosphäre einer einvernehmlichen Diskussion auf einen Schlag verändern.

Die Arbeit beleuchtet zudem die Stigmatisierung der Menstruation, die bis heute anhaltet. Betroffene schämen sich in der Öffentlichkeit, ihre Periodenprodukte sichtbar zu tragen oder im Arbeitsumfeld über das Thema zu sprechen. Des Weiteren wird der Menstruationsurlaub hinsichtlich seiner Begrifflichkeit und der Repräsentation der Stimmen innerhalb dieses Diskurses analysiert. Das Wort «Urlaub» vermittelt ein irreführendes Bild. Ausdrücke, wie Menstruationsdispensation und Menstruationsabwesenheit eignen sich daher besser, um für das Anliegen zu sensibilisieren. Die Politisierung des medialen Diskurses über die Einführung eines Menstruationsurlaubes wird durch die starke politische Stimmenrepräsentation sichtbar. Keine Gruppe dominiert die Diskussion so intensiv, wie die Politiker*innen.

Die Erkenntnisse der Forschung zeigen, dass sich die Triggerpunkte nicht ausschliesslich über visuelle Aspekte festhalten lassen, sondern sich in den verschiedenen Argumentationen äussern. Es wurden drei Punkte festgestellt, die den Diskurs dominieren und gleich mehrere Triggertypen ausgelöst haben. Die Themenfelder wie die Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsplatz, die bedrohte Selbstbestimmung und die Frage, ob die Menstruation als Krankheit betrachtet werden sollte, bildeten die Hintergründe der Auslöser.

Zeitlichkeitsnarrative präventiv vasektomierter Männer, die sich für einen kinderfreien Lebensentwurf entschieden haben.

In meiner Bachelorarbeit untersuchte ich soziale und subjektive Aspekte der Zeit im Kontext präventiver Vasektomien und kinderfreier Lebensentwürfe.

Zeitdiagnostischer Hintergrund und Inspiration für meine Fragestellung

In zunehmend funktional differenzierten Gesellschaften1 entsteht vor der fortschreitenden Pluralisierung der Lebensentwürfe, Beziehungsformen und Familienkonstellationen, ein gesellschaftliches Spannungsverhältnis2. Der Soziologe Armin Nassehi spricht daher von der Entstehung unterschiedlich nebeneinander existierender Zeitregime.3
In diesem Spannungsfeld existieren traditionelle Familienwerte und das Vater-Mutter-Kind(er)-Leitbild zur gleichen Zeit wie sinkende Geburtsraten und kinderfreie Lebensentwürfe, was gegenwärtig zu verschiedenen öffentlichen Diskussionen über die Kinderfrage – ob, wann und wie viele Kinder man haben möchte – führt. So berichteten in den letzten Jahren auch verschiedene Zeitungen über zunehmende Zahlen von Männern, die eine Vasektomie durchführen lassen (Abb. 1 und 2). Obschon die Zunahme statistisch nicht belegt ist, scheint die mediale Öffentlichkeit der Verhütungsmethode trotzdem Aufmerksamkeit zu schenken, auch im Kontext der Diskussion um die männliche Verantwortung für Verhütung.

Methodisches Vorgehen und Fragestellung

Vor diesem gesellschaftlichen Hintergrund wollte ich mich vertieft mit der Verhütungsmethode der Vasektomie auseinandersetzen. Ich wählte für mein Vorhaben einen subjektorientierten Ansatz. Durch halbstrukturierte Leitfaden Interviews mit drei Männern im Alter von 34 bis 43 Jahren aus verschiedenen Schweizer Städten sollte untersucht werden, wie individuelle Zeitwahrnehmungen neben zeitlichen Normen erlebt sowie Zukünfte imaginiert und geplant werden, bei Männern, die sich für einen kinderfreien Lebensentwurf entschieden und sich präventiv vasektomieren lassen haben. Dadurch sollten auch männliche Perspektiven auf die Themen Verhütung und Reproduktion beleuchtet werden, denen in der sozialwissenschaftlichen Forschung bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde.

Zur thematischen Kontextualisierung meiner Analyse legte ich verschiedene Aspekte bisheriger sozialwissenschaftlicher Forschungen zu Vasektomien und kinderfreien Lebensentwürfen dar. Zudem stellte ich einige geisteswissenschaftliche Auseinandersetzungen mit Zeit und Zeitlichkeit vor, die die theoretische Grundlage meiner Analyse darstellten.

Wichtigste Erkenntnisse

Die Analyse der Interviews offenbarte verschiedene Aspekte des Zeitlichen, die in den Vorstellungen und Erzählungen meiner Gesprächspartner über ihre präventive Vasektomie und ihren kinderfreien Lebensentwurf präsent wurden; Die Vasektomie wurde einerseits als progressive, zeitgemässe Praxis verhandelt, wobei männliche Verantwortung für Verhütung und weitere Ideale neuer Männlichkeit entscheidend waren. Die Vasektomie wurde zudem in die Erzählung als Folge einer zeitlich linear biografischen Entwicklung eingebettet.


Themen der Synchronität und Asynchronität wurden zudem präsent, im Kontext divergierender Lebensläufe des sozialen Umfelds. Hierbei schien die Unvereinbarkeit einer Familienzeit4, mit der Zeit kinderfreier Lebensentwürfe, die ich als eigene Zeit konzeptualisiert habe, häufig besprochen zu werden.

Obschon meine Gesprächspartner allgemein von wenigen negativen Reaktionen auf die Entscheidung einer präventiven Vasektomie und eines kinderfreien Lebensentwurf berichteten, was sie selbst auch auf ihr progressives Umfeld zurückführten, zeigten sich verschiedene Sanktionierungsformen, aufgrund der zeitlichen Normverletzung5 der Männer. Diese waren häufig impliziterer Natur und hatten die Gemeinsamkeit, den Lebensentwurf und die Körperpraxis der präventiven Vasektomie als anders zu markieren. Die Männer schienen sich zudem verschiedener Vorurteile bewusst, die in Bezug auf kinderfreie Lebensentwürfe und Zukünfte bestehen, wie Reue und Einsamkeit, und banden diese in ihre Erzählungen mit ein.


Der Autonomieverlust über die eigene Zeit und auch über finanzielle Mittel wurde als Aspekt der Familienzeit und einer damit verbundenen Zukunft imaginiert und für den eigenen Zukunftsentwurf abgelehnt. Während einerseits individualisierte Zukunftsvorstellungen präsent waren, wurde andererseits familienübergreifende Kinderbetreuung in die Zukunftsvorstellungen der Männer inkludiert, die beispielsweise alle von Göttichindern (Patenkinder) berichteten.
Auch zukünftige ökologische Krisenszenarien waren in imaginativen Zukünften präsent und als wurden als moralische Gründe gegen eigene Kinder verhandelt.


Zuletzt erachte ich die Erkenntnis wichtig, dass die Vasektomie in den Narrativen der Männer als förderlich für die Erwartungssicherheit und das Gefühl des Kontrollerhalts besprochen wurde. Ich stellte daher die These auf, dass die Vasektomie das subjektives Sicherheitsgefühl steigere. Dies kann auch vor dem Hintergrund einer zunehmenden Offenheit der Zukunft moderner Gesellschaften gedeutet werden.

Quellenverzeichnis

  1. Vgl. Nassehi, Armin: Die Zeit der Gesellschaft. Auf dem Weg zu einer soziologischen Theorie der Zeit. Neuauflage mit einem Beitrag „Gegenwarten“. 2. Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2008.
    ↩︎
  2. Vgl. Beck-Gernsheim, Elisabeth: Was kommt nach der Familie? Einblicke in neue Lebensformen. München: 1998, S. 21. ↩︎
  3. Vgl. Nassehi, Armin: Die Zeit der Gesellschaft. Auf dem Weg zu einer soziologischen Theorie der Zeit. Neuauflage mit einem Beitrag „Gegenwarten“. 2. Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2008, 1. ↩︎
  4. Halberstam benennt eine bestimmte Art der Zeitlichkeit als Familienzeit. Diese bezieht sich auf eine normative Alltagsplanung, die in Einklang mit der Kindererziehung steht und wird von einer Reihe an Vorstellung beherrscht, was kindliche Bedürfnisse sind und was für Kinder gesund ist. (Vgl. Halberstam, J. Jack: In a Queer Time and Place. Transgender Bodies, Subcultural Lives. New York, London: New York University Press, 2005.) ↩︎
  5. Ich spreche an dieser Stelle von zeitlicher Normverletzung, da ich in meiner Arbeit aufzeigte, wie kinderfreie Lebensentwürfe gesellschaftlich als nicht normativ begriffen werden und bestimmte soziale Sanktionierungsformen erfahren. ↩︎

Comparing the Portrayal of Female Characters in Peter Pan (1911) and the Contemporary Retelling Always Neverland (2011) in Relation to the Definition of a Classic in Children’s Literature

Bachelorarbeit von Gioia Senese

My paper was inspired by the ongoing debate over editing children’s literary classics and the importance of literature for children’s cultural understanding. Therefore, the portrayals of female characters in the classic children’s book Peter Pan (1911) and its contemporary rewriting Always Neverland (2011) were analysed with the aim to highlight their differences and relate these to real societal changes affecting gender norms. Embedded within the research area of Literary and Cultural Studies, this investigation consisted of a feminist close reading employing theories from Gender Studies.

The analysis revealed that the compliant Wendy assumes the mother role and remains a passive bystander of the boys’ adventures due to her internalised gender norms. In contrast, the rebellious Ashley embodies the contemporary position of girls and women in a patriarchal society, challenging traditional views on gender. Ashley crosses social boundaries and is eventually accepted into society, alluding to societal changes that have occurred in the century between the publications. This shift resulted in the increased agency and autonomy of female literary characters, whose portrayals, in turn, encourage children to embrace their individuality.

Cover of the reissued publication from 2015
Cover of the first edition from 2011

Manifestations of traditional gender norms in Neverland’s society can be found in the Lost Boys‘ assumptions about women’s role in society:

„First things first,“ I said. „To be a mother, I need some paper.“
„Paper?“ Prank repeated, confused.
„Not the apron?“ Dibs said. „You mean the apron, right?“
„Dibs, get your mother paper!“ Peter ordered.

Barton 2011, 60.

Ashley, however, grew up in contemporary society where girls and women have freedom of self-expression beyond motherhood. She, therefore, defies the sexist treatment from Peter and the Lost Boys:

„Don’t worry, Wendy girl. You don’t need to do anything,“ Peter said, suddenly very superior and smug. He swung his sword magnificently. „We’ll protext you.“
I glared at him. If he was going to fight, I wasn’t going to hide in the tree […]

Barton 2011, 94.

Kontakt: gioia@senese.ch

Erzähl mir von deiner Lieblingsfigur – Ein Blick auf die mediale Geschlechterdarstellung in digitalen Kindermedien

Die vorliegende Bachelorarbeit thematisiert die Geschlechterdarstellung in den Kindermedien Film und Serie. Im Zentrum der Arbeit stehen die Rezipient*innen, deren persönliche Lieblingsfiguren sowie Meinungen zu den Geschlechterdarstellungen. Es war ein grosses Anliegen, den Kindern eine Stimme zu geben und einen Blick auf die Thematik aus ihrer Sicht zu werfen. Es sollte dabei herausgefunden werden, welche Phänomene der Geschlechterdarstellung beobachtet werden können und wie die Kinder diese wahrnehmen. Hierbei wurde zunächst an den Begriff der „Kinderkultur“ herangeführt. 

Die Literatur rund um den Zusammenhang und das Zusammenspiel von Kindern und Kultur zeigte, dass in diesem Kontext insbesondere zwei Deutungen diskutiert werden: die Kultur für Kinder und die Kultur von Kindern. Bei den Filmen und Serien handelt es sich deshalb um eine Kultur für die Kinder, welche durch die Erwachsenen produziert wird. Die Wahrnehmung des Film- und Serieninhalts steht dabei für die Kultur von den Kindern.

Spiderman entstanden im Rahmen der Forschung.

Für die qualitative Forschung wurden exemplarische Leitfadeninterviews mit Primarschüler*innen durchgeführt und thematische Zeichnungsaufträge umgesetzt. Dabei spielten die Lieblingsfilme/-serien sowie die Lieblingsfiguren der Kinder eine zentrale Rolle. Die daraus gewonnenen Ergebnisse wurden den Inhalten des bereits bestehenden Forschungsstandes gegenübergestellt.  

Die Bachelorarbeit hat gezeigt, dass weiterhin in vielen Fällen der Kindermedien Film/Serie ein Ungleichgewicht zwischen den vertretenen Geschlechtern zu beobachten ist. In einigen der Filme/Serien wird zwar versucht, die stereotypischen Darstellungen der männlichen und weiblichen Figuren aufzubrechen, jedoch gelingt dies nicht bei allen Versuchen.  

Die Analyse der qualitativen Forschung ergab, dass während sich die Schüler ausnahmslos für männliche oder anthropomorphe Figuren entschieden, einige der Schülerinnen neben den weiblichen und anthropomorphen Figuren auch männliche wählten. Neben diesem Unterschied gab es bei den Charakteristika der gewählten Figuren Gemeinsamkeiten zu verzeichnen, welche für die Kinder besonders wichtig waren. Dazu zählte der Humor der Figuren und das Darstellen einer «guten Figur». Überraschenderweise spielte die Stärke für die Schüler nicht dieselbe Rolle, wie in bereits bestehenden Forschungen des Forschungsbereichs.  

Alle befragten Schüler*innen, bis auf eine Ausnahme, konnten keine signifikanten Unterschiede in der Darstellung und dem Verhältnis der Geschlechter der Figuren wahrnehmen. So blieben auch Äusserungen zu einem Ungleichgewicht der Figuren, deren Eigenschaften oder Äusserlichkeiten weitgehend aus. 

Daisy Johnson (S.H.I.E.L.D.) entstanden im Rahmen der Forschung.

Lebenslinien in Text und Objekt

Eine empirisch-wissenschaftliche Untersuchung am Beispiel eines Zürcher Tagebuchs und Flohmarktfundes

Bachelorarbeit von Monika Mueller

Die vorliegende Arbeit bietet eine eingehende Analyse der handschriftlichen Tagebuchaufzeichnungen von Armando Antenen für den Zeitraum vom 9. September 1945 bis zum 1. Februar 1952.

Besondere Aufmerksamkeit wird der Einordnung des Tagebuchs als Gattung geschenkt, wobei Dusini, Klein, Ortheil, Lejeune und Li Gerhalter herangezogen werden, um den Ursprung als auch Zeitpunkt der Anerkennung von Tagebüchern als literarische Quellen und ihr Auftreten als literarisches Motiv in der Neuzeit zu verstehen. Darüber hinaus wird das Tagebucharchiv Emmendingen evaluiert, um zu klären, ob das Schreiben eines Tagebuchs feminin oder maskulin konnotiert ist.

Der bemerkenswerte Flohmarktfund wird vollständig transkribiert und mittels verschiedener Analysenmethoden wie Kodierung, Kategorisierung, hermeneutischer Interpretation und Kontextualisierung vielschichtig untersucht.

[…] Nun hat sie mir schweren Herzens mitgeteilt, dass es für uns beide besser sei unsere Beziehung zu enden. „Sie wisse nun ganz sicher, dass ich sie aufrichtig liebe. Sie habe es aus meinen Augen gelesen und an meinem Benehmen, die letzten beiden Male im Kno gemerkt. Sie sei jedoch erst 19 und noch nicht im Alter um zu heiraten“ […] 

Des Weiteren wird untersucht, wie schriftliche Aufzeichnungen durch digitale Quellen wie die Adressbücher der Stadt Zürich ergänzt werden können und wo die Grenzen sowohl analoger als auch digitaler Quellen liegen.

Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Charakterisierung des Tagebuchs, das vermutend von Armando Antenen, Buchbinder von Beruf, selbst gebunden ist. Um die These der Herkunft und Gestaltung des Tagebuchs zu untersuchen, wird ein Experte hinzugezogen.

Gewohnheiten der Tagebucheinträge werden betrachtet und durch statistische Auswertungen zur Regelmässigkeit analysiert.

[…] Um halb 4 Uhr kam plötzlich ein Taxi mit dem General Henri Guisan. Das gab einen Heidenlärm, als er sich kurze Zeit darauf auf einem Balkon zeigte im 2. Stock […] 

Der Analyse unterzogen werden Armandos Wünsche, kulturelle und politische Interessen, intime Geständnisse, sein Liebesleben, seine Wohn- und Arbeitswelten sowie Lebensumbrüche und wie sich das abrupte Ende der Tagebucheinträge erklären lässt.

[…] 12:20 fuhr Churchill in einem offenen Wagen an uns vorbei. Eine gewaltige Menschenmasse jubelte diesem ppulàren Staatsmanne zu. Ich bin froh, dass ich das Glück hatte ihn einmal persönlich zu sehen. Im zweiten Auto folgte seine Tochter Mary und seine Frau. […]

Spurensuche

Ein besonderer Fokus liegt auf dem Auffinden von Armando Antenen und/oder seiner Familie, um weitere Aspekte seines Lebens und seiner Umgebung zu beleuchten.

[…] ich liebe Dich ja so sehr von ganzem Herzen. Du; ich bin ja so glücklich seit ich Dich kenne und lieben lernte. Du darfst mich nie mehr verlassen, gell. Ich kann ohne Dich nicht mehr sein […] 

Diese Arbeit liefert nicht nur tiefgreifende Einblicke in das Leben des Tagebuchschreibers, sondern auch wichtige Erkenntnisse über die Gesellschaft und individuelle Erfahrungen während einer bedeutenden historischen Zeit. Die Arbeit zeigt die Wichtigkeit auf, das aus analogen und digitalen Datenträgern gewonnene Verständnis durch den Einsatz von oral history zu ergänzen, um damit ein umfassenderes Bild zu zeichnen.

monika.mueller4@uzh.ch // mueller.moni@bluewin.ch // https://www.instagram.com/just.gromi/